Studienfinanzierung bei Schwerbehinderung - Bafög, Sozialleistungen, Mehrbedarf, Kredite und Darlehen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 14. Februar 2024

Geldscheine (© Gina Sanders / fotolia.com)
Geldscheine (© Gina Sanders / fotolia.com)
Neben den üblichen Fragen zur Studienfinanzierung haben Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten sehr häufig noch zusätzliche Finanzierungsfragen zu klären. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Studierende aufgrund ihrer Beeinträchtigung

  • regelmäßig zusätzliche hohe Kosten haben
  • eine längere Studiendauer benötigen
  • nicht jobben können
  • für eine längere Zeit das Studium unterbrechen müssen
  • das Studium später aufnehmen
  • keine Möglichkeit haben, finanzielle Rücklagen zu bilden

Wie lassen sich also die Kosten für das Studium und den Lebensunterhalt bei beeinträchtigten Studierenden aufgrund Behinderungen und chronischen Krankheiten decken? Eine Studienfinanzierung aus einer Hand gibt es dabei grundsätzlich nicht. Die Finanzierung des üblichen Lebensunterhaltes und des behinderungsbedingten Mehrbedarfes wird dabei von verschiedenen Kostenträgern übernommen, wobei die entsprechende Zuständigkeit für die Finanzierung nicht immer einfach zu klären ist. Als beteiligte Kostenträger kommen dabei die BAföG-Ämter, die örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger, die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende und die Kranken- und Pflegekassen in Betracht. Zudem kann eine Zahlungsverpflichtung in vereinzelten Fällen u.a. durch Berufsgenossenschaften und Versorgungsämter in Betracht kommen.

Grundsätzlich sind jedoch die üblichen Ausbildungs- und Lebensunterhaltskosten zuerst durch das Vermögen und die Einnahmen der Studierenden oder derer unterhaltspflichtigen Angehörigen zu decken. Sofern diese finanziellen Mittel nicht ausreichend sind, besteht die Möglichkeit, BAföG zu beantragen. Als alternative Finanzierungsmöglichkeiten können zudem noch Stipendien oder Kredite dienen. Eine gewährte Finanzierung durch das BAföG kann nur die üblichen Unterhaltskosten decken.

Etwaige Mehrkosten, die durch immer wiederkehrend benötigte Hygieneartikel oder Therapien anfallen können und von den Krankenkassen nicht übernommen werden, sind vom BAföG ebenfalls nicht gedeckt.

Fachanwalt.de-Tipp: Ein solcher Mehrbedarf kann beim Jobcenter nach SGB II beantragt werden. Nach SGB XII können beim zuständigen Sozialhilfeträger als Eingliederungshilfeleistung für behinderte Menschen z.B. Hilfsmittel, Studienassistenzen oder Gebärdensprachdolmetscher als Leistung beantragt werden.

Sofern beeinträchtigte Studierende auf Unterstützung bei der Pflege angewiesen sein sollten, erhalten sie die entsprechenden Leistungen der Pflegeversicherung. Zudem besteht immer noch zusätzlich die Möglichkeit bei beeinträchtigten Studierenden, sich ganz oder teilweise von verschiedenen Gebühren oder Beiträgen befreien zu lassen. Es sollte jedoch grundsätzlich eine individuelle rechtliche Beratung vor Ort stattfinden, die von den BAföG-Ämtern oder den Studienfinanzierungsberatungsstellen der Studentenwerke übernommen werden kann.

BAföG für Studierende mit Beeinträchtigungen

BAföG ( © MH / fotolia.com)
BAföG ( © MH / fotolia.com)
Auch für Studierende mit einer Beeinträchtigung, die nicht über genügend finanzielle Eigenmittel verfügen, steht BAföG zur Finanzierung des Studiums und Lebensunterhaltes an erster Stelle. Eine ausführliche Information über die allgemeinen Bedingungen ist insofern sehr wichtig. Beim BAföG gibt es etliche Sonderregelungen für behinderte und chronisch kranke Studierende. Zu deren Berechnung wird ein erhöhter Einkommensfreibetrag zu Grunde gelegt. Der Bezug von BAföG über die Regelstudienzeit hinaus ist möglich.

Verlängerte Förderungsdauer

Normaler Weise findet zum Ende des 4. Fachsemesters eine Leistungsüberprüfung durch das Amt für Ausbildungsförderung statt. Bei behinderten oder chronisch kranken Studierenden ist es möglich, dass diese Überprüfung zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt wird. Auch eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer ist in diesem Zusammenhang möglich. In diesen beiden Fällen muss der Nachweis erbracht werden, dass die Behinderung zu einer Verlängerung der Studienzeit geführt hat. Zudem muss eine Bestätigung des BaföG-Beauftragten der Fakultät vorgelegt werden, aus der sich ergibt, dass das Studienziel innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes erreichbar ist. Zur Begründung können neben gesundheitlichen Aspekten auch bauliche Hindernisse der Universität oder fehlende Hilfsmittel angeführt werden. Sofern das BAföG aufgrund einer Behinderung über die Förderungsdauer hinaus gezahlt wird, ist es zu 100 % Zuschuss, der nicht zurück gezahlt werden muss. Falls eine verlängerte Förderung aufgrund einer Krankheit gezahlt wird, erfolgt die Gewährung zu 50 % als Zuschuss und zu 50 % als zinsloses Darlehen.

Fachanwalt.de-Tipp: Bei einer chronischen Krankheit, durch die eine Beeinträchtigung in der Leistungsfähigkeit vorliegt, sollte beim zuständigen Amt geltend gemacht werden, dass es sich um eine Behinderung im Sinne des BAföG handelt.

Studierunfähigkeit wegen einer Krankheit

Sofern eine vollständige Studierunfähigkeit wegen einer Krankheit vorliegt, entfällt nach Ablauf des 3. Monats der BAföG-Anspruch, bis das Studium wieder aufgenommen wird. Für Krankheitsphasen, die länger als drei Monate dauern, gibt es kein BAföG. Demnach fordert das BAföG-Amt über drei Monate hinaus gezahltes BAföG zurück. Insofern sollten beim Immatrikulationsamt Urlaubssemester beantragt werden, sofern absehbar wird, dass der behinderte oder chronisch kranke Studierende länger als drei Monate krank sein wird. Mit dem Nachweis kann dann ggf. Sozialhilfe bzw. Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II beantragt werden.

Altersgrenze

Sofern der behinderte oder chronisch kranke Mensch bei Beginn der Ausbildung älter als 30 Jahre alt ist, gibt es kein BAföG mehr. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass das Studium wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht rechtzeitig aufgenommen werden konnte.

Sozialleistungen für beeinträchtigte Studierende zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes

Grundsätzlich ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) und Sozialhilfe zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes für Studierende ausgeschlossen. Für Studierende mit Beeinträchtigungen sind jedoch Ausnahmen möglich. Bei einer krankheitsbedingten Studienunterbrechung oder z.B. in einer Härtefallsituation ist aber eine Ausnahme möglich, weshalb dann der Leistungserhalt nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) erfolgen kann. Diese Leistungen werden ausschließlich auf Darlehensbasis erbracht.

Sofern der Studierende bei den Eltern wohnt, kann ein Anspruch auf aufstockendes ALG II gegeben sein. Für den Fall, dass Studierende aufgrund von Behinderung oder schwerer Krankheit länger als sechs Monate weniger als drei Stunden am Tag unter üblichen Bedingungen arbeiten können, werden diese als „nicht erwerbsfähig“ eingestuft.

Sodann gelten die Regelungen des SGB XII, wonach Leistungen zum laufenden Lebensunterhalt bezogen werden können.

Fachanwalt.de-Tipp: Unter bestimmten Umständen kann Studierenden mit Behinderung auch ein Anspruch auf Kindergeld über das 25. Lebensjahr hinaus zustehen.

Mehrbedarf beeinträchtigter Studierender

Im BAföG werden Zusatzkosten für Mehrbedarfe beeinträchtigter Studierender nicht berücksichtigt. Sofern eine Hilfsbedürftigkeit nachgewiesen werden kann, können Studierende dafür ergänzende Sozialleistungen erhalten. In diesem Zusammenhang wird bei der Finanzierung zwischen „ausbildungsgeprägten“ und „nicht-ausbildungsgeprägten“ Mehrbedarfen unterschieden. Dabei wird von verschiedenen Kostenträgern die Finanzierung der Mehrbedarfe übernommen. Die ausbildungsgeprägten Mehrbedarfe stehen dabei in engem Zusammenhang mit den Lern- und Lehrsituationen des Studiums, da Studierende z.B. technische Hilfen benötigen. Die nichtausbildungsgeprägten Mehrbedarfe sind dem allgemeinen Lebensunterhalt zugeordnet und umfassen zusätzliche Aufwendungen für Ernährung, Hygiene, Wohnen und gesundheitliche Vorsorge. Die Kosten für die ausbildungsgeprägten Mehrbedarfe können nach SGB XII im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen werden. Die Kosten für die nicht-ausbildungsgeprägten Mehrbedarfe können nach SGB II im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende übernommen werden. Zudem werden einige Hilfen als medizinische Hilfsmittel von der Krankenkasse finanziert.

Stipendienvergabe für Studierende mit Beeinträchtigungen

Wegweiser mit Stipendium (© stockWERK / fotolia.com)
Wegweiser mit Stipendium (© stockWERK / fotolia.com)
Zwar sind Studienförderungen, die speziell für beeinträchtigte Studierende vergeben werden die Ausnahme, jedoch berücksichtigen die Begabtenförderungswerke der Parteien, Kirchen und Gewerkschaften beeinträchtigungsbedingte Belange bei der Stipendienvergabe. Die Stipendien müssen frühzeitig beantragt werden, da über die Vergabe meistens an wenigen festen Terminen im Jahr entschieden wird. Zu den Stipendiengebern zählen neben den Stiftungen von Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Wirtschaftsunternehmen viele kleinere Stiftungen, die besondere Personengruppen fördern oder Sonderbedarfe decken.

Fachanwalt.de-Tipp: Oftmals werden auch überdurchschnittliche fachliche Leistungen und ein besonderes soziales oder gesellschaftliches Engagement belohnt.

Die Voraussetzungen für Stipendien der Begabtenförderungswerke, das Aufstiegsstipendium und das Deutschlandstipendium gelten auch für beeinträchtigte Studierende. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) stellt für seine Programmlinien Sonderfördermittel für behinderte Studierende bereit.

Kredite und Darlehen privater Banken für Studierende mit Beeinträchtigungen

Sofern sich das Studium beeinträchtigungsbedingt verlängert, das Geld nicht reicht und einer Nebentätigkeit nicht nachgegangen werden kann, ist oftmals ein Kredit die letzte Möglichkeit. Dabei sollten sich die Studierenden mit Fragen zu Krediten und Darlehen an die Sozialberatungsstellen der örtlichen Studentenwerke wenden. Eine qualifizierte Beratung ist wichtig, um andere Möglichkeiten zu diskutieren und die Risiken einer Verschuldung in dieser Lebenslage realistisch einschätzen zu können. Die Aufnahme eines Studienkredits bei einer Bank oder Sparkasse sollte sehr gut überlegt werden, da es schnell auch zu einer Überschuldung nach dem Studium kommen kann, wenn es an die Rückzahlung des Darlehens geht.

Sofern dann ggf. eine Stundung und Verminderung der Raten auch bei einem nachweislich geringen Einkommen und Vermögen nicht erreicht werden kann, droht im schlimmsten Fall die Privatinsolvenz. Gerade für Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten können sich Probleme ergeben, wenn sich der Berufseinstieg behinderungsbedingt erschwert.

Bildungskredit der Bundesregierung für den Studienabschluss

Taschenrechner mit Geldscheinen (© zerbor / fotolia.com)
Taschenrechner mit Geldscheinen (© zerbor / fotolia.com)
Zudem besteht die Möglichkeit, einen zinsgünstigen Bildungskredit der Bundesregierung in Anspruch zu nehmen. Es muss eine Bestätigung der Hochschule erbracht werden, aus der hervorgeht, dass der Studienabschluss innerhalb der Förderzeit erfolgen kann. Der Antrag auf Bewilligung eines Bildungskredits ist an das Bundesverwaltungsamt zu richten. Die Gewährung des Kredits erfolgt bei einer Bewilligung durch die KfW-Bankengruppe. Ein Rechtsanspruch hingegen auf die Auszahlung des Bildungskredits besteht hingegen nicht.

BAföG-Studienabschlussförderung als verzinsliches Darlehen

Die Studierenden mit einer Beeinträchtigung sollten immer versuchen, eine beeinträchtigungsbedingte Förderung zu erreichen, die über die Förderungshöchstdauer hinaus geht. Der Vorteil liegt darin, dass diese als Vollzuschuss gewährt wird. Danach ist eine Hilfe zum Studienabschluss als verzinsliches Bankdarlehen nach BAföG für maximal 12 Monate möglich. Die Studierenden müssen als Voraussetzung spätestens innerhalb von vier Semestern nach Auslaufen der Förderung zur Abschlussprüfung zugelassen sein und das Studium innerhalb von maximal zwölf Monaten ab Antragsbewilligung abschließen.

FAQ zur Studienfinanzierung bei Schwerbehinderung

Welche Möglichkeiten zur Studienfinanzierung stehen Personen mit Schwerbehinderung zur Verfügung?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Studienfinanzierung für Menschen mit einer Schwerbehinderung, darunter BAföG, Stipendien, Darlehen und Sozialleistungen.

BAföG: Personen mit Schwerbehinderung können unter Umständen einen höheren BAföG-Satz erhalten, da sie vom sogenannten Mehrbedarf für behinderte Menschen profitieren können (§ 21 Abs. 5 BAföG).

Stipendien: Es gibt verschiedene Stiftungen und Organisationen, die Stipendien speziell für Menschen mit Behinderungen vergeben.

Darlehen: Kredite und Darlehen sind eine weitere Option, jedoch sollten die Bedingungen sorgfältig geprüft werden.

Sozialleistungen: Menschen mit Schwerbehinderung können gegebenenfalls auch Sozialleistungen wie zum Beispiel Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX in Anspruch nehmen.

Welche Rolle spielt der Grad der Behinderung (GdB) bei der Studienfinanzierung?

Der Grad der Behinderung (GdB) spielt eine bedeutende Rolle bei der Studienfinanzierung, da er Einfluss auf die Höhe der Unterstützungsleistungen haben kann. Je nach GdB können Studierende mit Behinderung Anspruch auf Mehrbedarf haben, etwa nach § 21 Abs. 5 BAföG. Beispielsweise erhalten Studierende, die nicht bei ihren Eltern wohnen und einen GdB von 50 oder höher haben, einen Mehrbedarf von 130 Euro monatlich.

Wie kann ein Studium bei Schwerbehinderung verlängert werden und welche finanziellen Unterstützungen gibt es dafür?

Eine Studienzeitverlängerung aufgrund einer Schwerbehinderung ist nach § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG möglich. Hierbei kann das BAföG auch über die Regelstudienzeit hinaus bezogen werden.

Eine Schwerbehinderung und die dadurch bedingte Verlängerung des Studiums stellen einen schwerwiegenden Grund dar. Für die Beantragung dieser Leistung ist ein Nachweis über die Schwerbehinderung erforderlich. Die Förderungshöhe bleibt dabei gleich und wird auch nach Ablauf der Regelstudienzeit nicht zu einem Darlehen.


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