Was bedeutet Grad der Behinderung (GdB) und wie wird der GdB berechnet?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 25. Dezember 2023

Behindertenausweis (© Björn Wylezich / fotolia.com)
Behindertenausweis (© Björn Wylezich / fotolia.com)
Die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) ist in § 69 SGB IX gesetzlich normiert. Hiernach werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung (GdB) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung wird dann getroffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt. Es ist grundsätzlich ohne Belang, ob der gesundheitliche Schaden bereits angeboren, Folge eines Unfalls oder einer Krankheit ist. Diverse alterstypische Beeinträchtigungen hingegen finden keine Berücksichtigung.

Der Grad der Behinderung (GdB) hat die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen auf alle Lebensbereiche und nicht bloß die Einschränkungen im Erwerbsleben zum Inhalt. Dieser dient somit als ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens.

Bei der Entscheidung über einen konkreten Grad der Behinderung (GdB) findet insofern nicht bloß eine diagnostizierte Krankheit Berücksichtigung, sondern es kommt auch darauf an, inwieweit eine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt, die Auswirkungen für die betreffende Person auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hat.

Gesundheitsstörungen und tatsächliche Einschränkungen detailliert darlegen

Daher ist es dem Antragsteller anzuraten, seine Funktionsbeeinträchtigungen nicht lediglich auf die ärztliche Diagnose der Krankheit zu stützen; vielmehr sollten auch die Gesundheitsstörungen und tatsächlichen Einschränkungen genau beschrieben und detailliert dargelegt werden. Aus dieser Beschreibung sollte sich ergeben, welche Körperregionen betroffen sind, wie stark die potentiellen Schmerzen sind und welche Beeinträchtigungen im täglichen Leben hieraus resultieren.

Im Rahmen der Einschätzung des Grad der Behinderung (GdB) ist somit sichergestellt, dass die umfassend und detailliert geschilderten Darstellungen der Gesundheitsstörungen eine angemessene Berücksichtigung finden. Somit ist die tatsächliche Leistungseinschränkung durch die Erkrankung bzw. Behinderung maßgeblich. Als schwerbehindert gelten Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde.

Versorgungsmedizinische Grundsätze als Maßstab für die Feststellung der Behinderung

Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung, des Grades der Behinderung und der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises nach den sog. „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ (Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008).

In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind einzelne GdBs für nahezu alle denkbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und und deren genaue Ausprägung bzw. Schwere festgelegt.

Fachanwalt.de-Tipp: Der Grad der Behinderung setzt eine Gesundheitsstörung voraus, die sich über mindestens sechs Monate erstreckt und dauerhaft ist. Um den Grad der Behinderung bestimmen zu können, werden zunächst einzelne Körperfunktionen untersucht und deren konkrete Beeinträchtigung festgestellt.

In diesem Zusammenhang wird für jede beeinträchtigte Körperfunktion ein Einzel-GdB nach Zehnerwerten im Bereich von 10 bis 100 bestimmt. Danach wird ein Gesamt-GdB gebildet.

SGB IX kennt nur den Gesamtzustand der Behinderung

Das SGB IX kennt nur diesen Gesamtzustand der Behinderung und nicht mehrere, nebeneinander bestehende Behinderungen.

Im Einzelnen werden folgende Körperfunktionen getrennt voneinander überprüft und beurteilt:

  • Gehirn einschließlich Psyche
  • Ohren
  • Atmung
  • Augen
  • Herz-Kreislauf
  • Verdauung
  • Harnorgane
  • Haut
  • Geschlechtsapparat
  • Blut
  • Immunsystem
  • Stoffwechsel
  • Arme
  • Beine
  • Rumpf

Gesamt-GdB ist ausgehend von der stärksten Beeinträchtigung zu entwickeln

Aufgrund der Überschneidungen der Auswirkungen sind in der Regel die Einzelgrade der einzelnen Beeinträchtigungen aber nicht zu addieren. Dies gilt auch dann, falls die Beeinträchtigungen beziehungslos nebeneinander stehen. Der Gesamt-GdB ist ausgehend von der stärksten Beeinträchtigung mit Blick auf die weiteren Beeinträchtigungen zu entwickeln. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Auswirkungen einzelner Beeinträchtigungen einander verstärken, sich überschneiden oder auch gänzlich voneinander unabhängig sein können.

FAQ zum Grad der Behinderung (GdB)

Was bedeutet "Grad der Behinderung" im rechtlichen Sinne?

Der Grad der Behinderung (GdB) ist ein Maß für die körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigung einer Person im Vergleich zu einem gesundheitlich nicht beeinträchtigten Menschen gleichen Alters. Er wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 angegeben, wobei ein höherer GdB einen höheren Grad der Behinderung bedeutet.

Rechtlich ist der GdB im deutschen Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt. Hier ist insbesondere das SGB IX zu nennen, das das Recht der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen umfasst. In § 152 SGB IX wird der GdB definiert.

  • § 152 SGB IX (1): Der Grad der Behinderung wird nach Zehnergraden abgestuft festgestellt.
  • § 152 SGB IX (2): Zur Feststellung des Grades der Behinderung und der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu berücksichtigen.

Beispiel: Wenn eine Person beispielsweise durch eine dauerhafte Einschränkung der Gehfähigkeit eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Mobilität erfährt, kann dies zu einem hohen GdB führen.

Wie wird der Grad der Behinderung ermittelt und wer stellt ihn fest?

Die Ermittlung und Feststellung des GdB ist eine administrative Aufgabe, die in Deutschland von den Versorgungsämtern durchgeführt wird. Diese stützen sich dabei auf medizinische Gutachten und Berichte, die den Gesundheitszustand und die Beeinträchtigungen des Antragstellers dokumentieren.

Die Grundlage für die Bewertung bildet die "Versorgungsmedizinische Verordnung" (VersMedV). Sie enthält die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze", welche Richtwerte und Kriterien für die Bestimmung des GdB bieten. Relevant ist hier § 2 VersMedV.

  • § 2 VersMedV: Der Grad der Behinderung ist nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit, also nach ihrem Gesamtumfang, unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen zu bemessen.

Welche Rechte und Ansprüche sind mit einem bestimmten Grad der Behinderung verbunden?

Mit einem bestimmten GdB sind verschiedene Rechte und Ansprüche verbunden. Hierzu zählen beispielsweise steuerliche Nachteilsausgleiche, verbesserte Kündigungsschutzregelungen, zusätzlicher Urlaubsanspruch oder die Inanspruchnahme von bestimmten Parkprivilegien. Diese Rechte und Ansprüche sind im SGB IX sowie in verschiedenen anderen Gesetzen geregelt.

  • § 165 SGB IX: Menschen mit einer Behinderung, deren Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt, haben einen besonderen Kündigungsschutz.
  • § 208 SGB IX: Menschen mit einem GdB von mindestens 50 haben Anspruch auf einen zusätzlichen Urlaubstag pro Jahr.
  • § 46 Einkommensteuergesetz (EStG): Hier sind die steuerlichen Vorteile geregelt, die Menschen mit Behinderungen zustehen können. Je nach Grad der Behinderung variieren diese.

Zum Beispiel: Eine Person mit einem GdB von 80 kann einen Steuerfreibetrag von 1.420 Euro in Anspruch nehmen.

Wie kann man gegen die Feststellung des Grades der Behinderung vorgehen, wenn man mit der Entscheidung nicht einverstanden ist?

Wenn man mit der Entscheidung des Versorgungsamts über den GdB nicht einverstanden ist, besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Dies muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids geschehen. Die entsprechenden Vorschriften finden sich in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

  • § 70 VwGO: Die Frist für die Einlegung des Widerspruchs beträgt einen Monat.
  • § 71 VwGO: Der Widerspruch ist bei der Behörde einzulegen, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat.

Beispiel: Wenn eine Person der Meinung ist, dass ihr GdB zu niedrig angesetzt wurde, kann sie Widerspruch gegen den Bescheid einlegen und eine Überprüfung verlangen.

Welche Rolle spielt der Grad der Behinderung bei der Beantragung einer Erwerbsminderungsrente?

Der GdB spielt eine wichtige Rolle bei der Beantragung einer Erwerbsminderungsrente. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur der GdB, sondern auch die verbliebene Leistungsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt ausschlaggebend ist. Hierbei spielt der § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) eine Rolle.

  • § 43 SGB VI (1): Erwerbsminderung liegt vor, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge Krankheit oder Behinderung auf weniger als sechs Stunden gesunken ist.
  • § 43 SGB VI (2): Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Beispiel: Eine Person mit einem GdB von 70 und einer verbliebenen Leistungsfähigkeit von weniger als drei Stunden täglich wäre nach diesen Bestimmungen als voll erwerbsgemindert einzustufen und könnte eine Erwerbsminderungsrente beantragen.


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