Seit dem 31.12.2022 gibt es in Deutschland das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht (auch „Chancen-Asyl“ genannt) für alle, die bisher jahrelang „geduldet“ oder „gestattet“ wurden und aus verschiedenen Gründen kein dauerhaftes Bleiberecht bekommen haben. Diese Regelung betrifft aktuell über 135.000 Menschen, die in der Regel hier gut integriert sind. Damit möchte man die Praxis der sogenannten „Kettenduldungen“ vermeiden. So können viele Flüchtlinge unter bestimmten Voraussetzungen ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. Lesen Sie hier mehr dazu.
Was ist das Chancen-Aufenthaltsrecht?
Chancen-Aufenthaltsrecht (© Lothar Drechsel / stock.adobe.com)Zum 31.12.2022 ist das Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts in Deutschland in Kraft getreten. Mit dem Gesetz – normiert in § 104 c AufenthG - können bisher geduldete Personen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis haben, die zunächst befristet erteilt wird. Dadurch und danach können die Betroffenen ein dauerhaftes Bleiberecht nachholen und z.B. fehlende Voraussetzungen für die Integration oder ausstehende Identitätsklärungen nachholen.
So besagt § 104 c AufenthG, dass einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1, 1a und 4 sowie § 5 Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn er sich am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat und
- er sich bekennt zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der BRD und
- nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde.
Zu berücksichtigen ist, dass Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen außer Betracht bleiben, genau so auch Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen wegen begangener Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten.
Die Aufenthaltserlaubnis soll zudem versagt werden, wenn der Ausländer wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht hat und dadurch seine Abschiebung verhindert. Für die Anwendung des Satzes 1 sind auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.
Was wird mit dem Gesetz geregelt?
Mit dem Gesetz macht die (neue) Bundesregierung einen Schritt auf dem Weg zum Neuanfang für eine neue Migrations- und Asylpolitik, die vor allem integrationspolitischer Art sein soll. So soll auch das Einwanderungsrecht modernisiert werden. Mit dem Gesetz haben die Betroffenen auch besseren Zugang zu Integrations- und Berufssprachkursen vom Bund sowie zu weiteren Änderungen im Aufenthaltsrecht. Durch das Gesetz können Personen, die bisher hier jahrelang „geduldet“ oder „gestattet“ wurden, eine Aufenthaltserlaubnis („Chancen-Aufenthaltserlaubnis“) für zunächst 18 Monate bekommen. Wer in diesen 18 Monaten die Chance nutzt und die weiteren Voraussetzungen (z.B. Lebensunterhalt selbst sichern ohne die Hinzunahme von Sozialleistungen, gute Kenntnisse der deutschen Sprache, Erwerb eines Identitätsnachweises) schafft, erhält ein dauerhaftes Bleiberecht.
Welche Rechte haben die Betroffenen?
Wer die Chancen-Aufenthaltserlaubnis bzw. das „Chancen-Asyl“ bekommen hat, der hat folgende Möglichkeiten und Rechte:
- Bisherige Wohnsitzauflage bei Personen mit Duldung wird aufgehoben.
- Man kann also seinen Wohnsitz dort nehmen, wo man eine Arbeit findet. Wenn man bereits Leistungen vom Jobcenter bekommt, benötigt man die Zustimmung des Jobcenters.
- Voller Zugang zur Arbeitswelt.
- Sozialleistungen wie Bürgergeld (früher Hartz-4) möglich.
- Fördergelder vom Jobcenter möglich z.B. für Umschulungen, Praktika, Führerschein etc.
- Wenn man bereits arbeitet und in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, erhält man Arbeitslosengeld 1, aber auch Hilfe bei der Vermittlung und weitere Förderungen. In diesem Fall sollte man sich an die Bundesagentur für Arbeit wenden.
- Man kann alle Leistungen beziehen, die deutsche beantragen/beziehen können, z.B. Wohngeld, Kindergeld, Bafög usw.
- wenn man am Ende seinen Lebensunterhalt sichern kann ohne Hinzunahme von staatlichen Leistungen und weiterhin gut integriert ist, bekommt einen
- Auslandreisen sind möglich.
- Familiennachzug aus dem Ausland ist noch nicht möglich. Dazu müssten die Betroffenen weitere Voraussetzungen erfüllen und zunächst eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Danach haben sie das Recht zum Familiennachzug.
Für wen gilt das Chancen-Aufenthaltsrecht?
Antrag & Ablauf (© Animaflora PicsStock / stock.adobe.com)Das Gesetz gilt vor allem für all diejenigen, die bereits Teil der Gesellschaft in Deutschland sind, aber aufgrund des bisher ungeklärten Aufenthaltsstatus unsicher waren.
Die Regelung betrifft über 150.000 Personen in Deutschland. Um den Chancen-Aufenthalt zu bekommen muss man folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Man befindet sich zum 31.10.2022 seit 5 Jahren ununterbrochen in Deutschland,
- ist geduldet, gestattet oder hat eine Aufenthaltserlaubnis,
- man bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland,
- ist nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt ( wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten, grundsätzlich außer Betracht bleiben)
- Jugendliche und Heranwachsende, die gut integriert sind, können bereits nach drei Jahren Aufenthalt sowie bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Gilt das Gesetz auch für Straftäter?
Es war für die Bundesregierung sehr wichtig, dass – anders als bisher – Menschen, die aufgrund von Straftaten nicht hier bleiben dürfen, diese Personen konsequenter als bisher zurückgeführt (ausgewiesen) werden. Daher hat man Straftäter und Gefährder von der Regelung des Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen. Diese Personen müssen nunmehr konsequenter mit der Ausweisung und Anordnung der Abschiebhaft rechnen. Personen, die bisher ihre Abschiebung verhindert haben, weil sie wiederholt vorsätzliche Falschangaben gemacht haben bzw. durch Täuschung ihrer Identität die Abschiebung verhindert haben, denen wird auch das Chancen-Aufenthaltsrecht versagt, so dass auch diese Personen mit der Ausweisung zu rechnen haben.
Straftäter, die lediglich „Bagatelldelikte“ begehen und kleinere Geldstrafen (bis 50 bzw. 90 Tagessätze) erhalten, können dennoch mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht rechnen, wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt sind, vgl. § 104 c AufenthG.
Antrag - wie und wo ist der Antrag zu stellen?
Das Chancen Aufenthaltsrecht bekommt man nicht automatisch, sondern nur auf Antrag.
Man muss bei seiner zuständigen Ausländerbehörde einen entsprechenden schriftlichen Antrag stellen. Manche Ausländerbehörden halten dafür ein bestimmtes Formular bereit. Daher sollte man bei seiner zuständigen Ausländerbehörde fragen, ob es ein bestimmtes Formular gibt, welches man benutzen muss. Ggf. ist das Formular online verfügbar. Näheres dazu erfährt man bei der jeweiligen Ausländerbehörde.
Ablauf und Dauer
Wenn man den Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde gestellt hat, wird die Ausländerbehörde prüfen, ob die Voraussetzungen beim Betroffenen vorliegen. Dazu wird die Ausländerbehörde Auskünfte von diversen Behörden (u.a. Polizei und Staatsanwaltschaft) einholen. Dies kann durchaus 4-6 Wochen oder gar einige Monate in Anspruch nehmen, je nach Auslastung der Behörden. Nachdem die Ausländerbehörde die Voraussetzungen geprüft hat, wird sie dem Betroffenen schriftlich mitteilen, ob dem Antrag auf Erteilung eines Chancen-Aufenthaltsrechts stattgegeben wird oder ob der Antrag abgelehnt wird.
Was habe ich zu tun, wenn ich das Chancen-Asyl bekommen habe?
Wie schon der Name sagt, hat man nun die Chance, ein dauerhaftes Bleiberecht zu bekommen.
Man hat nun 18 Monate Zeit, um folgende Dinge zu erledigen:
- Man muss wenigstens hinreichende mündliche Deutschkenntnisse (A2-Niveau) nachweisen.
- Man muss dafür sorgen, dass man überwiegend selbst seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, also arbeiten gehen, um selbst für sich sorgen zu können.
- muss seine Identität klären.
Wenn man diese Voraussetzungen innerhalb der 18 Monate erfüllt, bekommt man ein dauerhaftes Bleiberecht.
Erfüllt man die Voraussetzungen nicht, fällt man in der Regel wieder zurück zur Duldung.
Weitere Quellen:
FAQ zu Chancen-Aufenthaltsrecht
Was bedeutet Chancen-Aufenthaltsrecht?
Das Chancen Aufenthaltsrecht wird auch „Chancen-Asyl“ genannt. Es kommt für alle Menschen in Betracht, die bisher jahrelang „geduldet“ oder „gestattet“ wurden und aus verschiedenen Gründen kein dauerhaftes Bleiberecht bekommen haben.
Was regelt das Chancen Aufenthaltsrecht?
Zum 31.12.2022 ist das Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts in Deutschland in Kraft getreten. Damit können bisher geduldete Personen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis haben, die zunächst befristet erteilt wird. Dadurch und danach können die Betroffenen ein dauerhaftes Bleiberecht nachholen und z.B. fehlende Voraussetzungen für die Integration oder ausstehende Identitätsklärungen nachholen.
Welche Rechte haben die Betroffenen?
- Bisherige Wohnsitzauflage bei Personen mit Duldung wird aufgehoben.
- Voller Zugang zur Arbeitswelt.
- Sozialleistungen wie Bürgergeld (früher Hartz-4) möglich.
- Man kann alle Leistungen beziehen, die auch Deutsche beantragen/beziehen können, z.B. Wohngeld, Kindergeld, Bafög usw.
- Auslandreisen sind möglich.
- Familiennachzug aus dem Ausland ist noch nicht möglich. Dazu müssten die Betroffenen weitere Voraussetzungen erfüllen und zunächst eine Niederlassungserlaubnis erhalten.
Gilt das Gesetz auch für Straftäter?
Nein, Straftäter und Gefährder wurden von der Regelung des Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen. Straftäter, die lediglich „Bagatelldelikte“ begehen und kleinere Geldstrafen (bis 50 bzw. 90 Tagessätze) erhalten, können dennoch mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht rechnen, wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie und wo ist der Antrag zu stellen?
Das Chancen Aufenthaltsrecht bekommt man nicht automatisch, sondern nur auf Antrag.
Man muss bei seiner zuständigen Ausländerbehörde einen entsprechenden schriftlichen Antrag stellen. Manche Ausländerbehörden halten dafür ein bestimmtes Formular bereit.