Schichtarbeit und Nachtarbeit sind im Arbeitsleben unverzichtbar geworden. Neben klassischen Berufen wie Krankenpflege, Polizei, Notdienste, der Industrie, sind eine Menge neuer Berufsmodelle mit hoher Anforderung an die zeitliche Flexibilität entstanden. Ob Call-Center, Handel oder Dienstleistung: Nachtarbeit und Schichtarbeit sind unverzichtbare Teile flexibler Arbeitszeitgestaltung. Regeln, Ansprüche, Formen und Modelle, alles zusammengefasst in diesem Artikel.
- 1. Nachtarbeit und Schichtarbeit - Definition
- 2. Nachtarbeit und Schichtarbeit - Regelungen im Arbeitsrecht
- 2.1. Arbeitszeit bei Nachtarbeit / Schichtarbeit
- 2.2. Wer darf keine Nachtarbeit leisten?
- 2.3. Anspruch auf Nachtzuschlag bzw. Schichtzulage
- 3. Formen und Modelle
- 4. Vor- und Nachteile für Arbeitgeber
- 5. Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer
- 6. FAQ zur Nachtarbeit und Schichtarbeit
- 6.1. Was ist Nachtarbeit und Schichtarbeit?
- 6.2. Welche Regelungen gibt es für Nachtarbeit und Schichtarbeit?
- 6.3. Welche Ausnahmen gibt es für Nachtarbeit?
- 6.4. Welche Rechte haben Arbeitnehmer*innen bei Nachtarbeit und Schichtarbeit?
- 6.5. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Regelungen zur Nachtarbeit und Schichtarbeit?
- 6.6. Gibt es besondere Regelungen für schwangere Arbeitnehmerinnen?
- 6.7. Welche Rolle spielen Tarifverträge bei Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Nachtarbeit und Schichtarbeit - Definition
Dienstplan: Schichtarbeit (© andyller / fotolia.com)Nacht- und Schichtarbeitsmodelle verlängern die tägliche Betriebszeit, da Arbeitsplätze zu unterschiedlichen Zeiten mehrfach besetzt werden. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, sind eine Anzahl von unterschiedlichen Systemen geschaffen worden:
- Wechselschicht-Systeme (festgelegte, wechselnde Zeiten)
- Dauernachtschicht
- Systeme mit oder ohne Nachtschicht
- Kontinuierliche Systeme mit Nacht- und Wochenendarbeit
- Diskontinuierliche Systeme ohne Nacht- oder Wochenendarbeit
Nicht unter den Begriff Schichtarbeit fallen die „flexiblen Arbeitszeitsysteme“ wie Gleitzeit, Abrufarbeit, Zeitkonten-Systeme, Kurzzeit und dgl. mehr.
Nachtarbeit und Schichtarbeit - Regelungen im Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht ist ein Regelwerk, dass die Gesundheit von Arbeitgebern im Fokus hat. Andauernde Nachtarbeit / Schichtarbeit, ein Arbeitsleben gegen die innere Uhr, kann auf Dauer gesundheitsschädlich sein. Deshalb sind besonders bei Schichtmodellen, die Regelungen und Gesetzesvorgaben streng. Die wichtigsten gesetzlichen Regeln, für die beiden Arbeitszeitmodelle, finden sich vor allem im Arbeitszeitgesetz (ArbG), im Mutterschutzgesetz (MuSchG) und dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). In allen Gesetzesstellen wird man den Begriff „Schichtarbeit“ vermissen, denn diese ist in keinem Gesetz definiert, unterliegt aber dem Regelwerk des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und findet sich in der EU-Richtlinie 93/104/EG wieder.
Arbeitszeit bei Nachtarbeit / Schichtarbeit
Das Arbeitszeitgesetz definiert im § 2 Abs.1 die Arbeitszeit als jene Zeit, vom Beginn bis zum Ende der Arbeit, abzüglich der Pausen. Für Nacht- und Schichtarbeit sind zwei Begrifflichkeiten von Bedeutung:
- Nachtzeit, ist die Zeit von 23:00 bis 06:00 Uhr (§ 2 Abs.3 ArbZG).
- Nachtarbeit, verrichtet ein Arbeitnehmer, wenn er innerhalb der Nachtzeit mindestens zwei Stunden arbeitet (§ 2 Abs. 4 ArbZG).
Die gesetzlichen Regelungen für Nachtarbeiter gelten, wenn ein Arbeitnehmer regelmäßig in Wechselschicht oder an mindestens 48 Tagen im Jahr, mindestens zwei Stunden Nachtarbeit verrichtet (§ 2 Abs. 5 ArbZG). Alle sonstigen Regelungen des ArbZG bleiben ebenso für Nachtarbeiter aufrecht:
- keine Überschreitung der täglichen Arbeitszeit (8 Stunden)
- im Ausnahmefall bis zu 10 Stunden (Durchschnitt muss im Zeitraum von 4 Wochen wieder erreicht werden)
Wer darf keine Nachtarbeit leisten?
Nachtarbeit und Schichtarbeit (© Reinald Döring / fotolia.com)Die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Mutterschutzgesetzes schließen die Nachtarbeit aus:
- für werdende und stillende Mütter im Zeitraum von 20:00 bis 06:00 Uhr (MuSchG)
- für Jugendliche (14 bis 18 Jahre) im Zeitraum 20:00 bis 06:00 Uhr (JArbSchG)
Ab 1.1.2018 gibt es für werdenden Mütter die Möglichkeit auf eigenen Wunsch bis 22 Uhr zu arbeiten, wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Für Jugendliche gelten in vielen Branchen Ausnahmen, wenn sie das 16. Lebensjahr erreicht haben.
Anspruch auf Nachtzuschlag bzw. Schichtzulage
Für die Besonderheiten dieser Arbeitszeitmodelle stehen den Arbeitnehmern zusätzliche Vergütungen in Form von Zulagen und Zuschlägen zu:
- Schichtzulage wird dem vereinbarten Grundlohn / Grundentgelt angerechnet. Die Höhe der Schichtzulage ist im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt.
- Nachtzuschläge sind im Arbeitszeitgesetz geregelt. Für den Arbeitgeber besteht die Pflicht die Nachtarbeit auszugleichen.
- Nachtarbeit kann in Form eines angemessenen Freizeitausgleichs abgegolten werden (in den meisten Fällen ist dies in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag geregelt) oder in Form eines Zuschlags, der – abhängig von der Uhrzeit – im Ausmaß 25 und 40 Prozent des Stundenlohnes (Brutto), dem Arbeitslohn zugerechnet wird.
- Jede regelmäßige, mehr als 2-stündige Arbeit, die zwischen 23:00 und 06:00 Uhr ausgeübt wird, begründet den Anspruch auf Nachtzuschlag (in Bäckereien beträgt der Zeitraum 22:00 bis 05:00 Uhr).
Formen und Modelle
Die vom Markt und der Wirtschaft geforderte Flexibilität von Betrieben und Arbeitgebern, führt naturgemäß zu einer breiten Palette an möglichen Schichtmodellen. Abhängig von Faktoren wie:
- notwendige Betriebszeiten,
- Anzahl der benötigten Personen mit den entsprechenden fachlichen Kompetenzen,
- generellen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes
wird die individuelle Ausgestaltung des Schichtmodells erfolgen. Hinzu kommt, dass der Schichtplan sozial- und gesundheitsverträglich gestaltet werden soll. Solche Schichtmodelle müssen genau implementiert werden. Die Begleitung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht ist in jedem Fall zu empfehlen. Die Varianten von Schichtmodellen, werden abgeleitet von:
- Vollkontinuierlichen Schichtmodellen: der Betrieb oder die Abteilung ist an 7 Tagen, rund um die Uhr, produktiv. Die Bausteine dieses Modells sind Früh-, Spät-, Nacht- und Tagschichten, den Erfordernissen des Betriebes entsprechend
- Teilkontinuierlichen Schichtmodellen mit freiem Wochenende (Montag bis Freitag auf 15 Schichten verteilt)
- Teilkontinuierlichen Schichtmodellen an 7 Tagen in der Woche ohne Nachtarbeit
Vor- und Nachteile für Arbeitgeber
Zulagen & Zuschläge (© zerbor / fotolia.com)Ein Betrieb, mit einer Produktion, die Schichtarbeit in unterschiedlichen Varianten erfordert, ist mit wirtschaftlichen Überlegungen konfrontiert. Neben den technisch – organisatorischen Herausforderungen, sprechen einige gewichtige Vorteile für die Schichtarbeit.
Vorteile für Arbeitgeber
- Die Betriebszeiten werden ausgedehnt, die unproduktive Zeit auf ein Minimum reduziert.
- Im Dienstleistungsbereich erhöht sich die Servicequalität für die Kunden.
- In der Produktion werden die Stückkosten gesenkt, weil die Maschinen besser ausgenutzt werden.
- Standzeiten werden durch geringere Anlauf- und Rüstzeiten minimiert.
- Hohe Flexibilität bei der Reaktion auf Marktschwankungen
Nachteile für Arbeitgeber
- Kosten steigen wegen erhöhter Arbeitslohnkosten.
- gesundheitliche Belastung für Arbeitnehmer
- geringere Attraktivität am Arbeitsmarkt, gegenüber Betrieben mit reiner Tagesarbeit
- Im Vergleich mit flexibleren Modellen, wie bspw. Arbeitszeitkonten, sind Schichtmodelle relativ starr.
- Erfordernis einer hohen Personalanzahl, in Betrieben mit wenig Personal sind Schichtpläne wenig effektiv (Urlaub, Krankenstand, Zeitausgleich).
- besonderer Aufwand für die Arbeitsvorbereitung
Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer
Aus der Sicht der Beschäftigten sind Vor- und Nachteile anders bewertet:
Vorteile für Arbeitnehmer
- Andere freie Zeiten bieten mehr Möglichkeiten (Behördengänge, Sport, etc.).
- positive Auswirkungen auf das Familienleben
- Möglichkeit des Mehrverdienstes durch Zulagen und Zuschläge
Nachteile für Arbeitnehmer
- Längere kontinuierliche Schichtarbeit kann gesundheitliche Probleme verursachen.
- Das soziale Umfeld kann darunter leiden, negative Auswirkungen auf das Familienleben sind möglich.
- Freizeit und Kultur sind nur in eingeschränktem Maß möglich.
Fachanwalt.de-Tipp: Das Arbeitszeitgesetz sieht für Nachtarbeiter zusätzliche Vergünstigungen vor:
- Das Recht auf regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchungen und zwar alle drei Jahre (ab dem 50. Lebensjahr jährlich). Die Kosten trägt der Arbeitgeber.
- Unter bestimmten Umständen können Nachtarbeiter eine Versetzung auf eine Tagesarbeitsplatz einfordern.
- Nachtarbeiter können die Mehrbelastung durch Freizeit oder einen Zuschlag auf den Bruttolohn ausgleichen.
FAQ zur Nachtarbeit und Schichtarbeit
Was ist Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Nachtarbeit ist laut § 2 Abs. 3 ArbZG die Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst. Die Nachtzeit dauert in der Regel von 23 Uhr bis 6 Uhr, kann jedoch durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abweichen. Schichtarbeit ist eine Arbeitszeitregelung, bei der Arbeitnehmer*innen in wechselnden Schichten zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Eine Schichtarbeit kann auch Nachtarbeit beinhalten.
Welche Regelungen gibt es für Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Für Nachtarbeit gibt es spezielle Regelungen. Laut § 6 ArbZG darf die Nachtarbeit grundsätzlich acht Stunden pro Arbeitnehmer*in nicht überschreiten. In Ausnahmefällen kann sie auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Dabei muss der Arbeitgeber jedoch sicherstellen, dass der Arbeitnehmer*in ausreichend Ruhezeit gewährt wird. Laut § 7 ArbZG müssen zwischen zwei Nachtarbeitsschichten mindestens elf Stunden liegen.
Für Schichtarbeit gibt es keine spezielle Regelung, jedoch muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit laut § 3 ArbZG so gestalten, dass die Arbeitnehmer*innen ausreichend Ruhepausen haben und nicht überlastet werden. Die Arbeitszeit muss außerdem den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes entsprechen.
Welche Ausnahmen gibt es für Nachtarbeit?
Für bestimmte Branchen und Berufsgruppen gibt es Ausnahmen von den Regelungen zur Nachtarbeit. Laut § 17 ArbZG können Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen Ausnahmen für bestimmte Branchen oder Berufsgruppen vorsehen, wenn dies aus technischen oder betrieblichen Gründen notwendig ist. Eine solche Ausnahme kann auch eine Verkürzung der elfstündigen Ruhezeit zwischen den Nachtarbeitsschichten beinhalten. Ein Beispiel für eine solche Ausnahme sind Krankenhäuser.
Welche Rechte haben Arbeitnehmer*innen bei Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Arbeitnehmer*innen haben bei Nachtarbeit und Schichtarbeit dieselben Rechte wie bei normaler Arbeit. Sie haben laut § 4 ArbZG Anspruch auf eine angemessene Anzahl von Pausen, um sich zu erholen. Die Dauer der Pausen hängt von der Länge der Arbeitszeit ab und muss vom Arbeitgeber festgelegt werden. Arbeitnehmer*innen haben außerdem Anspruch auf eine angemessene Ruhezeit nach der Arbeit, um sich zu erholen. Die Dauer der Ruhezeit muss mindestens elf Stunden betragen, wenn die Nachtarbeit die Dauer von acht Stunden überschritten hat (§ 7 ArbZG).
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Regelungen zur Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Ein Verstoß gegen die Regelungen zur Nachtarbeit und Schichtarbeit kann sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer*in Folgen haben. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können mit Bußgeldern geahndet werden (§ 22 ArbZG). Arbeitnehmer*innen haben außerdem das Recht auf Schadensersatz, wenn sie aufgrund von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz einen Schaden erlitten haben (§ 18 ArbZG). Arbeitgeber, die gegen die Regelungen zur Nachtarbeit und Schichtarbeit verstoßen, können außerdem mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Sie können zum Beispiel dazu verpflichtet werden, die Regelungen einzuhalten oder eine Strafe zahlen zu müssen. Im Wiederholungsfall kann dies auch zu einem Widerruf der betrieblichen Erlaubnis führen.
Gibt es besondere Regelungen für schwangere Arbeitnehmerinnen?
Schwangere Arbeitnehmerinnen dürfen laut § 8 MuSchG nicht zur Nachtarbeit oder zu Schichtarbeit herangezogen werden, wenn dies für ihre Gesundheit oder die des ungeborenen Kindes schädlich sein könnte. Dies gilt auch für Arbeitnehmerinnen, die stillen. Arbeitgeber müssen Schwangere und Stillende über ihre Rechte informieren und ihnen alternative Arbeitsmöglichkeiten anbieten.
Welche Rolle spielen Tarifverträge bei Nachtarbeit und Schichtarbeit?
Tarifverträge können Ausnahmen von den Regelungen zur Nachtarbeit und Schichtarbeit vorsehen, wenn dies aus technischen oder betrieblichen Gründen notwendig ist (§ 17 ArbZG). Tarifverträge können auch Regelungen zu Zuschlägen oder Ausgleichsregelungen für Nacht- oder Schichtarbeit vorsehen. Es ist daher sinnvoll, Tarifverträge zu beachten und gegebenenfalls zu prüfen, welche Regelungen für Nacht- und Schichtarbeit gelten und welche Zuschläge oder Ausgleichsregelungen vorgesehen sind.