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Mutterschutz nach Fehlgeburt​ - Was gilt ab wann in Deutschland?

Redaktion fachanwalt.de  •  Zuletzt bearbeitet am: 05.03.2025

Der Bundesrat hat am 14. Februar 2025 eine Revision des Mutterschutzgesetzes verabschiedet, die betroffenen Frauen bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche einen gestaffelten Mutterschutz gewährt. Diese Reform schließt eine relevante Lücke im Arbeitsrecht und berücksichtigt die vielschichtigen Bedürfnisse der Betroffenen. Gleichzeitig verdeutlicht sie das wachsende gesellschaftliche Bewusstsein für die körperlichen und seelischen Herausforderungen, die mit einer Fehlgeburt verbunden sind.

Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburt: Ab wann und wie lange?

Mutterschutz nach Fehlgeburt (© photok – stock.adobe.com)
Mutterschutz nach Fehlgeburt (© photok – stock.adobe.com)
Die Reform des Mutterschutzgesetzes sieht verschiedene Schutzfristen vor, die der zunehmenden körperlichen und psychischen Belastung während der Schwangerschaft Rechnung tragen:

  • Ab der 13. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von bis zu zwei Wochen.
  • Ab der 17. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von bis zu sechs Wochen.
  • Ab der 20. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von bis zu acht Wochen.

Für betroffene Frauen bedeutet dies mehr Raum für persönliche Bedürfnisse und den Trauerprozess. Sie können selbst entscheiden, ob sie die volle Schutzzeit in Anspruch nehmen oder ihre Tätigkeit früher wiederaufnehmen möchten. Diese Flexibilität ist ein entscheidender Schritt in Richtung Selbstbestimmung, da Frauen so den für sie passenden Zeitpunkt wählen können.

Weitere Neuerungen im Mutterschutzgesetz

Neben den gestaffelten Schutzfristen führt die Gesetzesänderung weitere Neuerungen ein:

  • Frauen in einem Angestelltenverhältnis entscheiden eigenständig, ob sie die Schutzfristen beanspruchen.
  • Bei einer Totgeburt ab der 24. Schwangerschaftswoche gilt eine einheitliche Schutzfrist von 14 Wochen.
  • Selbstständige mit freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Bundesbeamtinnen und Soldatinnen sind von der Neuregelung erfasst.
  • In einem zweiten Schritt soll auch die Einbeziehung von Selbstständigen mit privater Krankenversicherung erfolgen.
  • Während der Schutzfristen besteht ein Anspruch auf Mutterschaftsleistungen, deren Dauer an die jeweilige Schutzfrist gekoppelt ist.
  • Arbeitgeber können über die Umlageversicherung U2 eine Kostenerstattung für den Mutterschutz erhalten.

Die neuen Bestimmungen reflektieren einen zunehmenden Fokus auf medizinische und psychologische Erkenntnisse. Sie sollen das bestehende Arbeitsrecht so ergänzen, dass Frauen in belastenden Situationen nicht nur formell, sondern auch praktisch Unterstützung erfahren.

Bisherige Rechtslage

Bislang galt der gesetzliche Mutterschutz nur für Frauen, die ihr Kind nach der 24. Schwangerschaftswoche verloren haben. Diese Regelung war verbunden mit einer erheblichen Lücke im Schutz von Frauen, die früh in der Schwangerschaft eine Fehlgeburt erlitten. Schätzungen zufolge erlebt jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens eine Fehlgeburt, was die Dringlichkeit einer umfassenderen Regelung unterstreicht,

In Deutschland kommt es jährlich zu etwa 90.000 Fehlgeburten, wovon etwa 6.000 zwischen der 13. und 24. Schwangerschaftswoche auftreten. Bisher waren betroffene Frauen auf eine Krankschreibung angewiesen, um sich von diesem einschneidenden Erlebnis zu erholen. Die neue Gesetzgebung erkennt nun an, dass Frauen nach einer Fehlgeburt einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Verlusts.

Begriffliche Klarstellung zur Fehlgeburt

Gesetzlich wird eine Fehlgeburt als Beendigung einer Schwangerschaft definiert, bei der das Kind weniger als 500 Gramm wiegt oder die 24. Schwangerschaftswoche noch nicht erreicht ist. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Eine Fehlgeburt unterliegt keiner standesamtlichen Meldepflicht.
  • Seit 2013 können Eltern freiwillig eine Bescheinigung vom Standesamt anfordern.
  • Bei Mehrlingsgeburten wird eine Fehlgeburt als totgeborenes Kind registriert, wenn mindestens ein weiteres Kind lebend- oder totgeboren wird.

Diese Regelungen sollen den besonderen Umständen einer Fehlgeburt gerecht werden und erleichtern betroffenen Frauen die Inanspruchnahme bestimmter Leistungen. Zugleich ergeben sich daraus arbeits- und sozialrechtliche Fragen, auf die die Gesetzesnovelle versucht, angemessen zu reagieren.

Unterschiede Fehlgeburt – Totgeburt

Eine Fehlgeburt bedeutet den Verlust eines Kindes in einem frühen Stadium der Schwangerschaft, bevor die 24. Woche erreicht ist. In diesem Moment wiegt das kleine Wesen oft weniger als 500 Gramm und hatte nicht die Möglichkeit, das Leben außerhalb des Mutterleibs zu erfahren.

Wenn ein Kind mit einem Gewicht von mindestens 500 Gramm still zur Welt kommt – sei es im Mutterleib oder während der Geburt –, spricht man von einer Totgeburt.

Psychologische Unterstützung nach Fehlgeburten

Unterstützung für Betroffene (© Prostock-studio – stock.adobe.com)
Unterstützung für Betroffene (© Prostock-studio – stock.adobe.com)
Eine Fehlgeburt kann für viele Frauen eine tiefgreifende seelische Belastung bedeuten, die über den medizinischen Aspekt hinausgeht. Psychotherapie bietet hier einen professionellen Rahmen, in dem Trauerbewältigung, Selbstvorwürfe oder Versagensgefühle aufgearbeitet werden können. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, das soziale Umfeld einzubinden und den Prozess der Verarbeitung konstruktiv zu gestalten. Darüber hinaus stehen weitere Unterstützungsangebote zur Verfügung:

  • Hebammenbetreuung ab der 18. Schwangerschaftswoche, die auch nach einer Fehlgeburt wertvolle Hilfe leisten kann.
  • Achtsamkeitstechniken, die Betroffenen helfen, den Fokus auf den aktuellen Moment zu lenken und sich von belastenden Gedanken zu lösen.
  • Familienberatungsstellen, die langfristige Begleitung und psychosoziale Beratung anbieten.
  • Selbsthilfegruppen oder Trauergruppen, in denen ein Austausch mit anderen Betroffenen möglich ist.

Das soziale Umfeld spielt eine wichtige Rolle: Angehörige und Freunde sollten empathisch agieren und die nötige Zeit zur Bewältigung des Verlusts respektieren.

Tipp
Fachanwalt.de-Tipp: Ein wichtiger Tipp für Arbeitnehmerinnen, die von einer Fehlgeburt betroffen sind, ist es, frühzeitig mit ihrem Arbeitgeber über ihre Situation zu sprechen und die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen zu besprechen. Der offene Austausch kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle verfügbaren Ressourcen und Regelungen optimal genutzt werden können. Darüber hinaus sollten Arbeitnehmerinnen sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei es durch Psychotherapie, Hebammenbetreuung oder andere Beratungsangebote, um ihre seelische Gesundheit zu unterstützen.

Worauf Arbeitgeber achten sollten

Ab dem 1. Juni 2025 sind Unternehmen dazu verpflichtet, die neuen Regelungen in ihre Personalpolitik zu integrieren. Wichtige Punkte:

  • Über die Umlageversicherung U2 lassen sich die Kosten für den erweiterten Mutterschutz erstatten.
  • Personalprozesse sollten an die neuen Vorgaben angepasst werden, damit betroffene Mitarbeiterinnen ihre Schutzfristen reibungslos nutzen können.
  • Ein respektvolles und einfühlsames Vorgehen ist erforderlich, insbesondere wenn Mitarbeiterinnen nicht sofort von ihrem Recht Gebrauch machen möchten.
  • Durch gezielte Schulungen kann das Führungspersonal für die schwierige Situation sensibilisiert werden und ein unterstützendes Umfeld fördern.

Letztlich geht es darum, Trauerbewältigung und berufliche Verpflichtungen in einen angemessenen Einklang zu bringen. Eine wertschätzende Unternehmenskultur stärkt das Vertrauensverhältnis und kann helfen, betroffene Frauen in dieser Phase zu begleiten.

Tipp
Fachanwalt.de-Tipp: Durch ein integriertes Konzept, das sowohl rechtliche als auch gesundheitliche Aspekte abdeckt, kann ein nachhaltiger und mitfühlender Ansatz zur Bewältigung der Herausforderungen nach einer Fehlgeburt für Mitarbeiterinnen geschaffen werden.

Wie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen kann

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann betroffene Frauen und Arbeitgeber gleichermaßen unterstützen. Zu seinen Aufgaben zählen:

  • Individuelle Beratung rund um Mutterschutz und Fehlgeburten, einschließlich der Durchsetzung von Ansprüchen wie Mutterschaftsgeld oder Kündigungsschutz.
  • Vermittlung in Konfliktsituationen, beispielsweise wenn es Unstimmigkeiten über Arbeitszeiten oder Tätigkeitsanpassungen gibt.
  • Prüfung von Arbeitsverträgen und Elternzeitvereinbarungen.
  • Beratung von Arbeitgebern zur rechtssicheren Gestaltung ihrer Personalprozesse.
  • Abklärung von Wechselwirkungen mit angrenzenden Rechtsgebieten, etwa dem Sozialrecht.

In vielen Fällen ermöglicht ein spezialisierter Anwalt eine fundierte Bewertung der Situation und verringert das Risiko unnötiger Auseinandersetzungen.

Zusammenfassung

Die Reform des Mutterschutzgesetzes für Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer sensibleren Arbeitswelt dar. Durch gestaffelte Schutzfristen erhalten Frauen mehr Selbstbestimmung und können ihren individuellen Bedürfnissen besser gerecht werden. Arbeitgeber profitieren von klaren Leitlinien, die Sicherheit für beide Seiten gewährleisten und gleichzeitig Empathie fördern.

Indem das Thema Fehlgeburt auch in der rechtlichen Sphäre stärker verankert wird, kann langfristig ein öffentlicher Diskurs entstehen, der Schamgefühle und Stigmatisierungen abbaut. Ob weitere Nachbesserungen – beispielsweise für selbstständig Tätige oder zusätzliche psychologische Angebote – vorgenommen werden, wird sich im Praxisalltag zeigen. Dennoch markiert diese Gesetzesänderung einen wesentlichen Fortschritt, der das Zusammenspiel von staatlicher Regulierung, betrieblicher Fürsorge und persönlicher Lebenssituation auf eine neue Grundlage stellt.


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