Hamm (jur). Schlägt der Ehepartner eines Verstorbenen dessen Alleinerbe aus, geht dies an die gesetzlichen Erben des Toten. Ob die Eheleute in einem gemeinsamen Testament andere sogenannte Schlusserben bestimmt hatten, spielt dann keine Rolle mehr, wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem am 24. April 2014 bekanntgegebenen Beschluss vom 14. März 2014 entschied (Az.: 15 W 136/13). Betroffen hiervon sind Patchworkfamilien.
Häufig bestimmen Ehepaare, dass nach dem Tod eines Partners das gemeinsame Vermögen zunächst komplett dem Anderen zur Verfügung stehen soll. Der Ehepartner ist zunächst sogenannter Alleinerbe des Verstorbenen. Erst nach dem Tod auch des anderen Ehepartners wird das Vermögen unter den Kindern als „Schlusserben“ aufgeteilt.
In Patchworkfamilien besteht dann die Besonderheit, dass die testamentarischen Schlusserben gegebenenfalls Nachkomme und daher auch gesetzlicher Erbe nur eines Ehepartners sind. Einen gesetzlichen Erbanspruch auf das Vermögen des Stiefelternteils haben sie nicht.
So verhielt es sich auch im Streitfall: Nach dem gemeinsamen Testament der Ehepartner sollte der Hinterbliebene zunächst Alleinerbe des Erstverstorbenen sein. Nach dessen Tod sollte das Vermögen an die Tochter des Mannes aus erster Ehe sowie an einen Neffen der Frau gehen.
Als 2012 der Mann im Alter von 83 Jahren starb, schlug aber die Frau ihr Alleinerbe aus. Daraufhin beanspruchte die Tochter des Mannes die gesamte Erbschaft für sich. Der Neffe der Frau dagegen meinte, ihm stehe die Hälfte zu. Als testamentarischer Schlusserbe sei er nun „Ersatzerbe“ für seine Tante.
Das OLG Hamm gab der Tochter recht. In ihrem gemeinsamen Testament seien die Eheleute davon ausgegangen, dass der Hinterbliebene zunächst das Alleinerbe annimmt. Dies habe die Frau hier aber nicht getan.
Als rechtliche Folge habe die Frau die alleinige Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen zurückgewonnen, betonte das OLG. Für die Tochter des Mannes aus erster Ehe gebe es daher keine bindende Sicherheit mehr, dass sie am Erbe der Stiefmutter beteiligt wird. In dieser Situation sei nicht davon auszugehen, dass trotzdem der Neffe seiner zweiten Ehefrau die Hälfte seines Vermögens bekommt.
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