München (jur). Bei der Erstellung einer Bilanz bestehen keine rechtlichen Spielräume. Nach einem am Mittwoch, 27. März 2013, veröffentlichten Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) in München haben Unternehmen daher künftig geringere Chancen, mit einer für sie günstigen rechtlichen Bewertung auch vor Gericht durchzukommen (Az.: GrS 1/10). Vielmehr können die Richter ihre eigene Überzeugung verbindlich durchsetzen. Als Konsequenz des konkreten Falls könnten im Paket mit Mobilfunkverträgen verkaufte Handys teurer werden.
Der im Streitfall klagende Mobilfunkanbieter verkauft seine Mobilfunkverträge häufig im Paket mit vergünstigten Handys. Die Kosten dieser Handys stellte das Unternehmen sofort steuerwirksam in seine Bilanz ein. Demgegenüber meinte das Finanzamt, die Ausgaben seien steuerlich auf die 24-monatige Laufzeit der Verträge zu verteilen.
Der mit dem Fall befasste Erste Senat des BFH neigt der Auffassung des Finanzamts zu. Allerdings hatten mehrere BFH-Senate in früheren Urteilen die Ansicht vertreten, dass es in rechtlichen Fragen bei der Bilanz einen „subjektiven Maßstab“ geben könne. Danach müsste das Finanzamt die Bilanzführung akzeptieren, wenn sie „aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar“ war. Das wäre beim Handy-Streit wohl so gewesen.
Doch einen solchen „subjektiven Maßstab“ gibt es nicht, stellte nun der aus Vertretern aller BFH-Senate zusammengesetzte Große Senat des BFH klar. Aus dem Gesetz ließen sich solche Spielräume nicht ableiten, heißt es in dem Beschluss vom 31. Januar 2013. Finanzverwaltung und Gerichte seien „insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, ihrer Entscheidung die objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen“. Subjektive Spielräume seien hier mit dem Gleichheitssatz und dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar.
„Eine lediglich vertretbare Rechtsansicht des Steuerpflichtigen kann weder die Finanzverwaltung noch die Gerichte bei der Steuerfestsetzung binden“, heißt es in dem Münchener Beschluss. Andernfalls würden gleiche Sachverhalte gegebenenfalls unterschiedlich behandelt, je nachdem, welche Rechtsauffassung das Unternehmen vertritt oder wann die Bilanz erstellt wurde.
Weit wichtiger als in rechtlichen Fragen ist für Bilanzen der „subjektive Maßstab“ bei Prognosen und Bewertungen. Ausdrücklich betont der Große BFH-Senat, dass sein Beschluss diesen Bereich nicht betrifft. Nach bislang übereinstimmender Auffassung haben Unternehmen hier gewisse Spielräume – etwa bei der Frage, mit welchem Wert Sachgüter in die Bilanz einzustellen sind oder ob sie auf unsicher gewordene Forderungen einen Abschlag vornehmen.
Im konkreten Fall kann nach dem Beschluss des Großen Senats der Erste BFH-Senat die Klage des Mobilfunkanbieters nun wie beabsichtigt abweisen. Als Folge würde die subventionierte Abgabe von Handys für die Unternehmen steuerlich teurer.
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