Härtefallscheidung - Voraussetzungen, Gründe & Dauer

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 23. Januar 2024

Mittlerweile wird jede 3. Ehe wieder geschieden. In der Regel ist es so, dass sich die Partner trennen und nach 1 Jahr Trennung einvernehmlich scheiden lassen. Allerdings gibt es auch die sogenannte Härtefallscheidung. Diese kommt vor allem dann in Frage, wenn körperliche tätliche Angriffe im Spiel waren. Aber auch seelische Grausamkeiten in Form von psychischer Gewalt sind von großer Bedeutung und maßgeblich. Laut Ergebnis einer europaweit durchgeführten Studie haben 43 % der befragten Frauen bestätigt, Opfer von psychischer Gewalt geworden zu sein.

Härtefallscheidung - Physische Gewalt

Sofern von Gewalt in der Ehe die Rede ist, wird damit zumeist die Begehung von physischer Gewalt in Form von z.B. Prellungen oder körperlicher Wunden in Verbindung gebracht. Als Hintergrund steht damit zumeist der Wille zur Machterhaltung, der oftmals von den Männern ausgeht. Die eingesetzte körperliche Gewalt ist dabei ein Weg der Männer, dem eigenen Willen zur Durchsetzung zu verhelfen, und die Frau zugleich einzuschüchtern und zu erniedrigen. Die körperliche Gewalt ist dabei zumeist eindeutig als solche erkennbar; diese kann sich u.a. in Form von Einsperren, Festhalten, Schubsen, Schlagen, Treten und Würgen äußern.

Härtefallscheidung - Psychische Gewalt 

Härtefallscheidung (© Antonioguillem / fotolia.com)
Härtefallscheidung (© Antonioguillem / fotolia.com)
Während die Folgen der Ausübung körperlicher Gewalt eindeutig zu Tage treten, ist psychische Gewalt heimtückisch. Psychische Gewalt wird verdeckt ausgeübt, wobei niemand die Verletzungen sieht. Die Täter handeln dabei offen, manipulieren oder passiv-aggressiv. Wer psychische Gewalt ausübt, geht meistens strategisch vor. Dabei erkennt die Partnerin erst sehr spät, dass sie ein Opfer häuslicher Gewalt geworden ist. Psychische Gewalt kann als ein feindseliger Angriff auf das Denken, die Psyche, die Wahrnehmung und das Sein des Opfers verstanden werden. Einer körperlichen Überlegenheit bedarf es dazu nicht. Auch eine seelische Grausamkeit kann von Frauen in der Ehe ausgeübt werden. Partnerschaftsgewalt äußert sich zumeist in verschiedenen, subtileren Formen, die auch oft in Kombination miteinander auftreten. Besonders in Paarbeziehungen ist es dem Täter möglich, ein breites Spektrum von Gewalt auszuüben.

Eine einmalige Kränkung oder damit verbundene Demütigung des Ehepartners kann noch keine psychische Gewalt begründen. Sofern ein Ehegatte die Härtefallscheidung auf das Vorliegen von psychischer Gewalt stützen möchte, muss eine umfassende Dokumentation vorgelegt werden.

Da die Täter bei der Anwendung psychischer Gewalt oft sehr geschickt und intelligent vorgehen, ist das Vorliegen eines solchen Härtefalles in vielen Fällen sehr schwierig zu belegen. Sofern Kinder ebenfalls unter dem ausgeübten Psychoterror seitens eines Ehepartners zu leiden haben, wird sich in aller Regel das Vorliegen eines Härtefalles begründen lassen. So kann gleichzeitig einer Gefährdung des Kindeswohls vorgebeugt werden. Letztlich obliegt die Entscheidung, ob tätsächlich ein Härtefall vorliegt, dem Gericht. Sofern es erforderlich sein sollte, kann zudem ein Gewaltschutzverfahren angestrengt werden. Zudem sind Briefe, Emails und SMS ebenfalls dazu geeignet, das Vorliegen von psychischer Gewalt in der Ehe zu belegen. Eine anwaltliche Beratung sollte in solchen Fällen stattfinden.

häusliche Gewalt - Kategorien

Der Begriff der häuslichen Gewalt muss dabei in unterschiedliche Arten differenziert betrachtet werden. Die Kategorien der häuslichen Gewalt in Paarbeziehungen sind neben der körperlichen bzw. physischen Gewalt die verbale Gewalt, soziale Gewalt, ökonomische Gewalt, sexuelle Gewalt und letztlich psychische bzw. emotionale Gewalt.

Verbale Gewalt

Bei der verbalen Gewalt handelt es sich um Gewalt, die ohne die Hilfe von Schlägen begangen wird. Der Täter möchte dabei Macht und Kontrolle über das Opfer ausüben; dementsprechend geht es demjenigen nur um den Machtanspruch. Darunter fallen Beleidigungen, Beschimpfen, Anschreien, Demütigungen, Abwertungen und ständige Kritik.

Psychische Gewalt

Die Möglichkeiten der Ausübung von psychischer Gewalt sind tatsächlich unbegrenzt. Das Ausmaß ist dabei manchmal weder dem Opfer noch dem Täter bewusst. Unter die psychische Gewalt fallen dabei u.a. Drohungen, Beleidigungen und Demütigungen, Einschüchterung, emotionale Erpressung, eine ständige Kontrolle und permanente Abwertungen. Oftmals ist die psychische Gewalt über einen langen Zeitraum wirksam; das Quälen des Gegenübers dauert an. Durch die andauernden Abwertungen, Schuldzuweisungen, die Erniedrigungen und Unterstellungen versucht der Täter, die vollkommende Kontrolle über sein wehrloses Opfer zu erhalten. Eine Ähnlichkeit zum Mobbing im Arbeitsleben oder im Cyberspace ist dabei vorhanden.

Soziale Gewalt

Unter dem Begriff der sozialen Gewalt ist das Bestreben des Täters, eine hervorragende Kontrolle über das Opfer auszuüben, zu verstehen. Soziale Kontakte werden ausgeschaltet, das Opfer wird isoliert. Als Folge wird das Selbstwertgefühl reduziert. Diese Kontrolle kann einhergehen mit Kontaktverboten, der Missachtung der Privatsphäre (emails, Handy, Telefonate), einer Sabotage von Kontakten sowie der Verbreitung von Gerüchten. . Da ein Reflexionspunkt fehlt, wird sie oder er mit der Zeit tatsächlich der Annahme sein, den vorgeworfenen Mustern zu entsprechen.

Ökonomische Gewalt

Eine ökonomische Gewalt wird ausgeübt durch die Kontrolle der Finanzen, eine Zuteilung des Geldes, ein Zugriffsverbot auf das gemeinsame Konto, die Erteilung eines Arbeitsverbots sowie jegliches Handeln, was in Bezug auf das finanzielle Auskommen ausgelegt ist.

Sexuelle Gewalt

Die sexuelle Gewalt ist i.d.R. mit Vergewaltigung assoziiert. Tatsächlich fängt sexuelle Gewalt aber viel früher an, und zwar mit sexuellem Druck oder der Instrumentalisierung der Sexualität zur Legitimation von psychischer und verbaler Misshandlung. Oftmals sind sich die wenigsten Betroffenen bewusst, dass Sie im Rahmen der Misshandlungen in der Beziehung auch Opfer sexueller Gewalt sind. Auch die sexuelle Nötigung bis hin zur Prostitution kann unter den Begriff der sexuellen Gewalt fallen.

Eheman ist Opfer

Falls es die Ehefrau sein sollte, von der die seelischen Grausamkeiten in Form von psychischer Gewalt begangen werden, ist es ebenso schwierig für den Mann, diese Taten nachzuweisen.

Hinzu kommt, dass häufig bei Männern, die unter der psychischen Gewalt durch die Ehefrau zu leiden haben, eine hohe Hemmschwelle existiert, sich das Vorliegen dieser Form von Gewalt überhaupt einzugestehen. Oftmals werden die Verhaltensweisen der Ehefrau von dem Mann als normal eingestuft, sofern es Ihnen nicht anders bekannt ist.

Häufig gestellte Fragen zur Härtefallscheidung

Was bedeutet der Begriff Härtefallscheidung?

Eine Härtefallscheidung bezieht sich auf die Situation, in der ein Ehepartner eine Scheidung beantragen möchte, ohne das Ende des sonst üblichen Trennungsjahres abzuwarten. Diese Ausnahme findet in Deutschland gemäß § 1565 Abs. 2 BGB Anwendung und ist nur möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus bestimmten Gründen unzumutbar ist. Es ist zu beachten, dass das Vorliegen solcher Umstände vom Gericht streng geprüft wird.

  • Gewalt in der Ehe: Hierbei handelt es sich um körperliche oder psychische Misshandlungen, die ein klarer Grund für eine Härtefallscheidung sein können.
  • Seelische Grausamkeit: Wenn ein Ehepartner dem anderen wiederholt seelische Qualen zufügt, kann dies ebenfalls als Grund für eine Härtefallscheidung dienen.
  • Suchtprobleme: Eine fortgesetzte Sucht, sei es nach Drogen oder Alkohol, die das Zusammenleben unerträglich macht, kann einen Härtefall darstellen.
  • Untreue: In einigen Fällen kann auch Untreue zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe führen, insbesondere wenn sie wiederholt und offen ausgeführt wird.

Wie wird eine Härtefallscheidung beantragt und durchgeführt?

Eine Härtefallscheidung kann beantragt werden, indem man einen Antrag beim zuständigen Familiengericht einreicht. In diesem Antrag müssen die Gründe für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe dargelegt werden. Der Antragsteller sollte in der Lage sein, glaubhaft zu machen, dass er unter den herrschenden Umständen nicht in der Lage ist, das Trennungsjahr abzuwarten.

  1. Antragstellung: Der Antrag auf Härtefallscheidung wird beim Familiengericht eingereicht.
  2. Beweisführung: Der Antragsteller muss die Gründe für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe beweisen.
  3. Gerichtliche Prüfung: Das Gericht prüft die vorgelegten Beweise und entscheidet über den Antrag.
  4. Scheidungsurteil: Wenn das Gericht den Antrag anerkennt, wird die Scheidung ausgesprochen.

Ein Beispiel: Wenn ein Ehepartner wegen wiederholter häuslicher Gewalt die Scheidung beantragt und Beweise in Form von Arztberichten und Zeugenaussagen vorlegt, kann das Gericht eine Härtefallscheidung gewähren.

Was sind die möglichen Folgen einer Härtefallscheidung?

Die Folgen einer Härtefallscheidung können vielfältig sein und sind von den individuellen Umständen jedes Falles abhängig. Generell führt eine Härtefallscheidung dazu, dass das übliche Trennungsjahr, das gemäß § 1566 BGB für eine reguläre Scheidung erforderlich ist, umgangen wird. Dadurch kann die Scheidung schneller durchgeführt werden. Zu den möglichen Folgen gehören:

  1. Schnelle Auflösung der Ehe: Das Verfahren kann schneller abgeschlossen werden, als wenn das Trennungsjahr abgewartet wird.
  2. Emotionale Erleichterung: Der Antragsteller kann sich von einer unerträglichen Ehesituation befreien und einen emotionalen Abschluss erreichen.
  3. Finanzielle und rechtliche Auswirkungen: Eine schnelle Scheidung kann Auswirkungen auf Unterhaltsfragen, Eigentumsfragen und andere finanzielle und rechtliche Aspekte haben.
  4. Soziale Auswirkungen: Eine schnelle Scheidung kann Auswirkungen auf das familiäre Umfeld, insbesondere auf Kinder, haben.

Wie sind die Erfolgsaussichten bei einer Härtefallscheidung?

Die Erfolgsaussichten einer Härtefallscheidung sind stark abhängig von den individuellen Umständen des Einzelfalls und der Qualität der Beweise, die der Antragsteller vorlegt. Nach § 1565 Abs. 2 BGB muss das Gericht überzeugt sein, dass die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller unzumutbar ist.

  • Gute Beweislage: Wenn starke und glaubhafte Beweise für das Vorliegen eines Härtefalls vorgelegt werden, erhöht das die Chancen auf eine erfolgreiche Scheidung.
  • Unzureichende Beweislage: Wenn die Beweise schwach oder unglaubwürdig sind, kann das Gericht den Antrag ablehnen.
  • Individuelle Umstände: Die spezifischen Umstände der Ehepartner, wie ihre persönliche Situation und ihr Verhalten während der Ehe, spielen ebenfalls eine Rolle.

Noch keine Bewertungen vorhanden




Ihre Spezialisten
INHALTSVERZEICHNIS

TOOLS

Gratis-eBook „Scheidung“


Alle Infos zu Scheidung & Trennung!
Die wichtigsten Fragen zu Scheidung & Trennung!

  • Ablauf und Kosten einer Scheidung?
  • Wichtige Infos zu Unterhalt, Sorgerecht usw.!
  • Kostenlos als PDF-Download

Gratis-eBook „Fachanwalt finden“


Alle Infos zur Fachanwaltssuche!
Informationen und Tipps zur Fachanwaltssuche!

  • Was ist ein Fachanwalt?
  • Wichtige Infos zu Anwaltskosten, Beratungshilfe!
  • Kostenlos als PDF-Download