München (jur). Droht Ärzten wegen des Überschreitens der vorgeschriebenen Richtgrößen für Arznei-, Verband- und Heilmitteln eine Honorarrückforderung der Kassenärztlichen Vereinigung, dürfen sie in ihrer Steuererklärung gewinnmindernde Rückstellungen bilden. Dies ist dann möglich, wenn die Verordnungen das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 Prozent überschritten haben, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am Mittwoch, 6. Mai 2015, veröffentlichten Urteil in München (Az.: VIII R 13/12).
Damit bekamen zwei Ärzte recht, die zusammen eine Praxisgemeinschaft betrieben haben. Mit ihrem Jahresabschluss 2002 befürchteten die Ärzte, dass die Kassenärztliche Vereinigung Honorare zurückfordert. Grund war eine Überschreitung der Verschreibungsrichtgrößen bei Arznei-, Verband- und Heilmitteln pro Quartal um 216 Prozent, 198 Prozent, 169 Prozent und 195 Prozent.
Nach dem Sozialgesetzbuch ist bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 Prozent eine Rückforderung in Höhe des Mehraufwandes an die Krankenkasse vorgegeben. Zuvor muss der Prüfungsausschuss dies feststellen.
Die Ärzte legten wegen der drohenden Honorar-Rückerstattung in ihrer Steuererklärung eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe von 135.000 Euro an, da es sich um „ungewisse Verbindlichkeiten“ handele. Die Behörde löste die Rückstellungen wieder auf, so dass diese als Gewinn berücksichtigt wurden.
Das Finanzgericht Bremen hielt dieses Vorgehen noch für korrekt.
Der BFH hob diese Entscheidung in seinem Urteil vom 5. November 2014 aber nun auf. Honorarerstattungen seien beim Überschreiten der Richtgrößen um mehr als 25 Prozent gesetzlich vorgegeben. Hier seien die Richtgrößen sogar weit darüber überschritten worden, so dass entsprechende Rückstellungen angelegt werden können.
Ein eingeleitetes Prüfverfahren reiche aus, um eine „Rückzahlungsverpflichtung als hinreichend wahrscheinlich anzusehen“ und um damit eine Rückstellung begründen zu können, so der BFH. Dies sei hier der Fall gewesen. Die förmliche Feststellung des Überschreitens der Richtgrößen oder die Anhörung der betroffenen Ärzte müsse nicht vorgeschaltet gewesen sein.
Ob die Höhe der Rückstellungen im Streitfall richtig war, muss nun das Finanzgericht noch einmal prüfen.
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