Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall - sollte man dies am Unfallort abgeben? Welche Folgen hat dies?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 4. Dezember 2023

Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit oder Selbstüberschätzung genügt und das Unglück nimmt seinen Lauf. Macht man einen Fehler im Straßenverkehr und kommt es hierdurch zu einem Unfall mit Blech- oder im schlimmsten Fall Personenschaden, hat man für diesen natürlich geradezustehen. Denn sollten in Sachen Schuldanerkenntnis Unfall einige Punkte beachtet werden. Denn manchen Aussagen am Unfallort sollte man sich zunächst einmal lieber sparen.

Zurückhaltend mit eigenen Aussagen sein

Monkey Business / Fotolia.com
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Ein schriftliches Schuldanerkenntnis sollte man nicht abgeben

Ein klares „Ja, ich war es“ direkt am Unfallort erfreut natürlich Polizei sowie Unfallgegner, erleichtert

es doch die Arbeit. Doch ob man tatsächlich die volle Schuld trägt und wie genau es letztlich wirklich zu dem Unfall kam, lässt sich meist in den ersten Momenten danach gar nicht wirklich beurteilen. Bevor man hier also Aussagen trifft, die sich später als nachteilig für einen selbst auswirken könnten, sollte man lieber erst einmal gar nichts sagen.

Auch die Gerichte haben dies erkannt und sehen in einer belastenden Aussage am Unfallort nicht zwingend sofort ein bindendes Schuldanerkenntnis. Denn meist würden solche Aussagen lediglich getroffen werden, um die Gegenseite zu beruhigen.

Dennoch sollte man mit Aussagen bezüglich der eigenen Schuld oder des Unfallhergangs zunächst zurückhaltend sein. Denn was die tatsächliche Beurteilung der Situation angeht, also Aussagen, die sich auf den Unfallhergang beziehen, könnten die Schilderungen als durchaus verbindlich angesehen werden im späteren Verlauf der Schadensregulierung. Man sollte besonnen und ruhig bleiben und überlegt vorgehen, auch wenn natürlich erst einmal der Schock nach einem Unfall groß ist. Im gleichen Maße, wie man kein Schuldanerkenntnis Unfall abgeben sollte, ist es aber ebenso nicht sinnvoll, die Schuld automatisch dem anderen Unfallbeteiligten zuzuschieben und diesen dadurch womöglich zu reizen oder einzuschüchtern.

Sollte der Unfallgegner auf der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses bestehen und die andere Partei diesbezüglich bedrängen, sollte am besten die Polizei hinzugezogen werden.

Fachanwalt.de-Tipp: Auch wenn man der festen Überzeugung ist, oder sogar sicher zu wissen glaubt, dass man selbst (allein) für den Unfall verantwortlich ist, ist man nicht dazu aufgefordert, dies am Unfallort verbindlich bekanntzugeben. Das heißt auch, dass der Unfallgegner auf ein Schuldanerkenntnis Unfall keinerlei Anspruch hat!

Rechtliche Beurteilung eines Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall

Ein Schuldbekenntnis, das als mündliche Aussage getätigt wurde, ist nicht bindend und wird vor Gericht auch nicht als ein Schuldanerkenntnis Unfall gewertet. Trotzdem sollte bedacht werden, dass solche Aussagen bei der Beweiswürdigung eine Rolle spielen können, wenn es um die Indizwirkung geht. So kann eine diesbezüglich am Unfallort getätigte Aussage Aufschluss über eine eventuelle Mitverursachung geben.

Wann wird es kritisch?

Ein Schuldeingeständnis kann eine verbindliche Wirkung entfalten. Und zwar unter folgenden Voraussetzungen:

  • Zwischen Unfall und dem Schuldeingeständnis ist bereits einige Zeit vergangen: Die erste Aufregung hat sich gelegt, der Kopf arbeitet wieder klar und man kann überlegt handeln. Wer sich nun dazu bekennt, schuld an dem Unfall zu sein, soll dies auch verbindlich meinen.
  • Es gab zuvor eine Diskussion zur Schuldfrage: Wird erst diskutiert und dann eine Aussage zur eigenen Schuld getroffen, kann nicht mehr von einer unüberlegten Aussagen ausgegangen werden, die quasi aus dem Blauen heraus getätigt wurde.
  • Schriftliches Eingeständnis: Bindend kann eine Aussage zur eigenen Schuld auch dann werden, wenn es sich um ein schriftliches Eingeständnis handelt. Ein schriftliches Schuldeingeständnis nach einem Unfall hat auch vor Gericht Bestand.

Wichtig: Unter Umständen lässt sich auch ein schriftliches Schuldanerkenntnis Unfall später noch relativieren, auch wenn dies nicht unbedingt einfach ist. Es kann jedoch glaubhaft gemacht werden, dass man unter Schock stand oder aufgrund des Unfalls emotional aufgewühlt war, so dass einem letztlich gar nicht bewusst war, was man sagte. Es wird jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit ein Anwalt für Verkehrsrecht nötig sein, um das Schuldanerkenntnis nachträglich zu widerrufen, so dass hier mit weiteren Kosten zu rechnen ist. Um sich diese zu ersparen und den Arbeitsaufwand im Nachhinein möglichst gering zu halten, sollte man daher erst einmal zurückhaltend mit entsprechenden Aussagen sein und abwarten, bis die Schuldfrage umfassend geklärt ist. Dies bedeutet natürlich nicht, dass man als Unfallverursacher falsche Angaben gegenüber Polizei, Versicherung, Gericht und Unfallgegner machen darf! Es muss jedoch geklärt werden, ob den Unfallgegner nicht vielleicht zumindest eine Teilschuld am Unfall trifft, etwa, weil er beispielsweise den vorgeschriebenen Mindestabstand nicht eingehalten hat.

Letztlich wird es jedoch wohl immer von Fall zu Fall entschieden, wie ein Schuldanerkenntnis zu deuten ist und welche Verbindlichkeit diesem zukommt. Glück für den, der eine Vollkaskoversicherung besitzt. Denn ein selbstverschuldeter Unfall wird in der Regel durch diese übernommen, was das beschädigte Fahrzeug des Versicherungsnehmers angeht.

Was kann das „Schuldanerkenntnis“ noch sein?

stockphotos / Fotolia.com
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Der Unfallbericht ist kein Schuldanerkenntnis

Wird dem Schuldanerkenntnis Unfall kein verbindlicher Charakter zugesprochen, so kann die getätigte

Erklärung aber durchaus zur Beweiserleichterung herangezogen werden. Für den Unfallgeschädigten ist dies natürlich vorteilhaft. Denn wenn dem Unfallgeschädigten durch die andere Partei ein „Ich bin schuld, ich übernehme die Kosten“ o.ä. gesagt wurde, so kann dies dazu geführt haben, dass er auf dieses „Schuldanerkenntnis“ vertraut hat und deswegen von einer polizeilichen Unfallaufnahme oder einer anderweitigen Beweissicherung abgesehen hat.

Nun kann man den Unfallgeschädigten hinterher nicht im Regen stehen lassen und ihm sagen, dass diese Aussage keinerlei Bedeutung hatte. Auf irgendeine Art muss sie sich positiv für ihn auswirken, wenn er tatsächlich an deren Wahrheitsgehalt geglaubt und auf sie vertraut hat. Kommt es dann zur Beweiswürdigung durch das Gericht, kann eine solche Aussage als Beweis gegen sich selbst gelten.

Ruhe bewahren und Unfallbericht ausfüllen

Es spricht nichts dagegen, am Unfallort einen Unfallbericht auszufüllen. Ganz im Gegenteil. Dieser kann der späteren Schadensregulierung sogar sehr zuträglich sein. Auf diesem Formular geben beide Parteien ihre Beurteilung der Situation wieder, tragen ihre Kontaktdaten ein und unterschreiben das Formular.

Wichtig: Bei einem Unfallbericht handelt es sich nicht um ein Schuldanerkenntnis! Dies sollte auf dem Formular auch vermerkt sein: „Kein Schuldanerkenntnis, sondern eine Wiedergabe des Unfallhergangs zur schnelleren Schadensregulierung.“

Die Schuldfrage zunächst hinten anstellen

Nach einem Unfall sollten sich die Parteien zunächst darum kümmern, einen möglichst genauen Unfallbericht anzufertigen. Auch werden die persönlichen Daten sowie die Versicherungsdaten ausgetauscht. Sollte es nötig sein, wird die Polizei hinzugezogen.

Mehr ist im ersten Moment nicht zu tun. Alles Weitere wird sich in einem nächsten Schritt regeln, wenn Versicherung und gegebenenfalls Anwalt informiert sind. Dann wird man sich mit der Schuldfrage befassen.

FAQ zum Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall

Was ist ein Schuldanerkenntnis und wie wirkt es sich auf die Regulierung eines Verkehrsunfalls aus?

Ein Schuldanerkenntnis ist eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung, durch die eine Person (der Schuldner) gegenüber einer anderen Person (dem Gläubiger) anerkennt, eine bestimmte Schuld zu tragen. Im Kontext eines Verkehrsunfalls bezieht sich das Schuldanerkenntnis in der Regel auf die Schuldfrage und den Umfang der daraus resultierenden Schadensersatzansprüche. Ein Schuldanerkenntnis kann in verschiedenen Formen abgegeben werden, zum Beispiel mündlich, schriftlich oder durch schlüssiges Verhalten (z.B. durch die Zahlung von Schadensersatz ohne Vorbehalt).

Dabei kann es sich um ein deklaratorisches oder ein konstitutives Schuldanerkenntnis handeln. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis bestätigt lediglich eine bereits bestehende Schuld, während ein konstitutives Schuldanerkenntnis eine neue, selbstständige Schuld begründet. Im Falle eines Verkehrsunfalls ist in der Regel das deklaratorische Schuldanerkenntnis relevant.

Ein Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall kann erhebliche rechtliche Folgen haben:

  • Bindung an das Anerkenntnis: Der Schuldner kann sich später nur schwer von dem Anerkenntnis lösen, es sei denn, er kann nachweisen, dass das Anerkenntnis unwirksam ist (z.B. aufgrund von Irrtum, Täuschung oder Drohung).
  • Verjährungsverlängerung: Gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann ein Schuldanerkenntnis zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist führen, indem die Frist neu beginnt.
  • Erleichterte Beweisführung: Der Gläubiger hat es einfacher, seine Schadensersatzansprüche durchzusetzen, da er sich auf das Schuldanerkenntnis berufen kann.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man nach einem Verkehrsunfall um ein Schuldanerkenntnis gebeten wird?

Nach einem Verkehrsunfall sollte man vorsichtig sein, wenn man um ein Schuldanerkenntnis gebeten wird. Zunächst ist es wichtig, die Situation zu klären und sich einen Überblick über den Unfallhergang und die möglichen Ursachen zu verschaffen. Dabei sollte man insbesondere auf Zeugen, Fotos und Videos zurückgreifen, um den Sachverhalt zu dokumentieren.

Grundsätzlich ist es ratsam, kein vorschnelles Schuldanerdanerkenntnis abzugeben, bevor man sich nicht ausführlich über die möglichen rechtlichen Folgen informiert hat. Stattdessen sollte man in Betracht ziehen, die Polizei hinzuzuziehen und/oder Rechtsberatung einzuholen.

Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall entsteht ein Sachschaden an beiden Fahrzeugen. Der andere Fahrer bittet um ein Schuldanerkenntnis. Es ist ratsam, in dieser Situation keine überstürzten Entscheidungen zu treffen, sondern zunächst Beweise zu sichern und sich juristischen Rat einzuholen.

Folgende Aspekte sollten bei der Entscheidung, ob ein Schuldanerkenntnis abgegeben wird, berücksichtigt werden:

  • Schuldfrage: Ist man tatsächlich allein oder überwiegend für den Unfall verantwortlich?
  • Umfang der Schadensersatzansprüche: Welche Schäden sind tatsächlich entstanden und in welcher Höhe können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden?
  • Rechtsfolgen des Schuldanerkenntnisses: Ist man sich über die rechtlichen Folgen eines Schuldanerkenntnisses im Klaren, insbesondere im Hinblick auf die Bindungswirkung und die Verjährungsverlängerung?
  • Alternativen zum Schuldanerkenntnis: Könnten andere Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Teilschuldanerkenntnis oder eine Schadensregulierung unter Vorbehalt, in Betracht gezogen werden?

Welche Voraussetzungen müssen für ein wirksames Schuldanerkenntnis erfüllt sein?

Ein wirksames Schuldanerkenntnis erfordert die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen:

  • Handlungsfähigkeit des Schuldners: Der Schuldner muss gemäß § 104 BGB geschäftsfähig sein, das heißt, er muss mindestens 18 Jahre alt und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein.
  • Bestimmtheit der Erklärung: Das Schuldanerkenntnis muss eine klare und eindeutige Anerkennung der Schuld enthalten. Unbestimmte oder vage Formulierungen können zur Unwirksamkeit führen.
  • Abgabe der Erklärung: Das Schuldanerkenntnis muss dem Gläubiger zugehen, das bedeutet, es muss in dessen Machtbereich gelangen und für ihn erkennbar sein.
  • Einigung über den geschuldeten Betrag: Bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis muss die Höhe der Schuld bereits feststehen oder bestimmbar sein, bei einem konstitutiven Schuldanerkenntnis muss eine Einigung über den geschuldeten Betrag erzielt werden.

Wie kann man ein abgegebenes Schuldanerkenntnis anfechten oder zurücknehmen?

Ein abgegebenes Schuldanerkenntnis kann unter bestimmten Umständen angefochten oder zurückgenommen werden:

  • Anfechtung wegen Irrtums: Gemäß § 119 BGB kann ein Schuldanerkenntnis angefochten werden, wenn der Schuldner bei der Abgabe der Erklärung einem Irrtum unterlegen war, zum Beispiel über den Umfang der Schuld oder die Identität des Gläubigers. Die Anfechtung muss unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrunds, erfolgen.
  • Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung: Ein Schuldanerkenntnis kann gemäß §§ 123, 124 BGB angefochten werden, wenn der Schuldner durch Täuschung oder Drohung zur Abgabe der Erklärung veranlasst wurde. Auch hier gelten die Fristen für die Anfechtung.
  • Rücknahme: Eine Rücknahme des Schuldanerkenntnisses ist grundsätzlich nur mit Zustimmung des Gläubigers möglich. Eine einseitige Rücknahme ist in der Regel ausgeschlossen.
  • Widerruf: In bestimmten Fällen, zum Beispiel bei Verbraucherverträgen, kann ein Schuldanerkenntnis unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen werden. Dies ist jedoch im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen eher selten relevant.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anfechtung oder Rücknahme eines Schuldanerkenntnisses in der Regel keine automatische Befreiung von der Schuld bedeutet. Vielmehr muss der Schuldner nachweisen, dass die Schuld tatsächlich nicht oder nur in geringerem Umfang besteht.


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