Ratgeber: Sozialrecht
Berlin (jur). Eine Mutter kann bei einem One-Night-Stand gezeugtes Kind einen staatlichen Unterhaltsvorschuss verlangen. Ist der Vater unbekannt, muss die Mutter aber alles Zumutbare unternehmen, um diesen ausfindig zu machen, betonte das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24. Mai 2023 (Az.: 5 A 350/22). Nicht zumutbar sei es aber, mit Hilfe eines Aushangs am Ort des Kennenlernens nach dem Kindesvater zu suchen. Die in Leipzig lebende Klägerin hatte 2018 bei der Stadt einen staatlichen Unterhaltsvorschuss für ihr im selben Jahr geborenes Kind beantragt. In ihrem Antrag gab sie an, dass ihr „keine ... weiter lesen
Stuttgart (jur). Ein Arbeitsunfall kann auch dann vorliegen, wenn „innere Ursachen“, wie hier Schwindel, zu dem Unfall beigetragen haben. Das ist der Fall, wenn „betriebliche Gefährdungsmomente festgestellt sind und diese Gegebenheiten wesentlich daran mitgewirkt haben, dass ein Versicherter auf einem Betriebsweg stürzt und sich verletzt“, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem bereits schriftlich veröffentlichten Urteil vom 17. Oktober 2022 entschied (Az.: L 9 U 1970/21). Der im Unfallzeitpunkt 57-jährige Kläger arbeitet in Baden-Württemberg als Montierer/Kommissionierer. Auf dem Weg von der Kantine zu seinem Arbeitsplatz war er im ... weiter lesen
Landshut (jur). Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen die Kostenübernahme für Long-Covid-Behandlungen nicht pauschal wegen noch fehlender Richtlinien ablehnen. Das gilt insbesondere auch für die Doppelfiltrationsplasmapherese, eine gründliche maschinelle Reinigung des Bluts außerhalb des Körpers, wie das Sozialgericht Landshut in einem am Donnerstag, 3. August 2023, veröffentlichten Beschluss entschied (Az.: S 10 KR 150/23 ER). Es verpflichtete im Eilverfahren eine Krankenkasse, die Kosten von wöchentlich 1.000 Euro für die ärztlich vorgeschlagene Therapie zu bezahlen. Die damals 21-jährige Klägerin hatte im März 2022 eine Coronainfektion mit zunächst ... weiter lesen
Stuttgart (jur). Arbeitgeber müssen nach einem arbeitsvertraglich vereinbarten teilweisen Lohnverzicht ihrer Beschäftigten auf Zahlung freiwilliger Zusatzleistungen nicht unbedingt Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Damit Zuschüsse etwa für Kinderbetreuung oder Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung beitragsfrei bleiben, müssen sie von der Grundvergütung rechtlich getrennt sein und dürfen den Lohnverzicht nicht ersetzen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am Montag, 31. Juli 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: L 8 BA 373/22). Die Stuttgarter Richter ließen allerdings die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu. ... weiter lesen
Stuttgart (jur). Jobcenter müssen für die Anschaffung und Haltung eines Hundes zur Pflege sozialer Kontakte keine Kosten in Form eines Mehrbedarf übernehmen. Auch wenn der Vierbeiner eine Art sozialer Unterstützung sowie Familienersatz bieten und für die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur hilfreich sein kann, ist die Anschaffung eines „Begleithundes“ kein unabweisbarer, besonderer Bedarf, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am Freitag, 28. Juli 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: L 9 AS 2274/22). Die Hundehaltung gehöre nicht zu dem vom Jobcenter zu gewährleistenden Existenzminimum, erklärten die Stuttgarter Richter. Der ... weiter lesen
Kassel (jur). Die Rückforderung einer überzahlten Rente nach dem Tod eines Versicherten ist nach vier Kalenderjahren verjährt. Dabei fängt die Verjährungsfrist bereits ab dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem der für die Auszahlung der Renten in Deutschland zuständige Renten Service der Deutschen Post AG von der Überzahlung erfährt, stellte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Donnerstag, 27. Juli 2023, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag klar (Az.: B 5 R 18/21 R). Der Rentenversicherungsträger müsse sich die Kenntnis des Renten Services zurechnen lassen und könne daher nicht darauf verweisen, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist allein rauf die ... weiter lesen
Berlin (jur). Sehbehinderte Menschen haben grundsätzlich Anspruch auf Zugang zu hochwertigen unterstützenden Technologien wie einem mobilen elektronischen Vorlesegerät. Dies hat das Sozialgericht Berlin in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 4. April 2023 entschieden und einer nahezu blinden Frau das mobile Vorlesesystem OrCam MyEye 2.0 als Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich zugesprochen (Az.: S 210 KR 1573/21). Die Klägerin ist fast blind und nutzte bisher eine elektronisch vergrößernde Lupe, um Texte erkennen zu können. Da die Lupe für sie mittlerweile unbrauchbar geworden war und sie auch damit nichts mehr erkennen konnte, beantragte ... weiter lesen
Kassel (jur). Pflegekräfte können mit der Gründung eines Ein-Personen-Unternehmens nicht ihre eigene Sozialversicherungspflicht umgehen. Das hat am Donnerstag, 20. Juli 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu zwei Krankenpflegern in Sachsen und Hessen entschieden (Az.: B 12 BA 1/23 R und B 12 R 15/21 R). Danach sind auch dann die abgeschlossenen Verträge und deren konkrete Umsetzung maßgeblich. Den Gründen nach gilt dies auch für andere Bereiche, etwa Paketfahrer oder Reinigungskräfte. In den vom BSG entschiedenen Fällen sind beide Kläger ausgebildete Krankenpfleger. Der erste war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer von ihm ... weiter lesen
Essen (jur). Kann eine Sozialhilfebezieherin aus gesundheitlichen und sprachlichen Gründen keine günstigere, angemessene Wohnung finden, dürfen Sozialhilfebehörden die zu übernehmenden Unterkunftskosten nicht einfach kürzen. Der Sozialhilfeträger ist dann vielmehr verpflichtet, die Frau bei der Wohnungssuche zu unterstützen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 15. Dezember 2022 (Az.: L 9 SO 429/21 ). Die Essener Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu. Die 1951 in Georgien geborene und auf Sozialhilfe angewiesene Klägerin kam ... weiter lesen
Darmstadt (jur). Eine Yoga-Kursleiterin vermittelt Wissen und ist deshalb als Lehrerin rentenversicherungspflichtig. Bei einem Yoga-Coach handele es sich nicht um eine versicherungsfreie, rein beratende Tätigkeit, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Mittwoch, 28. Juni 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 2 R 214/22). Die 1956 geborene Klägerin aus dem Landkreis Bergstraße hatte an Volkshochschulen Yogakurse gegeben und dafür ein monatliches Einkommen von 200 Euro erzielt. Als sie nach ihrer Scheidung den Umfang ihrer selbstständigen Tätigkeit erhöhte, war sie nicht mehr geringfügig tätig. Die Deutsche ... weiter lesen
Hannover (jur). Jobcenter dürfen Langzeitarbeitslose bei besonders stark gestiegenen Heizkosten nicht im Stich lassen. Beruhen die höheren Heizkosten nicht auf einem unwirtschaftlichen und unangemessenen Heizverhalten, sondern auf stark gestiegenen Heizölpreisen, muss die Behörde die tatsächlichen Heizkosten übernehmen, entschied das Sozialgericht Hannover in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 17. Mai 2023 (Az.: S 38 AS 1052/22). Im konkreten Fall ging es um einen alleinstehenden Hartz-IV-Bezieher, der sein 120 Quadratmeter großes Eigenheim zur Hälfte selbst bewohnt. Für die Heizperiode von Oktober 2021 bis April 2022 waren bei ihm Heizkosten in Höhe ... weiter lesen
Kassel (jur). Freiwillige Feuerwehrleute können sich eine Hepatitis-B-Infektion als Berufskrankheit anerkennen lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass bei ihren Einsätzen wie Retten, Löschen, Bergen und Schützen eine konkrete höhere Infektionsgefahr besteht - etwa wegen des Austausches von Körperflüssigkeiten, urteilte am Donnerstag, 22. Juni 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 2 U 9/21 R). Im konkreten Fall ist der im Moselraum lebende Kläger seit vielen Jahren Mitglied, Wehrführer und Bergretter der Freiwilligen Feuerwehr. Er hatte eine Spezialausbildung zur Bergrettung absolviert, da an der Mosel viele Freizeitsportler an einem Klettersteig ... weiter lesen
Kassel (jur). Frühere Hartz-IV- und jetzige Bürgergeldempfänger können auch bei einem vermeintlich zu großen, selbst bewohnten Eigenheim die angemessenen Kosten für den Erhalt der Unterkunft auf das Jobcenter abwälzen. Auch dann können notwendige Dachreparaturkosten übernommen werden, sofern diese Kosten angemessen sind und auch die Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten insgesamt nicht überschritten wird, urteilte am Mittwoch, 21. Juni 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 7 AS 14/22 R). Im Streitfall ging es um einen früheren Hartz-IV-Bezieher aus dem brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße. 2017 bewohnte er ein eigenes Haus mit ... weiter lesen
Halle (jur). Wenn Security-Firmen Ordner für Großveranstaltungen engagieren, sind diese in der Regel nicht selbstständig tätig. Gegenteilige „Engagementverträge“ seien ein „Etikettenschwindel zur Verschleierung des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses“, wie das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in einem am Dienstag, 20. Juni 2023, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: L 3 BA 6/19). Daher müsse der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Geklagt hatte eine Security-Firma, die ihre Mitarbeiter in Fußballstadien, Festzelten oder auch Diskotheken eingesetzt hat. Dort kontrollierten sie die Eintrittskarten, lenkten die Besucherströme und ... weiter lesen
Kassel (jur). Bescheide von Sozialbehörden sind auch „ab Bekanntgabe“ beim Empfänger wirksam. Es ist nicht erforderlich, dass ein Versorgungsamt für die Herabsetzung eines Grades der Behinderung (GdB) ein konkretes Datum nennt, ab wann dies gelten soll, urteilte am Donnerstag, 15. Juni 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 9 SB 3/22 R). Nach einer Krebserkrankung hatte das Versorgungsamt dem aus dem Land Brandenburg stammenden Kläger einen GdB von 80 zuerkannt. Nach Ende der sogenannten Heilungsbewährung, bei einer Krebserkrankung sind dies regelmäßig fünf Jahre, wird noch einmal geprüft, ob die Voraussetzungen für einen GdB weiter ... weiter lesen
Celle (jur). Zwar sollen die gesetzlichen Krankenkassen ihre Mitglieder unterstützen, wenn sie Schadenersatzansprüche aus einem mutmaßlichen Behandlungsfehler geltend machen wollen. Doch hält der Medizinische Dienst die Sache für aussichtslos, können Versicherte nicht noch ein weiteres Gutachten auf Kosten der Krankenkasse verlangen, wie das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag, 12. Juni 2023, bekanntgegebenen Beschluss entschied (Az.: L 16 KR 432/22). Es wies damit einen 57-jährigen Mann ab, bei dem vor vier Jahren aufgrund einer Vorhautverengung eine Beschneidung durchgeführt wurde. Er gibt an, dass er seitdem an Impotenz und ... weiter lesen
München (jur). Schülerinnen und Schüler sind während des Schulunterrichts zu Hause unfallversichert. Voraussetzung ist, dass die Lehrkraft während des Homeschoolings jederzeit einzelne Anweisungen zum Bedienen der Geräte geben und mit den Schülern in Kontakt treten kann, entschied das Sozialgericht München in einem am Montag, 12. Juni 2023, bekanntgegebenen, noch nicht rechtskräftigen Urteil (Az.: S 9 U 158/22). Das Homeschooling sei dann in gleicher Weise versichert, wie die Arbeit im Homeoffice oder in einem Betrieb. Im konkreten Fall ging es um eine Schülerin, deren Schulunterricht im April 2021 wegen der Coronapandemie nur online als Videokonferenz ... weiter lesen
Die Bedarfsgemeinschaft ist ein zentraler Begriff im Sozialrecht und bezieht sich auf eine Gemeinschaft von Menschen, die zusammenleben und gemeinsam wirtschaften. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Berechnung von Sozialleistungen, insbesondere im Bereich des Bürgergelds, da der Bedarf unter Einbeziehung des Einkommens und Vermögens ermittelt wird. Sie kann sich aus einer oder mehreren Personen zusammensetzen, von denen mindestens ein Mitglied erwerbsfähig und leistungsberechtigt im Sinne des SGB sein muss . Was ist eine Bedarfsgemeinschaft? Von einer Bedarfsgemeinschaft ist auszugehen, wenn Menschen zusammenleben, gemeinsam wirtschaften und eine ... weiter lesen
Essen (jur). Jobcenter müssen ihre Bescheide an Langzeitarbeitslose nicht auf Wunsch in niederdeutscher oder plattdeutscher Sprache verfassen. Zwar schützt die „Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“ eine Regionalsprache, ein Anspruch auf Abfassung der Jobcenter-Bescheide in Plattdeutsch als Teil des Niederdeutschen ergibt sich daraus aber nicht, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 8. September 2022 (Az.: L 7 AS 1360/21). Der aus dem Raum Detmold stammende Kläger hatte 2017 Hartz-IV-Leistungen erhalten. Das Jobcenter wies ihm mit Bescheid vom 20. Februar 2017 ... weiter lesen
Celle (jur). Hartz-IV- und Bürgergeld-Bezieher müssen bei vorsätzlich verschwiegenen Kapitallebensversicherungen ihre sämtlichen erhaltenen Hilfeleistungen wieder zurückzahlen. Da hier eine Frau wegen Vermögens nicht hilfebedürftig war, könne das Jobcenter das gezahlte Arbeitslosengeld II wieder zurückfordern, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag, 15. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 11 AS 221/22). Dabei komme der Vermögensfreibetrag nicht zur Anrechnung. Im Streitfall ging es um eine 1958 geborene Frau aus dem Landkreis Celle, die seit 2013 Grundsicherungsleistungen bezog. Dass sie über zwei ... weiter lesen