Ratgeber: Arbeitsrecht
Erfurt (jur). Arbeitgeber können auch bei einem als „freiwillig“ bezeichneten aber fortlaufend bezahlten Weihnachtsgeld auch künftig zur Zahlung der Sonderzuwendung verpflichtet sein. Haben sie dann auch noch das Weihnachtsgeld fast immer in der gleichen Höhe gewährt, spricht dies ebenfalls für eine „betriebliche Übung“ und nicht für eine Honorierung der konkret erbrachten Arbeitsleistung, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 4. Mai 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: 10 AZR 116/22). Danach können Arbeitgeber nicht erst im Nachhinein geltend machen, die Zahlung sei als Zusatzvergütung nur für geleistete Arbeit ... weiter lesen
Erfurt (jur). Wer mit mehreren Erkrankungen insgesamt mehr als sechs Wochen krank ist, muss nachweisen, dass es sich tatsächlich um verschiedene Erkrankungen handelt. „Dem steht nicht entgegen, dass der hiernach erforderliche Vortrag im Regelfall mit der Offenlegung der einzelnen zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen im maßgeblichen Zeitraum verbunden ist“, so der Leitsatz eines am Dienstag, 2. Mai 2023, veröffentlichten Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt (Az.: 5 AZR 93/22). Grundgesetz und EU-Recht seien dadurch nicht verletzt. Der Kläger arbeitet in der Gepäckabfertigung am Frankfurter Flughafen und war in den Jahren 2019 und 2020 in ... weiter lesen
Berlin (jur). Tarifbeschäftigte höherer Entgeltgruppen des Landes Berlin können anders als geringer entlohnte Angestellte keine „Hauptstadtzulage“ verlangen. Zwar gebiete der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dass die von einem Arbeitgeber aufgestellten Regeln für alle vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleich gelten müssen, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in drei am Freitag, 28. April 2023, bekanntgegebenen Urteilen (Az.: 12 Sa 513/22, 11 Sa 1145/22 und 16 Sa 1672/21). Dies gelte aber nicht für die Hauptstadtzulage, da die dazu geschaffenen Regeln auf das Berliner Abgeordnetenhaus zurückgingen. Das Land Berlin ... weiter lesen
Arbeitnehmer erhalten oft eine Abmahnung , wenn sie ihre Pflichten vernachlässigen oder gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen verstoßen . Eine Abmahnung ist ein formelles Schreiben des Arbeitgebers , das den Arbeitnehmer über den Verstoß und die Konsequenzen informiert. Wenn ein Arbeitnehmer eine Abmahnung erhält, hat er arbeitsrechtlich verschiedene rechtliche Möglichkeiten und Ansprüche . Diese umfassen: Recht auf Stellungnahme : Der Arbeitnehmer hat das Recht, auf die Abmahnung schriftlich zu reagieren und seine Sichtweise darzulegen. Recht auf Widerruf : Der Arbeitgeber muss die Abmahnung ... weiter lesen
Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 20.10.2022 zum Aktenzeichen 8 Sa 465/22 entschieden, dass eine wiederholt verspätete Arbeitsaufnahme trotz einschlägiger Abmahnungen geeignet sein kann, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen Nach den Umständen des Einzelfalls kann, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen, der Ausspruch einer weiteren Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung auch dann erforderlich sein, wenn bereits mehrere Abmahnungen zu mehreren Pflichtverletzungen erteilt worden sind, diese dem Kläger aber zeitgleich übergeben worden sind. Hinsichtlich ihrer Warnfunktion sind die Abmahnungen in diesem Fall einer ... weiter lesen
Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist für viele Arbeitnehmer eine belastende Erfahrung. Sie fühlen sich in ihrer Existenz bedroht und oft macht sich auch Angst um die Zukunft breit. Wenn der Arbeitgeber jedoch anbietet, stattdessen einen Aufhebungsvertrag zu schließen, sind viele Arbeitnehmer verunsichert. Sollten sie das Angebot annehmen oder nicht? In diesem Text soll erörtert werden, in welchem Fall Arbeitnehmer vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber einen vom Arbeitgeber angebotenen Aufhebungsvertrag schließen sollten, wenn der Arbeitgeber androht, andernfalls eine Kündigung auszusprechen. ... weiter lesen
Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist für viele Arbeitnehmer ein schwerer Schlag. Nicht nur der Verlust des Arbeitsplatzes, sondern auch die Unsicherheit über die Zukunft und die finanzielle Situation können eine große Belastung sein. In dieser Situation bietet der Arbeitgeber manchmal einen Abwicklungsvertrag an. Doch in welchem Fall sollten Arbeitnehmer diesen Vertrag annehmen? In diesem Text werden die Vor- und Nachteile eines solchen Vertrags für Arbeitnehmer und die Umstände, unter denen ein Abwicklungsvertrag sinnvoll ist, ausführlich erläutert. Definition Ein Abwicklungsvertrag ist eine ... weiter lesen
Erfurt (jur). Ein spiritueller Yoga-Ashram muss für die Arbeit seiner Mitglieder in Küche, Garten oder bei der Leitung von Seminaren zumindest den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Konkret kann sich der gemeinnützige Verein Yoga Vidya nicht auf das Selbstbestimmungsrecht von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft berufen, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am Dienstag, 25. April 2023 (Az.: 9 AZR 253/22). Die obersten Arbeitsrichter sprachen damit einem früheren Mitglied des in Horn-Bad Meinberg (Kreis Lippe) ansässigen Vereins Yoga Vidya für dessen Arbeit in einem Yoga-Ashram dem Grunde nach den gesetzlichen Mindestlohn zu. Die Klägerin, eine ... weiter lesen
Bonn (jur). Das Mitbestimmungsrecht eines Betriebsrats bei Einstellungen und Versetzungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann auch in einem überwiegend karitativ tätigen Unternehmen nicht pauschal verweigert werden. Zwar greift die Mitbestimmung nicht bei Mitarbeitern, die als „Tendenzträger“ gelten, so das Arbeitsgericht Bonn in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 5. Januar 2023 fest (Az.: 3 BV 96/22). Tendenzträger seien aber nur Mitarbeiter, die den karitativen Zweck des Unternehmens eigenverantwortlich umsetzen. Im konkreten Fall ging es um einen Träger von ambulanten Teil- und vollstationären Einrichtungen für Menschen mit ... weiter lesen
Viele Arbeitgeber meinen einen Dienstwagen zeitgleich mit einer Freistellung entziehen zu können. Dem ist aber in der Tat unproblematisch allenfalls dann so, wenn der Pkw ausschließlich zum Zweck der dienstlichen Nutzung überlassen worden ist. Wenn der Pkw allerdings, was häufig vorkommt, auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt worden ist, stellt diese private Nutzung einen geldwerten Vorteil, mithin einen Lohnbestandteil dar, der üblicherweise mit 1% vom Arbeitnehmer versteuert wird. Nichtsdestotrotz enthalten viele Arbeitsverträge, betriebliche Richtlinien oder Dienstwagenvereinbarungen eine Klausel, dass der Dienstwagen im Falle ... weiter lesen
Erfurt (jur). Ruft ein Gericht ein Verfahren vor der eigentlichen Terminankündigung auf, wird damit noch nicht der „Grundsatz der Öffentlichkeit“ verletzt. Denn dieser Grundsatz, der letztlich der Kontrolle der Gerichte dient, solle lediglich sicherstellen, dass sich die Rechtsprechnung der Gerichte „nicht hinter verschlossenen Türen abspielt“, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag, 11. April 2023, veröffentlichten Beschluss (Az.: 2 AZN 335/22). Es sei hierfür aber nicht erforderlich, dass „jedermann weiß, wann und wo eine mündliche Verhandlung stattfindet“. Hintergrund des Rechtsstreits war ein Verfahren vor dem ... weiter lesen
Lüneburg (jur). Fahren Betriebsratsmitglieder auf Arbeitgeberkosten während der Arbeitszeit auf eine mehrtägige Betriebsrätetagung, sollten sie auch an jedem Tag daran teilnehmen. Andernfalls kann ihnen fristlos gekündigt werden, entschied das Arbeitsgericht Lüneburg am Mittwoch, 5. April 2023, im Fall des Betriebsratsvorsitzenden des Amazon Logistikzentrums Winsen/Luhe in Niedersachsen (Az.: 2 BV 6/22). Der Betriebsratsvorsitzende reiste vom 8. November 2022 bis einschließlich 10. November 2022 mit drei weiteren Betriebsratsmitgliedern zum Betriebsrätetag in Bonn. Die Tagung fand werktags während der Arbeitszeit statt. Die Reise- und Tagungskosten übernahm ... weiter lesen
Die Welle der Insolvenz im Einzelhandel reißt nicht ab. Beschäftigten wir uns in den letzten Jahren bereits des Öfteren mit Karstadt und zuletzt mit Galeria Kaufhof, trifft es nun auch einen der Big Player im deutschen Modesegment.. Ist das Bangen um den Job nun begründet? Eine Frage, die sich nur schwer oder vielleicht gar nicht beurteilen lässt. Denn wie es nun weitergeht, hängt von vielen Faktoren ab. Wird der insolvente Betrieb gesund "geschrumpft"? Sprich: Werden einzelne Filialen geschlossen? Gibt es einen Erwerber, der den Betrieb übernimmt und fortführen kann? Was ist mit "meinem" ... weiter lesen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. März 2023 zum Aktenzeichen 5 AZR 255/22 entschieden, dass wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil er meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm nicht zuzumuten, bietet aber gleichzeitig dem Arbeitnehmer „zur Vermeidung von Annahmeverzug“ die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses an, er sich widersprüchlich verhält. In einem solchen Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Beschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist. Diese Vermutung kann durch die ... weiter lesen
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 30. März 2023 zum Aktenzeichen 2 AZR 309/22 entschieden, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 18/23 vom 30.03.2023 ergibt sich: Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der ... weiter lesen
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 13.12.2022 zum Aktenzeichen 7 Sa 168/22 entschieden, dass eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechtes vorliegt, wenn einem männlichen Bewerber um eine Stelle abgesagt wird mit der Begründung, „unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände“. Die Parteien streiten um Entschädigungsansprüche nach dem AGG nach einer erfolglosen Bewerbung des Klägers. Der am 05.10.1980 geborene Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann. Er arbeitete von 2000 bis 2008 nach seinem Lebenslauf (Bl. 38 f der Akte) als kaufmännischer ... weiter lesen
Für die Dauer der Elternzeit darf der Arbeitgeber den Erholungsurlaub kürzen. Hierbei erfolgt die Kürzung für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12. Dies bedeutet, es darf eine Kürzung um 1/12 nur für tatsächliche Kalendermonate erfolgen. Beginnt die Elternzeit beispielsweise am 2. eines Monats, darf für diesen Monat keine Kürzung erfolgen. Die Möglichkeit der Kürzung des Erholungsurlaubs ist ein Recht des Arbeitgebers. Dieses Recht muss er also auch tatsächlich ausüben. Dies erfolgt entweder durch eine ausdrückliche Erklärung (die dem Arbeitnehmer auch zugehen muss) oder durch ... weiter lesen
Leipzig (jur). Kommunen und andere öffentliche Dienststellen müssen gegen Mobbing vorgehen. Tun sie dies nicht, können Beamte Anspruch auf Schadenersatz haben, urteilte am Dienstag, 28. März 2023, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Az.: 2 C 6.2). Maßgeblich ist danach eine Gesamtschau der Geschehnisse. Die Klägerin arbeitete seit 2007 als Stadtverwaltungsoberrätin im höheren Dienst der Stadt Naumburg (Saale) in Sachsen-Anhalt. Dort leitete sie den Fachbereich „Bürgerdienste, Recht und Ordnung“. Der im Mai 2014 wiedergewählte Oberbürgermeister verfügte im Juli 2014 eine Neuorganisation der Verwaltung. Dabei wurden die früher vier Fachbereiche in ... weiter lesen
Leipzig (jur). Beamte dürfen nicht ständig morgens zu spät kommen und dafür abends einfach länger auf der Arbeit bleiben. Hat der Dienstherr jedoch nicht zeitnah mit „niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen“ auf den Beamten eingewirkt und ihn so gewarnt, darf er ihn später wegen fortlaufenden Zuspätkommens nicht aus dem Dienst entlassen, urteilte am Dienstag, 28. März 2023, das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Az.: 2 C 20.21). Wegen des regelmäßig verspäteten Dienstantritts sei aber die Zurückstufung des Beamten in eine niedrigere Besoldungsgruppe gerechtfertigt. Im konkreten Fall ging es um einen Beamten der Bundesanstalt für ... weiter lesen
In einem aktuellen Urteil hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) erneut mit der Entwicklung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern befasst ( BAG, Urt. v. 23.11.2022, 7 AZR 122/23 ). Auch wenn das Urteil des BAG vor der viel diskutierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.1.2023 (6 StR 133/22) verkündet worden ist (Strafbarkeit wegen Untreue wegen in diesem Zusammenhang rechtswidrig überhöhter Betriebsratsvergütung), ist davon auszugehen, dass die Urteilsgründe des BAG in Kenntnis der Entscheidung des BGH verfasst worden sind. Es stellt sich also die Frage, ob das BAG in seinem Urteil erkennen lässt, wie es zu der ... weiter lesen