Wenn man als Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung erhält, stellt sich oft die Frage, ob man dadurch automatisch auch einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung hat. Diese Frage lässt sich nicht allgemeinverbindlich mit ja oder nein beantworten. Richtig ist aber, dass man als Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen gesetzlichen Abfindungsanspruch haben kann.
Das Kündigungsschutzgesetz muss anwendbar sein
Die maßgeblichen Voraussetzungen für einen gesetzlichen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung ergeben sich aus § 1a Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz. Vorher bedarf es jedoch der Klärung, ob das Kündigungsschutzgesetz überhaupt zur Anwendung kommt. Dafür muss das Arbeitsverhältnis grundsätzlich erstmal mindestens sechs Monate ununterbrochen bestanden haben. Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall erstmal sechs Monate durcharbeiten muss. Fehlzeiten aufgrund Urlaubs oder Krankheit gelten in diesem Zusammenhang regelmäßig nicht als Unterbrechung. Besteht das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten, kommt es für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf die Betriebsgröße an, in dem der Arbeitnehmer tätig ist. Sind in dem Betrieb regelmäßig lediglich fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt, kommt ein gesetzlicher Abfindungsanspruch nach § 1a Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz nicht in Betracht. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, die in Betrieben mit regelmäßig zehn oder weniger Arbeitnehmern beschäftigt waren und deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 31.12.2003 begonnen hat. Ausschließlich zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte (z.B. Auszubildende), werden aber bei der Bestimmung der regelmäßig in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nicht mitgezählt. Sind in einem Betrieb zum Beispiel 12 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen 4 Auszubildende sind, ist in dem Betrieb von lediglich 8 regelmäßig beschäftigen Arbeitnehmern im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes auszugehen. Folglich ist in diesem Betrieb § 1a Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar.
Sind in einem Betrieb auch Teilzeitbeschäftigte tätig, gelten für die Bestimmung der Anzahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ebenfalls Besonderheiten. Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden werden mit 0,5 (also einer halben Stelle), und Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßig wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden werden mit 0,75 (also einer dreiviertel Stelle) berücksichtigt.
Entspricht die Kündigung den Voraussetzungen des § 1a KSchG?
Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, muss die Kündigung zwei Voraussetzungen erfüllen, damit ein Abfindungsanspruch entstehen kann. Zum einen muss der Arbeitgeber in der schriftlichen Kündigung darauf hinweisen, dass die Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse erfolgt. Zum anderen muss darauf hingewiesen werden, dass die Abfindung beansprucht werden kann, wenn der Arbeitnehmer die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage beträgt drei Wochen und beginnt nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu laufen. Wichtig ist, dass die schriftliche Kündigung auch tatsächlich beide Hinweise (1. Kündigung aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse und 2. Anspruch auf Abfindung erst, wenn der Arbeitnehmer die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt), enthält. Wird in der Kündigung zum Beispiel nur erklärt, dass sie aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgt, und lässt der Arbeitnehmer die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen, weil er meint nach Fristablauf einen Abfindungsanspruch zu erlangen, unterliegt er einem fatalen Irrtum. In der Regel kann eine Kündigungsschutzklage dann nicht mehr erhoben werden und der Anspruch auf eine gesetzliche Abfindung ist auch nicht entstanden.
Enthält eine Kündigung die notwendigen Hinweise und entscheidet sich der Arbeitnehmer trotz dessen für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, muss er sich darüber bewusst sein, dass ein gesetzlicher Abfindungsanspruch dann nicht mehr entstehen kann. Das gilt selbst dann, wenn erst eine Kündigungsschutzklage erhoben und später wieder zurückgenommen wird.
Wie hoch ist der Abfindungsanspruch?
Sind alle Voraussetzungen für das Entstehen eines gesetzlichen Abfindungsanspruchs erfüllt, stellt sich natürlich die Frage nach der Höhe des Zahlungsanspruches. Diese wird zum einen nach dem Monatsverdienst des betroffenen Arbeitnehmers, und zum anderen nach der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bemessen. § 1a Absatz 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz sieht als Abfindungsanspruch 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses vor. Zeiträume von mehr als sechs Monaten werden dabei auf ein volles Jahr aufgerundet. Hat das Arbeitsverhältnis also 4 Jahre und 8 Monate bestanden, werden für die Berechnung des Abfindungsanspruches 5 Jahre zugrunde gelegt. Hinsichtlich des zu berücksichtigenden Monatsverdienstes gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachleistungen zusteht. Auszugehen ist dabei vom Bruttoverdienst. Bei einem maßgeblichen Bruttoverdienst von zum Beispiel 3.000,00 EUR und einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von 6 Jahren, beliefe sich der Abfindungsanspruch auf 9.000,00 EUR (3.000,00 : 2 = 1.500,00 x 6 = 9.000,00). Hatte der Arbeitnehmer darüber hinaus zum Beispiel Anspruch auf ein Dienstfahrzeug, eine Dienstwohnung oder sonstige Sachleistung, wäre dafür bei der Festlegung des maßgeblichen Monatsverdienstes noch ein entsprechender Nutzungswert zu berücksichtigen.
Die Abfindung muss versteuert werden
Steuerrechtlich wird die Abfindung als Einkommen aus nicht selbständiger Tätigkeit behandelt. Wer also meint, dass die Abfindung steuerfrei wäre, der irrt sich. Die Abfindung unterliegt zumindest der Einkommensteuerpflicht, wird aber zu Gunsten des Arbeitnehmers nach der sog. „Fünftel-Regelung“ besteuert. Wird die Abfindung gerade wegen des Arbeitsplatzverlustes gezahlt (was bei einer Abfindung im Sinne des § 1a Kündigungsschutzgesetz der Fall ist), stellt sie wenigstens kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen dar, sodass immerhin keine Sozialversicherungsbeiträge für den Abfindungsbetrag abzuführen sind.
Abfindung auch ohne gesetzlichen Abfindungsanspruch?
Unabhängig von dem gesetzlichen Abfindungsanspruch nach dem Kündigungsschutzgesetz wegen betriebsbedingter Kündigung, können sich Abfindungsansprüche bei betriebsbedingter Kündigung ggf. auch aus Tarifvertrag oder sogar dem Arbeitsvertrag ergeben. Voraussetzung ist natürlich immer, dass in dem jeweiligen Tarifvertrag entsprechende Regelungen getroffen wurden. Gleiches gilt für Abfindungsansprüche aus Arbeitsverträgen, wobei solche in der Regel so gut wie nie vereinbart werden. Aber auch ohne echten Anspruch auf eine Abfindung muss man nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung nicht leer ausgehen. Denn in den meisten Fällen stehen die Chancen gut, im Verhandlungswege die Zahlung einer Abfindung zu erreichen.
Autor: Dr. Kluge Rechtsanwälte, Fachanwälte für Arbeitsrecht aus Hannover, Tel‑Nr. 0511‑94000630
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