Erbbetrug unter Geschwistern ist keine schöne Angelegenheit. Leider kommt sie häufiger vor, als viele Menschen denken. Tatsächlich wird geschätzt, dass die Dunkelziffer sehr hoch ist, da in vielen Fällen der Betrug gar nicht erst ersichtlich wird. Erbbetrug ist nicht nur eine unschöne familiäre Geschichte, sondern nach deutschem Recht auch eine Straftat.
Was versteht man unter Erbbetrug unter Geschwistern?
Erbbetrug unter Geschwistern (© Marco2811 - stock.adobe.com)Der Erbbetrug ist in § 263 des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt. Dort wird er klar als Betrugshandlung festgehalten. Gemäß dem Strafgesetzbuch liegt Erbbetrug vor, wenn eine Person durch die "Vorspiegelung falscher Tatsachen" der "Unterdrückung von Tatsachen" oder eine "arglistige" Täuschungshandlung einen anderen dazu veranlasst hat, im Rahmen der Erbschaft einen "Vermögensnachteil" zu erleiden. Der Nachteil muss außerdem im Zusammenhang mit einem Irrtum stehen, der auf dem Verhalten des Täters basiert.
Im Klartext: Eine Person verleitet eine andere dazu, finanzielle Nachteile im Rahmen der Erbschaft einzugehen. Ihr gelingt dies durch:
- Arglistige Täuschung
- Vorspiegelung falscher Tatsachen oder
- Unterdrückung von (wahren) Tatsachen
Ein Beispiel: Ein Bruder übernimmt die Regelung des Nachlasses und fälscht Dokumente, damit der andere Bruder nicht weiß, wie hoch der Nachlass insgesamt ist. Oder: Er fälscht das Testament dahingehend, dass der andere Bruder enterbt wird und nur seinen Pflichtteil bekommen soll.
Formen und Anzeichen
Eine häufige Form dieses Betrugs ist die Manipulation von Dokumenten über den letzten Willen. Das beinhaltet beispielsweise das eigenständige Verfassen von testamentarischen Verfügungen oder das Fälschen von entsprechenden Dokumenten.
Auch kann es vorkommen, dass Dokumente dieser Art vernichtet werden, damit die Geschwister diese nicht zu Gesicht bekommen. Eine andere Form des Erbbetrugs ist das heimliche Entnehmen von Vermögenswerten, die zur Erbmasse gehören und daher gerecht bzw. dem letzten Willen entsprechend hätten aufgeteilt werden sollen. Diese Handlung ist strafrechtlich als Unterschlagung zu bewerten.
Warnsignale und Anzeichen für Erbbetrug können wie folgt aussehen:
- Unstimmigkeiten im Testament beispielsweise untypische Formulierungen, untypische Schriftformen, fehlende Unterschriften oder Änderungen, die unerklärlich scheinen.
- Das Fehlen eines Testamentes, obwohl der Erblasser zu Lebzeiten angekündigt hatte, eines zu verfassen.
- Unerklärliches oder gar geheimnisvolles Verhalten eines Geschwisterteils, beispielsweise das plötzliche Verfügen über größere Vermögenswerte, ohne plausible Erklärungen abzugeben.
- Unerklärliche Auffälligkeiten oder Unstimmigkeiten in Bezug auf die Verteilung der Erbschaft, beispielsweise eine Aufteilung, die nicht den familiären Verhältnissen entspricht.
- Unstimmigkeiten oder Fragen bei der Pflichtteilsberechnung oder bei Schenkungen.
- Auskunftsverweigerung eines Geschwisterteils über den Nachlass.
- Auskunftsverweigerung des Erbverwalters über relevante Details im Rahmen der Erbschaft.
Je nach Einzelfall kann es zudem erforderlich sein, weitere Experten hinzuzuziehen, beispielsweise um die Echtheit eines Dokumentes oder die Handschrift des Erblassers zu überprüfen. Spezielle Gutachter, Sachverständige und Notare, aber auch spezialisierte Rechtsanwälte sind dafür beste Anlaufstellen.
Was tun beim Verdacht auf Erbbetrug unter Geschwistern?
Sicher durch notarielle Beurkundung (© maho - stock.adobe.com)Wenn der Verdacht auf Betrug vorliegt und ausreichend Indizien gesammelt wurden, sollte Sie sich rechtzeitig an einen Rechtsexperten, am besten an einen Fachanwalt für Erbrecht, wenden.
Liegt tatsächlich nahe, dass ein Betrugsfall vorliegt, wird die Sache eingehend geprüft. Beweise werden zusammengestellt und der Rechtsexperte leitet alle notwendigen rechtlichen Schritte ein.
In vielen Fällen führt dies zu einem gerichtlichen Verfahren. In manchen Fällen lässt sich das gerichtliche Verfahren noch vermeiden. In dem Fall müssten sich die Betrüger allerdings kooperativ zeigen.
Ein gerichtliches Verfahren kann beispielsweise dazu dienen, die Ungültigkeit eines Testaments festzustellen. Bestehen berechtigte Zweifel an der Echtheit oder sonstigen Gültigkeit eines Testaments, kann ein Gericht das Dokument für ungültig erklären, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass es gefälscht wurde.
Das Verfahren kann außerdem einen betrügerischen Erben zur Herausgabe von Vermögenswerten zwingen, die er erschlichen hat. Je nachdem, wie schwer der Betrugsfall ist, kann der Täter weiter strafrechtlich verfolgt werden. In dem Fall wird eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft aufgegeben. Es obliegt im Nachhinein der Strafverfolgungsbehörde, ob weitere Schritte verfolgt werden. Möglicherweise kommt es zu einer weiteren Anklage vor einem zuständigen Gericht.
Erbbetrug vermeiden – Tipps für den sicheren Ausgang des Erbfalls
Erbbetrug kann in einigen Fällen vermieden werden, wenn ausreichend Schutzmaßnahmen getroffen werden. Zunächst sollte jedes Familienmitglied frühzeitig Klarheit in allen Erbangelegenheiten erhalten. Das beinhaltet auch die Verantwortung des Erblassers. Wer ein rechtlich einwandfreies Testament aufsetzt und dafür sorgt, dass dieses einfach gefunden werden kann, schafft schon mal gute Voraussetzungen für ein einwandfreies Verfahren nach dem Todesfall.
Eine gute Hilfe ist außerdem die notarielle Beurkundung von allen Dokumenten, die erbrechtlich relevant sind. Unterlagen sollten stets sicher aufbewahrt werden. Außerdem kann es hilfreich sein, innerhalb der Familie offen über das Erbe zu kommunizieren. So werden Missverständnisse und Unstimmigkeiten bereits von vornherein vermieden und alle Geschwister und Erben wissen genau, worauf Sie sich einstellen sollen.
Informationen, die durch dritte manipulativ genutzt werden könnten, sollten immer nur vorsichtig weitergereicht werden. Zudem ist es wichtig, dass jeder sofort anwaltliche Beratung einholt, wenn Unklarheiten oder Verdachtsmomente vorliegen.
Bestehen bereits seit längerem Streitigkeiten unter den Geschwistern, die das familiäre Vermögen betreffen, sollte nach dem Erbfall sofort Vorsicht gewahrt werden. Wer seinen Geschwistern (oder anderen Erben) den Betrug zutraut, sollte sich rechtzeitig beim Erbverwalter um die Einsicht in entsprechende Dokumente kümmern. Sind die Umstände auffällig – etwa, weil ein Erbe plötzlich ein neues Testament gefunden haben will o.ä. – sollten die Dokumente sofort überprüft werden.
Folgen
Erbbetrug, kann strafrechtliche Folgen haben, die durchaus gravierend sind. Wird der Täter des Betrugs verurteilt, droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe mit einer Länge von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen kann die Freiheitsstrafe sogar zehn Jahre betragen. Dies sind beispielsweise Fälle, wenn der Täter wiederholt agiert hat oder sogar professionell agiert.
Ein besonders schwerer Fall kann auch dann vorliegen, wenn die Summe der erschlichenen Vermögenswerte besonders hoch ist. Ob eine Summe als besonders hoch eingestuft wird, kann jedoch vom Einzelfall abhängig sein. Im Zweifelsfall ist hier der Rechtsexperte zuständig. Zudem muss der verurteilte Täter sämtliche erschlichenen Vermögenswerte wieder herausgeben.
Beispiele von Urteilen zum Erbbetrug unter Geschwistern
Beispiele für Erbbetrug unter Geschwistern sind tatsächlich keine Seltenheit. Es kommt häufiger vor als man denkt, dass ein Geschwister beispielsweise ein Dokument fälscht, um sich selbst besondere Vermögenswerte zu verschaffen oder um ein Geschwister komplett zu enterben.
Eine andere typische Konstellation ist das Unterschlagen von Wertgegenständen, die zur Erbmasse gehören. Hat ein Geschwisterteil beispielsweise ein Auge auf die Kunstsammlung oder einen wertvollen Gegenstand, der zum Haushalt des Verstorbenen gehörte, geworfen, kann das zu Problemen führen. Nimmt das Geschwister diesen Gegenstand heimlich an sich, bevor es zur Aufteilung der Erbmasse kommt, ist dies ein Fall von Erbbetrug. Es ist auch strafrechtlich relevant, wenn das Geschwisterteil zugibt, die Gegenstände zu besitzen, aber nicht zur Herausgabe bereit ist.
In schwereren Fällen kann es sogar vorkommen, dass ein Geschwisterteil den Erbverwalter besticht oder manipuliert, sodass dieser Informationen vor den anderen Erben verschweigt. Sollte dies der Fall sein, macht sich auch der Erbverwalter strafbar. Allerdings sind solche Fälle seltener (wenngleich noch schwerer zu beweisen).
Beispiele von Gerichtsurteilen bezüglich versuchtem Erbbetrug:
- LG Freiburg, Urteil vom 02.10.2009 - 8 O 90/08
- OLG Frankfurt; 27.4.2007;Az. 24 U 6/05
- BAYOBLG – Aktenzeichen: 1Z BR 127/00
Wie kann ein Fachanwalt für Erbrecht helfen?
Dass es im Rahmen eines Erbfalls zu Familienstreitigkeiten kommt, ist leider keine Seltenheit. In vielen Fällen bleibt es bei harmlosen Streitigkeiten. In einigen anderen Fällen versuchen Geschwister einander zu betrügen. Wer unsicher ist oder den Verdacht hat, dass Betrugsmaßnahmen vorliegen, sollte rechtzeitig ein Fachanwalt für Erbrecht hinzuziehen. Der Rechtsexperte kann rechtssicher darüber aufklären, welche Rechte und Pflichten alle Geschwister betreffen.
Er kann außerdem einen Blick auf den Nachlass werfen und darüber aufklären, wem welche Anteile zustehen. So lassen sich die Probleme zumindest klar definieren. Sollte es dennoch zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, stehen die Chancen auf einen Sieg mit Hilfe des Anwaltes viel höher. Der Anwalt vertritt die Interessen seines Mandanten vor Gericht und kann in vielen Fällen ein positives Ergebnis herbeiführen.