Medizinrecht

Krankenkasse muss bei Krebs eventuell für alternative Therapie aufkommen

02.12.2013
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Zuletzt bearbeitet am: 16.03.2024

Krankenkassen müssen bei lebensbedrohenden Erkrankungen wie Krebs oder Aids womöglich auch die Kosten für alternative Therapien übernehmen. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des Landessozialgerichtes (LSG) Bayern.

Vorliegend ging es um einen Patienten, der an einem bösartigen Hirntumor erkrankt war. Von diesem Tumor konnte lediglich ein Teil durch eine Operation entfernt werden. Nachdem das Leben des Patienten auch nach Durchführung von herkömmlichen Maßnahmen wie einer Chemotherapie weiterhin akut gefährdet war, empfahlen ihm die Ärzte einer Universitätsklinik die Durchführung einer Therapie mit Avastin in Kombination mit dem Zytostatikum Irinotecan.

Doch die Krankenkasse lehnte die Übernahme der Kosten für diese Therapie ab. Sie begründete das damit, dass Avastin nicht für die Behandlung von dieser Krebserkrankung in Deutschland zugelassen ist. Der Patient gab sich hiermit nicht zufrieden. Er zog vor Gericht und wollte die Krankenkasse durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Kostenübernahme zwingen. Und das gelang ihm auch.

Das bayerische Landessozialgericht erließ in zweiter Instanz die begehrte einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 08.04.2013 (L 5 KR 102/13 B ER). Patienten mit einer lebensbedrohlichen oder sogar regelmäßig tödlichen Erkrankung können unter bestimmten Umständen auch einen Anspruch auf eine Behandlung haben, die nicht im Leistungskatalog der Krankenkasse enthalten ist. Dies setzt voraus, dass die zugelassenen Methoden der medizinischen Wissenschaft ausgeschöpft sind und die alternative Methode nach ärztlicher Einschätzung als erfolgreich einzuschätzen sind. Hiervon ging das Gericht auf Grundlage eines fachneurochirurgische Sachverständigengutachtens aus. Die Krankenkasse musste daher die Kosten für die Avastin-Therapie übernehmen.

Diese im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist aus Sicht von Patienten zu begrüßen. Dies gilt auch insbesondere für den des Gerichtes, dass bereits die Hinauszögerung des tödlichen Verlaufes als Erfolg in diesem Sinn anzusehen ist. Der Schutz des Lebens darf hier nicht von einem zuweilen engstirnig aufgemachten Leistungskatalog abhängig gemacht werden. Dies ergibt sich auch aus der neuen Vorschrift von § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V. Betroffene Patienten mit lebensbedrohenden Erkrankungen - wie Krebs, Aids oder eventuell auch Lupus erythematodes SLE - sollten sich bei Problemen mit der Krankenkasse an Sozialverbände wenden und um ihre Rechte kämpfen.

Quelle: Fachanwalt.de

Foto: © JohnKwan - Fotolia.com

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