Strafrecht

Keine Entschädigung für Priester wegen „anstößiger“ Fotos

Zuletzt bearbeitet am: 26.02.2024

Straßburg (jur). Die beiden ehemaligen Leiter des katholischen Priesterseminars im niederösterreichischen Sankt Pölten erhalten wegen eines Berichts des Nachrichtenmagazins „Profil“ über vermeintliche homosexuelle Handlungen keine Entschädigung. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in zwei am Dienstag, 4. Dezember 2012, verkündeten Urteilen entschieden (Az.: 51151/06 und 6490/07).

Gleichzeitig wiesen die Straßburger Richter aber auch eine Beschwerde der Verlagsgruppe News GmbH, als Verleger des „Profil“ ab (Az.: 59631/09). Der Verlag hatte gegen eine österreichische Unterlassungsverfügung geklagt. Danach darf das Magazin nicht mehr behaupten, dass der Priesterseminarleiter Priesterschüler gegen ihren Willen zu homosexuellen Handlungen gedrängt hat.

Stein des Anstoßes war ein am 12. Juli 2004 veröffentlichter Artikel des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins mit dem Titel „Trau dich doch“ über einen Porno-Skandal im Sankt Pöltener Priesterseminar. In dem Text wurde über den Fund von rund 40.000, aus dem Internet heruntergeladener Porno-Fotos, darunter auch Kinderpornografie, berichtet. Diese hatte die Polizei sichergestellt.

Das Magazin berichtete zudem über homosexuelle Annäherungen zwischen den Leitern des Priesterseminars und Priesterschülern auf einer Weihnachtsfeier am 24. Dezember 2003. Der Artikel wurde mit zwei Fotos illustriert, die eine innige Zungenkuss-Szene zwischen dem stellvertretenden Leiter und einem Seminaristen zeigten.

Ein weiteres Foto zeigte den Priesterseminarleiter in einer engen Umarmung mit einem Priesterschüler. Eine Hand scheint dabei im Geschlechtsbereich des Schülers zu liegen. Der frühere Bischoff Kurt Krenn konnte darin keine homosexuelle Handlungen erkennen, dies alles sei vielmehr als „Buben-Dummheiten“ zu werten.

Auch die beiden Priester hielten die Berichterstattung für unzulässig. Mit der Veröffentlichung des Artikels und der Fotos werde ihr „höchstpersönlicher Lebensbereich“ verletzt. Sie würden mit der Veröffentlichung diffamiert. Die Geistlichen forderten vor den österreichischen Gerichten eine Entschädigung, allerdings erfolglos. Zwar sei der Privatbereich der Priester von der Veröffentlichung betroffen. Es habe jedoch ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung gegeben, so die Gerichte. Es sei eine Debatte über Homosexualität unter Priestern und deren Schüler angestoßen worden.

Diese Entscheidungen sind laut EGMR nicht zu beanstanden. Die österreichischen Gerichte haben die Persönlichkeitsrechte der in einer Leitungsfunktion tätigen Priester mit der Pressefreiheit des Nachrichtenmagazins richtig abgewogen. Eine Entschädigung wegen der Verletzung des Rechts auf ein Privatleben komme daher nicht in Betracht.

Doch auch die Beschwerde des Verlages von „Profil“ blieb erfolglos. Danach darf die Zeitschrift künftig nicht weiter behaupten, dass der Leiter des Priesterseminars sich Priesterschülern gegen ihren Willen homosexuell angenähert hat. Dies sei nicht ausreichend bewiesen, so der EGMR.

Quelle: www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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