Probearbeiten ist eine gängige Praxis in vielen Branchen, um die Eignung eines Bewerbers für eine bestimmte Position zu bewerten. Während dieser Phase können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Arbeitsbeziehung erproben. Allerdings gibt es arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, die beachtet werden müssen. Diese betreffen unter anderem die Dauer des Probearbeitens, die Bezahlung und den Versicherungsschutz. Es ist für beide Parteien von Bedeutung, diese rechtlichen Aspekte zu verstehen, um mögliche Risiken zu minimieren.
- 1. Was versteht man unter Probearbeiten?
- 2. Probearbeiten – wie lange?
- 3. Welche Aufgaben sind bei Probearbeit zulässig?
- 4. Muss Probearbeiten bezahlt werden?
- 4.1. Rechtliche Grundlagen
- 4.2. Ausnahmen
- 5. Muss man Probearbeiten anmelden?
- 6. Wie sieht es mit Versicherung aus?
- 7. Probearbeiten trotz Arbeitsverhältnis: Muss ich meinen Arbeitgeber über Probearbeit informieren?
- 8. Aktuelle Rechtsprechung – Urteile
- 9. Wie kann ein Fachanwalt beim Thema Probearbeiten helfen?
Was versteht man unter Probearbeiten?
Probearbeiten (© Antonio Guillem - stock.adobe.com)In der Anfangsphase eines Arbeitsverhältnisses stehen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor der Herausforderung, die Eignung für die jeweilige Position zu bewerten. Eine gängige Methode, um diese Bewertung vorzunehmen, ist das Probearbeiten.
Probearbeiten bezeichnet einen kurzen Zeitraum, in dem ein potenzieller Arbeitnehmer die Gelegenheit erhält, seine Fähigkeiten und Eignung für eine bestimmte Position unter Beweis zu stellen. Meist handelt es sich um eher kurze Zeitabschnitte von wenigen Stunden bis zu einigen Tagen. Während des Probearbeitens besteht in der Regel kein formelles Arbeitsverhältnis, es sei denn, es werden explizite Vereinbarungen getroffen. Daher sind Aspekte wie Lohn, Versicherungsschutz und Kündigungsschutz nicht immer klar geregelt. In den meisten Fällen wird eine Vergütung abgerechnet, die nicht als Arbeitslohn definiert ist, sondern als eine Art von Aufwandsentschädigung.
Im arbeitsrechtlichen Sinne bezeichnet Probearbeiten eine Phase der beruflichen Erprobung, in der ein potenzieller Arbeitnehmer seine Fähigkeiten und Eignung für eine bestimmte Position unter Beweis stellt. Sind keine gegenseitigen Rechte und Pflichten vereinbart, geht die Rechtsprechung von einem „Einfühlungsverhältnis“ aus. Der Bewerber erbringt keine konkrete Arbeitsleistung, während der Arbeitgeber ihm lediglich die Möglichkeit bietet, den Betrieb kennenzulernen. Ziel ist es, die Grundlagen für eine mögliche spätere Zusammenarbeit zu schaffen. Dabei ist es unproblematisch, wenn der Bewerber bereits nützliche Tätigkeiten ausführt.
Unterscheidung zur Probezeit
Im Gegensatz dazu steht die Probezeit, die ein integraler Bestandteil eines formellen Arbeitsvertrags ist. Sie dient dazu, die Eignung des Arbeitnehmers für die Position während einer festgelegten Dauer, in der Regel bis zu sechs Monaten, zu überprüfen. Während der Probezeit gelten spezielle Kündigungsfristen und beide Parteien haben die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Frist zu beenden.
Die Unterscheidung zwischen Probearbeiten und Probezeit ist von großer Bedeutung, da sie unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen und Verpflichtungen für beide Parteien mit sich bringt. Während das Probearbeiten oft informeller Natur ist und in der Regel keine vertraglichen Verpflichtungen beinhaltet, ist die Probezeit ein klar definierter und rechtlich bindender Abschnitt eines Arbeitsverhältnisses. Daher ist es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen wichtig, die jeweiligen Bedingungen und Implikationen genau zu verstehen.
Probearbeiten – wie lange?
Grundsätzlich gibt es keine gesetzlich festgelegte Höchstdauer für Probearbeit, sie sollte jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur angestrebten Position und den damit verbundenen Aufgaben stehen. In der Praxis variiert die Dauer des Probearbeitens je nach Branche und Position, üblich sind jedoch Zeiträume von einem Tag bis zu einer Woche.
Probearbeit: Zulässige Stunden am Tag
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Anzahl der Stunden, die ein Bewerber pro Tag während der Probearbeit leisten darf. Hier gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorgaben, die auch für reguläre Arbeitnehmer Anwendung finden. Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf maximal acht Stunden beschränkt. Grundsätzlich steht es dem Probearbeitnehmer frei, selbst zu bestimmen, wann und wie lange er arbeitet. Er hat auch nicht die Verpflichtung sich an einen Dienstplan zu halten.
Die genaue Dauer und die zulässigen Arbeitsstunden sollten idealerweise im Vorfeld schriftlich vereinbart werden, um Missverständnisse und rechtliche Risiken zu minimieren. Ein klar definierter Rahmen schafft Transparenz und ermöglicht eine faire Beurteilung der Eignung des Bewerbers für die angestrebte Position.
Welche Aufgaben sind bei Probearbeit zulässig?
Probearbeit: Was ist zulässig? (© sergej - stock.adobe.com)Grundsätzlich sollten die Aufgaben so gewählt und gestaltet sein, dass sie einen realistischen Einblick in die Tätigkeiten und Anforderungen der ausgeschriebenen Position bieten. Sie sollten jedoch weder zu komplex noch zu einfach sein, um eine faire Beurteilung der Fähigkeiten des Bewerbers zu ermöglichen.
Zulässige Aufgabenbereiche
- Berufsrelevante Tätigkeiten: Aufgaben sollten im direkten Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Position stehen und den Bewerber nicht ausnutzen. Beispielsweise wäre es unangemessen, einen Bewerber für eine IT-Position mit rein administrativen Aufgaben zu betrauen.
- Keine vertraulichen Informationen: Bewerbern sollte der Zugang zu sensiblen oder vertraulichen Informationen des Unternehmens verwehrt bleiben, es sei denn, es gibt eine klare Vereinbarung über die Vertraulichkeit.
- Aufgaben mit hohem Risiko, die Unfälle oder Fehler mit schwerwiegenden Folgen bergen, sollten vermieden werden, insbesondere wenn der Bewerber nicht ausreichend eingewiesen oder versichert ist.
- Keine langfristigen Projekte: Der Bewerber sollte nicht mit Aufgaben betraut werden, die einen langfristigen Einfluss auf das Unternehmen haben könnten, da seine weitere Beschäftigung noch nicht gesichert ist.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Zuweisung unangemessener oder unzulässiger Aufgaben während der Probearbeit rechtliche Konsequenzen haben kann. Dies kann unter Umständen als Ausbeutung angesehen werden und zu arbeitsrechtlichen Streitigkeiten führen.
Muss Probearbeiten bezahlt werden?
Die Frage der Vergütung der Probearbeit ist im Arbeitsrecht nicht eindeutig geregelt. Grundsätzlich gilt: Wenn während des Probearbeitens eine konkrete Arbeitsleistung erbracht wird, die dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, besteht in der Regel ein Anspruch auf Vergütung. Dies basiert auf dem Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn, aber auch ohne Lohn keine Arbeit".
Rechtliche Grundlagen
Der Anspruch auf Vergütung kann sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben, insbesondere aus § 612 Abs. 1, der besagt, dass eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Umstände eine solche erwarten lassen. Zudem kann § 611a BGB relevant sein, der den Arbeitsvertrag definiert und somit auch die Vergütungspflicht.
Ausnahmen
Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen das Probearbeiten unbezahlt sein kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tätigkeit primär der beruflichen Orientierung des Bewerbers dient und dem Unternehmen keinen unmittelbaren Nutzen bringt. In solchen Fällen kann von einem Einfühlungsverhältnis gesprochen werden, in dem eine Vergütung nicht zwingend erforderlich ist.
Muss man Probearbeiten anmelden?
Die Anmeldung des Probearbeitens ist ein weiterer Aspekt, der in der Praxis oft vernachlässigt wird, jedoch wichtige arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Implikationen haben kann. Grundsätzlich gilt, dass es sich bei der Probearbeit um kein normales Arbeitsverhältnis handelt und diese daher auch nicht sozialversicherungspflichtig ist.
Der Arbeitgeber kann sich jedoch in einer Grauzone bewegen, wenn Probearbeiter echte Arbeitsleistungen erbringen, die über das bloße Kennenlernen des Betriebs hinausgehen (z. B. der Einsatz als Aushilfsfahrer). Solche Fälle könnten Sozialversicherungspflicht begründen, auch wenn die Probearbeit nur einen Tag dauert.
Anmeldung beim Arbeitsamt
Personen, die als arbeitssuchend gemeldet sind, müssen die Probearbeit beim Arbeitsamt anmelden, da eine eventuelle Genehmigung erforderlich sein kann. Während der Probearbeit sind ALG-Empfänger in der Regel sozialversichert. Nach Abschluss der Probearbeit ist dem Arbeitsamt eine Bestätigung darüber vorzulegen.
Wie sieht es mit Versicherung aus?
Die Frage der Versicherung bei der Probearbeit ist sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von Bedeutung. Im Falle eines Unfalls oder einer anderen unvorhergesehenen Situation kann der Versicherungsschutz entscheidend sein. In Fällen, in denen das Probearbeiten primär der beruflichen Orientierung dient und keine Anmeldung bei der Sozialversicherung erfolgt ist, besteht in der Regel kein automatischer Versicherungsschutz. Hier sollte im Vorfeld geklärt werden, ob eine private Unfallversicherung oder eine andere Form der Risikoabsicherung besteht.
Gesetzliche Unfallversicherung
Das Probearbeiten gilt nicht als echtes Arbeitsverhältnis, weil keine konkrete Arbeitsleistung erbracht wird. Daher besteht in der Regel kein Versicherungsschutz, da der Arbeitgeber nicht zur Anmeldung bei der Sozialversicherung verpflichtet ist. Personen, die arbeitslos gemeldet sind, sind aus diesem Umstand gesetzlich unfallversichert. Gesetzlich nicht geschützte Personen sind durch eine private Unfallversicherung abgesichert, sofern diese vorhanden ist.
Haftpflichtversicherung
Die Frage der Haftung für eventuelle Schäden, die während des Probearbeitens entstehen, sollte ebenfalls geklärt werden. In der Regel greift hier die Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers, jedoch ist es ratsam, dies im Vorfeld explizit zu klären. Ein Schaden am / im Unternehmen, denn der Arbeitnehmer während der Probearbeit verursacht, ist in der Regel ein Fall für dessen private Haftpflichtversicherung.
Probearbeiten trotz Arbeitsverhältnis: Muss ich meinen Arbeitgeber über Probearbeit informieren?
Was sagt das Arbeitsrecht? (© bennetsteiner - stock.adobe.com)Die Frage, ob man den aktuellen Arbeitgeber über eine geplante Probearbeit bei einem anderen Unternehmen informieren muss, ist ein heikles Thema mit potenziellen rechtlichen Konsequenzen. Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber könnte einen Verstoß gegen die Treuepflicht (§ 242 BGB) ableiten oder die Verletzung der Informationspflichten laut Arbeitsvertrag (sofern diese dort geregelt sind).
Heikel wird es dann, wenn die Probearbeit – oft unbeabsichtigt – in ein „normales“ Arbeitsverhältnis übergeht.
Aktuelle Rechtsprechung – Urteile
- Im Streitfall muss der Bewerber den Abschluss eines Arbeitsvertrages nachweisen, selbst dann, wenn eine Arbeitsleistung erfolgte: LAG Rheinland-Pfalz (24.5.2007, 2 Sa 87/07).
- Ein Einfühlungsverhältnis ist ein lockeres Rechtsverhältnis, das sich von einem Arbeitsverhältnis unterscheidet. In dieser Phase übernimmt der potenzielle Arbeitnehmer keine Arbeitspflichten und unterliegt nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, sondern nur dessen Hausrecht. Der Zweck ist, die Voraussetzungen für eine mögliche spätere Zusammenarbeit zu klären: LAG Rheinland-Pfalz (11.08.2020, 6 Sa 500/19).
- Arbeitsverhältnisse wurden in Fällen anerkannt, in denen Bewerber unter festen Vorgaben in einem Call-Center, einem Backwarenverkauf und als Kraftfahrer arbeiteten (LAG Düsseldorf, LAG Baden-Württemberg).
Wie kann ein Fachanwalt beim Thema Probearbeiten helfen?
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern wertvolle Unterstützung beim Thema "Probearbeiten" bieten. Er kann die rechtlichen Rahmenbedingungen klären, etwa in Bezug auf Vertragsformulierungen, Vergütungsansprüche und Versicherungsschutz. Zudem kann der Anwalt dabei helfen, potenzielle Fallstricke wie die Abgrenzung zwischen Einfühlungsverhältnis und Arbeitsverhältnis zu identifizieren und zu vermeiden. Im Falle von Streitigkeiten oder Unklarheiten kann der Fachanwalt rechtlichen Beistand leisten und eine fundierte Einschätzung der Sachlage geben, um so die besten Möglichkeiten für eine einvernehmliche Lösung oder, falls erforderlich, gerichtliche Schritte aufzuzeigen.