Luxemburg (jur). Das Verbot der Doppelbestrafung greift erst dann, wenn der Straftäter sämtliche in einem anderen Land verhängte Sanktionen verbüßt hat. Nach einem am Dienstag, 27. Mai 2014, verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg darf Deutschland einen mutmaßlichen Betrüger nochmals vor Gericht bringen (Az.: C-129/14). Der Mann war bereits in Italien verurteilt worden, hatte aber nur eine Geldstrafe bezahlt, nicht aber die dort ebenfalls verhängte Freiheitsstrafe abgesessen.
Dem Mann aus Serbien wird bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. 2009 soll er in Mailand bei einer Privatperson aus Deutschland 40.000 Euro eingewechselt und dabei gegen kleine Scheine gefälschte 500-Euro-Noten abgegeben haben.
In Mailand wurde er deswegen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 800 Euro verurteilt. Er bezahlte die Geldstrafe, hat die Freiheitsstrafe aber nie verbüßt. Wegen anderer Delikte war der Serbe später in Österreich in Haft und wurde danach nach Deutschland ausgeliefert.
Hier ist er seit Ende 2013 in Untersuchungshaft und soll erneut wegen des Betrugs in Mailand vor Gericht. Dagegen macht er geltend, dies laufe auf eine unzulässige Doppelbestrafung hinaus. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg legte den Fall daher dem EuGH vor.
Hintergrund ist das 1995 in Kraft getretene Schengener Abkommen. Neben den bekannten offenen Grenzen ist dort auch ein Verbot doppelter Bestrafung verankert.
Wie nun der EuGH betont, steht dies laut Abkommen aber ausdrücklich unter einer „Vollstreckungsbedingung“. Das Verbot der Doppelbestrafung greife danach nur, wenn „die Sanktion“ eines anderen Landes bereits vollstreckt worden ist oder gerade vollstreckt wird. Dies solle sicherstellen, dass Straftäter nicht jeglicher Strafe entgehen können, indem sie vor der Vollstreckung in ein anderes Land gehen.
Dass hier nicht eine, sondern zwei Sanktionen verhängt wurden, ändere daran nichts. Die bloße Zahlung der Geldstrafe bedeute nicht, dass die italienische Sanktion bereits vollstreckt sei. Bei mehreren Hauptstrafen reiche die Vollstreckung einer Teilstrafe, hier der Geldstrafe, nicht aus. Andernfalls könne die „Vollstreckungsbedingung“ ihren Zweck nicht erfüllen, betonten die Luxemburger Richter.
Die Grundrechte-Charta der EU, in der das Verbot der Doppelbestrafung ebenfalls verankert ist, werde dadurch nicht verletzt, so der EuGH weiter. Die Charta nehme ausdrücklich auf das Schengener Abkommen Bezug. Die dort enthaltene „Vollstreckungsbedingung“ schränke das Verbot der Doppelbestrafung sinnvoll und rechtmäßig ein.
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