Wie hoch ist der Pflichtteil beim Erben / bei Enterbung? – Höhe bei Kindern und Ehepartnern berechnen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 10. April 2024

Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe des gesetzlichen Erbteils richtet sich wiederum nach den Familienverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls. Es kommt mithin insbesondere darauf an, ob der Erblasser (noch) verheiratet war und wie viele Kinder er hatte. Die Berechnung des Pflichtteils hängt jedoch noch von weiteren Faktoren ab. Anhand unserer Tabellen und Beispielen erfahren Sie, wie hoch der Pflichtteil in Ihrem Fall sein dürfte.

Wie hoch ist der gesetzliche Pflichtteil?

Höhe des Pflichtteils-  (©mihacreative- stock.adobe.com)
Höhe des Pflichtteils- (©mihacreative- stock.adobe.com)
Das Pflichtteilsrecht ist in den §§ 2303 ff. BGB [Bürgerliches Gesetzbuch] geregelt. Es handelt sich hierbei um eine gesetzlich geregelte Mindestbeteiligung am Nachlass eines Erblassers. Das Pflichtteilsrecht steht jedoch nur denjenigen zu, die i.S.v. § 1938 BGB enterbt wurden und pflichtteilsberechtigt sind. Gleiches gilt aber auch für diejenigen pflichtteilsberechtigten Personen, die nicht ausreichend vom Erblasser bedacht wurden. Einen ausführlichen Beitrag hierzu finden Sie hier.

Die Höhe des Pflichtteils beträgt jedenfalls nach § 2303 Absatz 1 Satz 2 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Sie richtet sich mithin nach der sog. gesetzlichen Erbfolge, die sich wiederum nach den Regeln der §§ 1922 ff. BGB bestimmt. Dabei stellt sich maßgeblich die folgende Frage: Was würde der Betroffene erben, wenn es kein (Berliner) Testament gäbe? Aus dieser Erbquote lässt sich also – auch unter Beachtung von § 2310 BGB – die Pflichtteilsquote ermitteln. Der Pflichtteilsberechtigte erhält sodann anhand dieser Quote als Pflichtteil einen am Nachlasswert zu errechnenden Geldbetrag.

Fachanwalt.de-Tipp: Der Pflichtteilsanspruch umfasst also lediglich eine Geldzahlung, und nicht etwa die Herausgabe und / oder Übereignung bestimmter Gegenstände aus dem Nachlass.

Die Pflichtteilquote bestimmt sich somit nach den Familienverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls. Es sind demnach nicht nur die erbrechtlichen, sondern auch die familienrechtlichen Regeln zu beachten. Daher spielt nicht nur eine Rolle, wie viele Kinder der Erblasser hat, sondern auch die Wahl des Güterstandes zwischen den Verheirateten (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Die jeweilige Pflichtteilsquote wird regelmäßig in Brüchen (1/2, 1/4, 1/8 etc.) angegeben. Die Quote lässt sich jedoch auch in Prozent umwandeln.

Der Nachlasswert umfasst nicht nur sämtliche Vermögensgegenstände des Erblassers, wie Geldvermögen, Wertgegenstände, Hausrat oder Immobilien (Aktiva), sondern auch sämtliche Verbindlichkeiten, wie Erblasserschulden, Erbfallschulden oder auch grundsätzlich zu Lebzeiten getätigte Schenkungen und Zuwendungen (Passiva). Für die Ermittlung des Nachlasswertes ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich. Diese und weitere Regelungen zum Wert des Nachlasses finden sich in den §§ 2311 ff. BGB. Einen ausführlichen Beitrag hierzu finden Sie hier.

Berechnung

Die Berechnung der Höhe des Pflichtteils ist verschiedenen Faktoren abhängig, insbesondere:

  • War der Erblasser verheiratet oder unverheiratet (geschieden)?
  • Welcher Güterstand war zwischen den Verheirateten vereinbart?
  • Hat der Erblasser Kinder? Wie viele?
  • Sind Ehegatte und Kinder noch am Leben?

 

Sind diese Faktoren ermittelt, erfolgt die Berechnung in drei Schritten:

 

Schritt 1: Ermittlung der Pflichtteilsquote

Zur Ermittlung der Pflichtteilsquote sollen die folgenden Tabellen Aufschluss geben:

 

1) Erblasser ist unverheiratet

Anzahl der Kinder

Erbquote pro Kind

Pflichtteilquote pro Kind

1 Kind

1

1/2

2 Kinder

1/2

1/4

3 Kinder

1/3

1/6

4 Kinder

1/4

1/8

5 Kinder

1/5

1/10

6 Kinder

1/6

1/12

 

2) Erblasser ist verheiratet – Güterstand: Zugewinngemeinschaft

Anzahl der Kinder

Erbquote Ehepartner

Erbquote pro Kind

Pflichtteilquote Ehepartner

Pflichtteilquote pro Kind

1 Kind

1/2

1/2

1/4

1/4

2 Kinder

1/2

1/4

1/4

1/8

3 Kinder

1/2

1/6

1/4

1/12

4 Kinder

1/2

1/8

1/4

1/16

5 Kinder

1/2

1/10

1/4

1/20

6 Kinder

1/2

1/12

1/4

1/24

 

3) Erblasser ist verheiratet – Güterstand: Gütertrennung

Anzahl der Kinder

Erbquote Ehepartner

Erbquote pro Kind

Pflichtteilquote Ehepartner

Pflichtteilquote pro Kind

1 Kind

1/2

1/2

1/4

1/4

2 Kinder

1/3

1/3

1/6

1/6

3 Kinder

1/4

1/4

1/8

1/8

4 Kinder

1/4

3/16

1/8

3/32

5 Kinder

1/4

3/20

1/8

3/40

6 Kinder

1/4

1/8

1/8

1/16

 

4) Erblasser ist verheiratet – Güterstand: Gütergemeinschaft

Anzahl der Kinder

Erbquote Ehepartner

Erbquote pro Kind

Pflichtteilquote Ehepartner

Pflichtteilquote pro Kind

1 Kind

1/4

3/4

1/8

3/8

2 Kinder

1/4

3/8

1/8

3/16

3 Kinder

1/4

1/4

1/8

1/8

4 Kinder

1/4

3/16

1/8

3/32

5 Kinder

1/4

3/20

1/8

3/40

6 Kinder

1/4

1/8

1/8

1/16

Fachanwalt.de-Tipp: Die hier dargestellten Quoten gelten jedoch nur, soweit kein Scheidungsantrag gestellt wurde bzw. soweit alle Kinder noch leben. Denn im Falle einer Scheidung ist der ehemalige Ehepartner nicht weiter pflichtteilberechtigt. Gleiches gilt freilich für nicht mehr lebende Kinder. Die Quoten des Ehegatten ändern sich teilweise außerdem, wenn gar keine Kinder (mehr) vorhanden sind. In diesen Fällen kann Sie ein Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Erbrecht entsprechend beraten.

 

Schritt 2: Ermittlung des Nachlasswertes

 

Schritt 3: Berechnung anhand der Formel:

Pflichtteilsquote   x   Nachlasswert   =   Höhe des Pflichtteils


Beispiele

Wir haben Ihnen hier die häufigsten Varianten als Beispiele zusammengestellt, und beantworten Ihnen damit unter anderem die folgenden Fragen:

Wie hoch ist der Pflichtteil für 1 bis 4 Kinder?

Beispiel 1: Der unverheiratete Erblasser hat Kinder. In seinem Testament wird kein Kind bedacht. Vielmehr soll sein bester Freund Alleinerbe des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro werden. Dabei ergibt sich jeweils folgende Rechnung:

  • 1 Kind: Pflichtteilsquote 1/2 =>1 geteilt durch 2 mal 150.000 Euro = 75.000 Euro
  • 2 Kinder:Pflichtteilsquote 1/4=> 1 geteilt durch 4 mal 150.000 Euro = 37.500 Euro
  • 3 Kinder: Pflichtteilsquote 1/6 => 1 geteilt durch 6 mal 150.000 Euro = 25.000 Euro
  • 4 Kinder: Pflichtteilsquote 1/8=> 1 geteilt durch 8 mal 150.000 Euro = 18.750 Euro
  • etc.

Beispiel 2: Der Erblasser ist verheiratet. Er und sein Ehepartner haben keinen Güterstand vereinbart, weshalb der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt. Der Erblasser hat Kinder. In seinem Testament wird kein Kind bedacht. Vielmehr soll sein Ehepartner Alleinerbe des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro werden. Dabei ergibt sich jeweils folgende Rechnung:

  • 1 Kind: Pflichtteilsquote 1/4 => 1 geteilt durch 4 mal 150.000 Euro = 37.500 Euro
  • 2 Kinder: Pflichtteilsquote 1/8 => 1 geteilt durch 8 mal 150.000 Euro = 18.750 Euro
  • 3 Kinder: Pflichtteilsquote 1/12 => 1 geteilt durch 12 mal 150.000 Euro = 12.500 Euro
  • 4 Kinder: Pflichtteilsquote 1/16 => 1 geteilt durch 16 mal 150.000 Euro = 9.375 Euro
  • etc.

Beispiel 3: Der Erblasser ist verheiratet. Er und sein Ehepartner haben den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Der Erblasser hat Kinder. In seinem Testament wird kein Kind bedacht. Vielmehr soll sein Ehepartner Alleinerbe des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro werden. Dabei ergibt sich jeweils folgende Rechnung:

  • 1 Kind: Pflichtteilsquote 1/4 => 1 geteilt durch 4 mal 150.000 Euro = 37.500 Euro
  • 2 Kinder:Pflichtteilsquote 1/6 => 1 geteilt durch 6 mal 150.000 Euro = 25.000 Euro
  • 3 Kinder: Pflichtteilsquote 1/8 => 1 geteilt durch 8 mal 150.000 Euro = 18.750 Euro
  • 4 Kinder: Pflichtteilsquote 3/32 => 3 geteilt durch 32 mal 150.000 Euro = 14.062,50 Euro
  • etc.

Beispiel 4: Der Erblasser ist verheiratet. Er und sein Ehepartner haben den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart. Der Erblasser hat Kinder. In seinem Testament wird kein Kind bedacht. Vielmehr soll sein Ehepartner Alleinerbe des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro werden. Dabei ergibt sich jeweils folgende Rechnung:

  • 1 Kind: Pflichtteilsquote 3/8 => 3 geteilt durch 8 mal 150.000 Euro = 56.250 Euro
  • 2 Kinder:Pflichtteilsquote 3/16 => 3 geteilt durch 16 mal 150.000 Euro = 28.125 Euro
  • 3 Kinder: Pflichtteilsquote 1/8 => 1 geteilt durch 8 mal 150.000 Euro = 18.750 Euro
  • 4 Kinder: Pflichtteilsquote 3/32 => 3 geteilt durch 32 mal 150.000 Euro = 14.062,50 Euro
  • etc.

Wie hoch ist der Pflichtteil für Ehepartner (Ehefrau / Ehemann)?

Beispiel 1: Der Erblasser ist verheiratet. Seine Ehefrau und er haben keinen Güterstand vereinbart, weshalb der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt. Der Erblasser hat zwei Kinder, die gemeinsam gesamten Nachlasses mit einem Wert von 250.000 Euro erben sollen.

  • Pflichtteilsquote 1/4=>1 geteilt durch 4 mal 250.000 Euro = 62.500 Euro

Beispiel 2: Der Erblasser ist verheiratet. Sein Ehemann und der Erblasser haben den Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Der Erblasser hat drei Kinder, die gemeinsam gesamten Nachlasses mit einem Wert von 400.000 Euro erben sollen.

  • Pflichtteilsquote 1/8=>1 geteilt durch 8 mal 400.000 Euro = 50.000 Euro

Beispiel 3: Der Erblasser ist verheiratet. Seine Ehefrau und er haben den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart. Der Erblasser hat vier Kinder, die gemeinsam gesamten Nachlasses mit einem Wert von 500.000 Euro erben sollen.

  • Pflichtteilsquote 1/8=>1 geteilt durch 8 mal 500.000 Euro = 62.500 Euro

Pflichtteil für Eltern, Enkel und Geschwister

Beispiel 1: Der Erblasser ist weder verheiratet noch hat er Kinder. Nur seine Mutter lebt noch. Der Erblasser setzt seinen besten Freund als Alleinerben des Nachlasses mit einem Wert von 200.000 Euro ein.

  • Pflichtteilsquote 1/2=>1 geteilt durch 2 mal 200.000 Euro = 100.000 Euro

Beispiel 2: Der Erblasser ist weder verheiratet noch hat er Kinder. Beide seiner Elternteile leben noch. Der Erblasser setzt seinen besten Freund als Alleinerben des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro ein.

  • Pflichtteilsquote 1/4=>1 geteilt durch 4 mal 150.000 Euro = 37.500 Euro

Beispiel 3: Der Erblasser ist nicht verheiratet. Sein einziges Kind ist bereits verstorben. Er hat jedoch einen Enkel. Seine Eltern sind ebenso beide verstorben. Der Erblasser setzt seinen besten Freund als Alleinerben des Nachlasses mit einem Wert von 200.000 Euro ein.

  • Pflichtteilsquote 1/2=>1 geteilt durch 2 mal 200.000 Euro = 100.000 Eur

Beispiel 4: Der Erblasser ist nicht verheiratet. Sein einziges Kind ist bereits verstorben. Er hat jedoch drei Enkel. Seine Eltern sind ebenso beide verstorben. Der Erblasser setzt seinen besten Freund als Alleinerben des Nachlasses mit einem Wert von 150.000 Euro ein.

  • Pflichtteilsquote 1/6=>1 geteilt durch 6 mal 150.000 Euro = 25.000 Euro
Fachanwalt.de-Tipp: Bitte beachten Sie, dass soweit noch Kinder des Erblassers leben, weder Eltern noch oder Enkel und Urenkel des Erblassers einen Pflichtteilsanspruch haben (Einen ausführlichen Beitrag zum Pflichtteilsrecht der Enkel finden Sie hier). Die Geschwister (Bruder / Schwester) sind indes in keinem Fall pflichtteilsberechtigt (mehr dazu lesen Sie hier).

Sonderfall: Berliner Testament

Bei einem Berliner Testament wird der Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt. Die Kinder haben damit lediglich den Pflichtteilanspruch in Höhe der oben gezeigten Pflichtteilsquote. Einen ausführlichen Beitrag hierzu finden Sie hier.

Fachanwalt.de-Tipp: Sollte Ihre Familienkonstellation hier nicht aufgeführt sein, etwa da weder ein Ehegatte noch Kinder vorhanden sind, so sollten Sie sich einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Erbrecht über die Höhe Ihres Pflichtteils beraten lassen.

FAQ zum Pflichtteil beim Erben

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Anspruch, der nahen Verwandten des Erblassers zusteht, auch wenn sie durch das Testament oder die gesetzliche Erbfolge enterbt wurden. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Anspruch auf den Pflichtteil haben die nächsten Verwandten des Erblassers, das sind in der Regel die Kinder, der Ehepartner und die Eltern. Auch Enkelkinder und Geschwister können unter bestimmten Voraussetzungen einen Pflichtteilsanspruch haben.

Wann entsteht der Anspruch auf den Pflichtteil?

Der Anspruch auf den Pflichtteil entsteht erst mit dem Tod des Erblassers. Vorher besteht kein Anspruch auf den Pflichtteil.

Was ist der Unterschied zwischen dem Pflichtteil und dem gesetzlichen Erbteil?

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Anspruch, der den nahen Verwandten des Erblassers zusteht, auch wenn sie enterbt wurden. Der gesetzliche Erbteil ist dagegen das, was den gesetzlichen Erben zusteht, wenn es kein Testament gibt. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der genaue Betrag hängt von der Anzahl und der Art der gesetzlichen Erben ab.

Wie wird der Pflichtteil berechnet?

Um den Pflichtteil zu berechnen, wird der gesetzliche Erbteil ermittelt und halbiert. Der gesetzliche Erbteil hängt von der Anzahl und der Art der gesetzlichen Erben ab. Ein Beispiel: Wenn der Erblasser zwei Kinder hat und keine weiteren Verwandten, beträgt der gesetzliche Erbteil für jedes Kind 50% des Nachlasses. Der Pflichtteil beträgt in diesem Fall für jedes Kind 25% des Nachlasses.

Kann der Pflichtteil entzogen werden?

Der Pflichtteil kann nicht einfach so entzogen werden. Es gibt aber bestimmte Gründe, die einen Entzug des Pflichtteils rechtfertigen können, zum Beispiel schwere Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erblasser. Auch eine enterbende Verfügung des Erblassers kann dazu führen, dass der Pflichtteil entfällt.

Was passiert, wenn der Pflichtteil nicht gezahlt wird?

Wenn der Pflichtteil nicht gezahlt wird, kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Hierbei kann er sich an ein Nachlassgericht oder einen Anwalt wenden.


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