Sozialrecht

Jobcenter kann wegen zu hoher Heizkosten nicht immer Umzug fordern

Zuletzt bearbeitet am: 29.02.2024

Kassel (jur). Verlangen Jobcenter von einem Hartz-IV-Bezieher wegen zu hoher Heizkosten letztlich einen Wohnungswechsel, muss der Umzug wirtschaftlich sein und sich tatsächlich auch rechnen. Andernfalls kann die Behörde keine entsprechende Kostensenkungsmaßnahme einfordern, stellte das Bundessozialgericht (BSG) in einem am Mittwoch, 12. Juni 2013, verkündeten Urteil klar (Az.: B 14 AS 60/12). Entscheidend sei letztlich, wie hoch die Kaltmiete und die Heizkosten zusammen sind.

Geklagt hatte eine 1970 geborene Hartz-IV-Bezieherin aus Herne. Die alleinstehende Frau lebt in einer 48 Quadratmeter großen Wohnung und zahlt eine sehr geringe Kaltbruttomiete in Höhe von monatlich 203,64 Euro. Doch die Unterkunft ist sehr schlecht isoliert, hat undichte Fenster und verfügt lediglich über eine alte Gasetagenheizung. Dadurch waren die monatlichen Heizkosten bislang unangemessen hoch. So zahlte die Frau 2004 monatlich im Voraus noch 57 Euro, 2009 waren es 133 Euro und 2010 127 Euro.

Das Jobcenter Herne verlangte von der Hartz-IV-Bezieherin eine Kostensenkung. Die Heizkosten seien viel zu hoch. Dies ergebe sich auch im Vergleich zum bundesweiten Heizspiegel. Die Frau heize ihre Wohnung offenbar immer auf 22 Grad. Ein paar Grad weniger könne schon etwas sparen.

Ein gerichtlich bestellter Gutachter stellte jedoch fest, dass die Hartz-IV-Bezieherin den Heizkosten-Verbrauch in der maroden Wohnung nur noch minimal senken könne.

Das BSG stellte fest, dass die Heizkosten der Klägerin unangemessen hoch seien. Maßgeblich seien hier die Grenzwerte im bundesweiten Heizspiegel. Im Einzelfall könnten Hartz-IV-Bezieher aber auch einen erhöhten Heizbedarf geltend machen, beispielsweise bei einer Krankheit. Die Klägerin hatte dies jedoch nicht geltend gemacht.

Ob die verlangte Kostensenkung und ein damit einhergehender Wohnungswechsel vom Jobcenter aber dennoch gefordert werden kann, sei zweifelhaft, so das BSG. Denn solch ein Umzug müsse immer auch wirtschaftlich sein. So hatte das Jobcenter angegeben, dass es für eine gleich große Wohnung wie die der Klägerin bis zu 356 Euro monatlich zahle. Die Warmmiete der Klägerin liege aber immer noch darunter. Die Kaltmiete und die Heizkosten dürften bei der Rechnung der Wirtschaftlichkeit nicht voneinander getrennt gesehen werden.

Das Verfahren verwies das BSG an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zurück. Dieses muss nun prüfen, ob ein Wohnungswechsel der Klägerin überhaupt wirtschaftlich ist.

Quelle::© www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Sozialrecht Verwaltungsgericht Aachen: Hautkrebs eines Polizisten keine Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 1 K 2399/23 ) die Hautkrebserkrankung eines ehemaligen Polizisten nicht als Berufskrankheit anerkannt. Polizist fordert Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit Ein langjähriger Polizeibeamter, der nahezu sein ganzes Berufsleben im Streifendienst verbrachte, forderte die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Betroffene argumentierte, während seiner fast 46 Dienstjahre hauptsächlich im Freien tätig gewesen zu sein, ohne dass ihm Schutzmittel gegen UV-Strahlung zur Verfügung gestellt wurden oder auf die Wichtigkeit solcher Schutzmaßnahmen hingewiesen wurde. Aufgrund ... weiter lesen

Sozialrecht LSG-Urteil: Einzelfahrten von Fahrtrainern als Arbeitsunfall anerkannt

Im aktuellen Fall des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde entschieden, dass die Erkundungsfahrt eines Fahrtrainers als Arbeitsunfall gilt (Az.: L 8 U 3350/22 ). Fahrtrainer-Unfall auf Erkundungsfahrt: Streit um Arbeitsunfall Ein selbständiger Motorrad-Fahrtrainer verletzte sich schwer, als er allein auf Erkundungsfahrt für ein bevorstehendes Training stürzte. Der Unfall ereignete sich 50 km entfernt von seinem Zuhause. Er argumentierte, dass die Fahrt zur Vorbereitung auf ein spezielles Training notwendig war, um die Straßenverhältnisse zu prüfen. Seine Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sie die Fahrt als private ... weiter lesen

Sozialrecht Landessozialgericht entscheidet: Kein Unfallversicherungsschutz auf indirektem Arbeitsweg

Im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde der Fall einer Klägerin behandelt, die auf einem Umweg zur Arbeit verunfallte und daher keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hatte (Az.  L 10 U 3232/21 ). Mutter nach Umweg-Unfall ohne Versicherungsschutz Eine Frau begleitete ihre Tochter auf dem Schulweg zu einem Treffpunkt, der entgegengesetzt zu ihrer Arbeitsstelle lag. Nach diesem Umweg ereignete sich auf dem Weg zur Arbeit, jedoch noch vor dem Erreichen der direkten Route von ihrer Wohnung aus, ein Unfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ... weiter lesen

Sozialrecht Sozialgericht Düsseldorf: Kein Arbeitsunfall bei Hilfe für Schwiegersohn

Das Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 6 U 284/20 ) hat entschieden, dass die Renovierung im Haus des Schwiegervaters nicht als Arbeitsunfall gilt. Verletzung bei Schwiegersohn ist kein Arbeitsunfall Der 51-jährige Kläger unterstützte bei Renovierungsarbeiten im Haus seines Schwiegersohnes, wo dieser mit der Tochter des Klägers und deren Sohn lebte. Während der Arbeiten verletzte sich der Kläger schwer und forderte von der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall, um Leistungen der Unfallversicherung zu erhalten. Die Berufsgenossenschaft wies dies zurück, da eine "Wie-Beschäftigung" aufgrund der familiären Bindung nicht vorliege. ... weiter lesen

Ihre Spezialisten