Karlsruhe (jur). Beantragen drogenabhängige Straftäter von der Vollstreckung einer Gefängnisstrafe zugunsten einer stationären Drogentherapie abzusehen, darf die Staatsanwaltschaft dies nicht mit allgemeinen Zweifeln an der Therapiefähigkeit ablehnen. Die Strafverfolgungsbehörden müssen berücksichtigen, dass der Weg aus der Sucht auch mit Rückschlägen verbunden ist und ein Behandlungserfolg sich erst nach mehreren Therapieversuchen einstellen kann, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 17. Oktober 2013 (Az.: 2 Vas 77/13).
Damit bekam ein drogenabhängiger Mann aus dem Raum Heidelberg recht. Wegen mehrerer Straftaten wurde er zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten und zu drei Jahren verurteilt. Als der Mann auf Bewährung aus der Haft erst entlassen und wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen seine Reststrafe wieder verbüßen sollte, beantragte er, von der Strafe abzusehen. Er wolle stattdessen eine stationäre Drogentherapie durchführen, um seine langjährige Sucht in den Griff zu bekommen.
Die zuständige Staatsanwaltschaft lehnte dies ab. Es gebe wegen mehrerer Therapiefehlschläge „erhebliche Zweifel“ an der Therapiefähigkeit des Mannes.
Das OLG stellte nun klar, dass solch eine allgemeine Begründung nicht ausreicht, um den Antrag des Drogenabhängigen abzulehnen. Die Behörden hätten zwar einen Ermessensspielraum, wenn der Vollzug einer Strafe wegen einer stationären Drogentherapie zurückgestellt werden soll. Das Ermessen müsse aber auch richtig ausgeübt werden.
Zwar könne der Strafvollzug nur zugunsten einer Therapie zurückgestellt werden, wenn eine Therapiebereitschaft besteht. Den Nachweis solch einer Therapiebereitschaft dürfe jedoch nicht „überspannt“ werden, betonte das OLG. Denn der Zweck der Zurückstellung sei auch, die Therapiemotivation zu fördern. Außerdem könnten viele Drogenabhängige erst nach mehreren Therapieversuchen ihre Sucht erfolgreich bekämpfen.
Nur wenn der Drogenabhängige mehrfach Therapien gar nicht erst angetreten oder nach sehr kurzer Zeit aufgegeben hat, seien Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Therapiebereitschaft berechtigt. Im konkreten Fall habe der Kläger jedoch seine letzte Therapie ordnungsgemäß angetreten und beendet. Er sei danach nur wieder rückfällig geworden. Dies belege aber noch nicht, dass weitere Therapieversuche aussichtslos wären.
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