Sozialrecht

Mietbürgschaft entbindet Jobcenter nicht von Unterkunftsleistungen

Zuletzt bearbeitet am: 08.03.2024

Karlsruhe (jur). Bürgen Eltern für die Mietzahlung ihres im Hartz-IV-Bezug stehenden erwachsenen Kindes, ist das Jobcenter trotzdem zur Übernahme der Unterkunftskosten verpflichtet. Es spielt für den Hartz-IV-Anspruch keine Rolle, wenn der Arbeitslose in seinem Mietvertrag noch einen Bürgen für Mietzahlungen benennt, entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem am Freitag, 16. August 2013, veröffentlichten Urteil (Az.: S 12 AS 601/13).

Damit kann sich das Jobcenter des Landkreises Raststatt nicht um die Zahlung von Unterkunftskosten für einen 23-jährigen Hartz-IV-Bezieher drücken. Der Mann bewohnt seit Dezember 2012 eine 35 Quadratmeter große möblierte Wohnung. Laut Mietvertrag bürgt die Mutter für die Warmmiete in Höhe von monatlich 370 Euro.

Als der Arbeitslose kurz nach seinem Einzug Hartz IV beantragte, bewilligte das Jobcenter zwar Leistungen für den Lebensunterhalt, die Unterkunftskosten wollte die Behörde jedoch nicht übernehmen. Begründung: Die Mutter bürge für die Miete und zahle diese auch derzeit. Damit habe der Arbeitslose keine „tatsächlichen Aufwendungen“ für Unterkunftskosten.

Außerdem sei er vor dem 25. Lebensjahr bei seiner Mutter aus- und in die neue Wohnung eingezogen. In solch einem Fall hätte der Hartz-IV-Bezieher bei der Behörde um Erlaubnis nachfragen müssen. Der Umzug sei zwar vor der Hartz-IV-Antragstellung geschehen, es bestehe jedoch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Hilfebedürftigkeit und dem Abschluss des Mietvertrages. Schließlich sei die Wohnung auch unangemessen teuer, rügte die Behörde.

Das Sozialgericht ließ den ablehnenden Bescheid des Jobcenters in seinem Urteil vom 6. August 2013 nicht durchgehen und verpflichtete die Behörde zur Zahlung der Unterkunftskosten. Auch wenn die Mutter für die Mietzahlung ihres Sohnes bürgt, müsse die Behörde nach den gesetzlichen Bestimmungen den „öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch“ erfüllen.

Der Einwand, dass der Kläger den Umzug vom Jobcenter hätte genehmigen lassen müssen, greife ebenfalls nicht. Der junge Mann sei wegen psychischer Probleme und Schwierigkeiten in seinem Elternhaus ausgezogen. Allein dies sei schon ein Grund, weshalb das Jobcenter den Umzug sowieso hätte erlauben müssen. Letztlich sei die Genehmigung aber gar nicht erforderlich, betonte das Sozialgericht. Denn der Hartz-IV-Bezieher sei vor seiner Antragstellung umgezogen. In diesem Fall müsse das Jobcenter dem Umzug auch nicht zustimmen.

Schließlich sei die Wohnung auch nicht unangemessen teuer. Das Jobcenter habe selbst zugegeben, dass es kein schlüssiges Konzept habe, wann eine Wohnung angemessen ist und damit finanziert werden muss. In solch einem Fall gelten die Miethöchstbeträge im Wohngeldgesetz zuzüglich eines pauschalen Aufschlags in Höhe von zehn Prozent. Der vom Kläger zu zahlende Mietpreis liege in diesem Rahmen.

Quelle:© www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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