Kinder in der Ausbildung

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 10. Februar 2024

Grundsätzlich hat jedes Kind Anspruch auf eine, ihm angemessene und seinen Fähigkeiten entsprechende, Ausbildung. Die Details dazu finden sich in §1610 Absatz 2 BGB. Doch die zahlungspflichtigen Elternteile werden nicht endlos für den Unterhalt der Kinder zahlen müssen.

Während die Eltern in der Pflicht stehen, ihrem Kind eine angemessene Ausbildung zu gewähren, also durchaus zur Unterhaltszahlung verpflichtet sind, hat auch das Kind gewisse Pflichten:

  1. Die Ausbildung hat zügig voranzugehen.
  2. Dem Kind wird ein gewisser Zeitraum für Überlegungen, also zur Orientierung zugesprochen. Dieser Orientierungszeitraum richtet sich vornehmlich nach den Kriterien des Alters, der Lebensumstände sowie des Entwicklungsstandes des Kindes.

Mehrere Monate der Überlegung und Orientierung werden dem Kind zugesprochen. Es existieren hier keine bestimmten Fristen. Doch es ist von Wichtigkeit, wie das Kind diese Zeit verbringt. Gerade bei Sprösslingen, deren schulische Leistungen nicht besonders gut sind oder die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen, wird es immer eine Einzelfallentscheidung des Gerichts sein, ob tatsächlich weiter Unterhalt gezahlt werden muss

Eine häufige, problematische Konstellation ist ein Studium nach einer abgeschlossenen Erstausbildung. Hier stellt sich die Frage, ob die Eltern verpflichtet sind, auch während dieses Studiums weiterhin Unterhalt zu zahlen.

Es besteht ein Gleichgewicht zwischen der Pflicht der Elternteile, den Unterhalt zu zahlen und der Obliegenheit des Kindes, die Ausbildung zielstrebig anzugehen.

Kein Anspruch auf Kindesunterhalt bei fehlender Zielstrebigkeit

Beweist das Kind nach einer zugestandenen Phase der Orientierung keine Zielstrebigkeit dabei, eine Ausbildung zu erlangen und wird diese Pflicht vom Heranwachsenden nicht zur Kenntnis genommen, so wird der Anspruch auf Unterhalt entfallen. Beispielfall siehe BGH, 04.03.1998 - XII ZR 173/96.

Fehlende Zielstrebigkeit kann z.B. bei folgenden Konstellationen vorliegen:

  • Nach dem Schulabschluss einjährige Aushilfstätigkeit, danach ein Jahr lang FSJ, schließlich Nachholung des Abiturs mit anschließendem Studium.
  • Nach dem Schulabschluss einjähriges FSJ, danach vier Semester Studium sowie weitere Fortbildungen, danach einjährige Arbeit im Kindergarten mit anschließender Ausbildung zur Erzieherin.
Fachanwalt.de-Tipp: Ein volljähriges Kind ist insbesondere dann zur umfassenden Erwerbsobliegenheit verpflichtet, wenn es eine Ausbildung nicht aufnimmt, die Ausbildung abbricht oder nach abgeschlossener Ausbildung keine Arbeit aufnimmt. Allerdings wird dem Kind hierbei eine angemessene Zeit für die Arbeitsplatzsuche von 2–3 Monaten gewährt.  


Anspruch auf Kindesunterhalt, obwohl die Ausbildung nicht sofort aufgenommen wurde

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Anspruch auf Kindesunterhalt vorliegen, obwohl das Kind die Ausbildung nicht direkt nach dem Schulabschluss aufgenommen hat.

Anspruch auf Kindesunterhalt kann z.B. bei folgenden Konstellationen vorliegen:

  • Nach einem schlechten Schulabschluss mehrere Praktika, um eine Lehrstelle zu bekommen. Das Kind sorgt während dieser Phase selbst für den Unterhalt und erhält nach mehreren Jahren Bemühungen endlich eine Ausbildungsstelle. Die Eltern müssen in diesem Fall für die Dauer der Ausbildung Unterhalt zahlen.
  • Dies gilt auch in Fällen, in denen vor der Ausbildung zunächst z.B. ein Berufsvorbereitungsjahr absolviert wurde, weil das Kind direkt nach dem Schulabschluss noch keinen Ausbildungsplatz finden konnte.

Studium: Anspruch auf eine Orientierungsphase und Unterhalt

Auch bei einem angestrebten Studium besteht das Anrecht auf eine Orientierungsphase. Nach dem Schulabschluss wird dem  Abiturienten daher eine angemessene Orientierungsphase gewährt. Diese richtet sich nach Alter, Entwicklungsstand sowie den gesamten Lebensumständen.

Überschreitung der Regelstudienzeit und Unterhalt

Ein Studium sollte zielstrebig aufgenommen und durchgeführt werden, damit der Unterhaltsanspruch bestehen bleibt. Ansonsten droht der Anspruchsverlust. Dies wäre insbesondere bei deutlicher Überschreitung der Regelstudienzeit der Fall.

Der Unterhaltsanspruch endet bei volljährigen Studenten normalerweise, wenn die Regelstudienzeit überschritten worden ist. Einige Gerichtsentscheidungen halten jedoch auch noch eine zweisemestrige Überschreitung der Regelstudienzeit noch für angemessen.

Fachanwalt.de-Tipp: Der Nachweis eines zielstrebigen Studiums obliegt dem Studenten. Die unterhaltspflichtigen Eltern können von dem Unterhaltsempfänger Nachweise für den erlangten Studienfortschritt verlangen. Dies kann seitens des Studenten mittels Nachweis erworbener Scheine in den Universitätsseminaren oder andere Zeugnisse bzw. Studienzertifikate geschehen.

Exmatrikulation wegen schlechter Studienleistungen und Unterhalt

Wenn ein Unterhaltsberechtigter in der Zwischenprüfung des Studiums im zweiten Prüfungsanlauf durchfällt und somit exmatrikuliert wird, verwirkt er seinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.

Die unterhaltspflichtigen Eltern sind in diesem Fall nicht dazu verpflichtet, ein weiteres Studium finanziell zu unterstützen.

Es kann jedoch nach Auffassung des OLG Frankfurt (FamRZ 1986, 498) wieder ein Unterhaltsanspruch entstehen, wenn das Kind seine Anstrengungen für einen Ausbildungsabschlusss in einem anderen Bereich verstärkt und somit ein erfolgreicher Studienabschluss erwartet werden kann.


Unterhaltsanspruch nach einmaligem Studienabbruch

Durch einen einmaligen Studienabbruch verwirkt ein Student nicht automatisch seinen Unterhaltsanspruch, wenn er das angefangene Studium nur für ein paar Semester studiert hat. Er sollte sich dann jedoch schon während des angefangenen Studiums Gedanken über alternative Studiengänge machen und nicht vorsätzlich das abzubrechende Studium in die Länge ziehen (OLG Celle, Urteil Az.: 12 UF 189/82 vom 03.03.1983).  

Unterhaltsanspruch nach erfolgreichem Studienabschluss

Nach erfolgreichem Studienabschluss können noch bis zu drei Monate weiter Unterhalt gewährt werden. Dazu muss der Ex-Student jedoch nachweisen können, dass er sich auch ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemüht und Bewerbungen verschickt.

Nach Ablauf dieser Übergangszeit ist kein Unterhaltsanspruch mehr gegeben und es muss zur Bestreitung des Lebensunterhaltes eine Beschäftigung aufgenommen werden. Dies gilt auch bei mehrfachem Studienabbruch. Die Beschäftigung muss nicht mit der eigentlichen Ausbildung übereinstimmen. Auch Arbeiten unterhalb des eigentlichen Ausbildungsniveaus müssen dann angenommen werden.

Unterhaltspflicht bei Promotion

In eng gefassten Grenzen kann sogar eine Unterhaltsverpflichtung nach einem abgeschlossenen Studium bestehen, wenn das Kind im Anschluss an das Studium eine Promotion durchführt.

So hat das OLG Hamm am 09.08.1989 (Az.: 10 WF 29/89) entschieden, dass eine Unterhaltsverpflichtung hier nur besteht, wenn der Doktorand ohne eine Promotion in dem angestrebten Beruf chancenlos wäre. Allerdings kann dem Promotionsstudenten eine Teilzeitbeschäftigung als Beitrag zum Lebensunterhalt zugemutet werden.

Eine Unterhaltspflicht bei Aufnahme einer Promotion ist allerdings nicht die Regel und stellt eine Ausnahme dar.

Kein Unterhaltsanspruch bei sittlichem Verschulden

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Unterhaltsanspruch wegfallen. Dies ist zumeist bei sittlichem Verschulden des Unterhaltsempfängers der Fall (z.B. bei Alkoholismus).

Bei folgenden Umständen kann der Unterhaltsanspruch gegenüber dem Unterhaltsempfänger gemindert werden oder sogar komplett wegfallen:

  • Drogenabhängigkeit oder Alkoholsucht des Abkömmlings

  • erhebliche Beleidigungen gegen den Unterhaltspflichtigen

  • Verschweigen von Einkünften vor den unterhaltspflichtigen Eltern

  • generell schwerwiegende Straftaten, welche den Unterhaltspflichtigen betreffen

Unterhaltszahlung der Eltern bei Kindern mit Ausbildungsvergütung

Eltern schulden Ihren Kindern Ausbildungsunterhalt für die Erstausbildung, welche Ihnen in den Grenzen der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zumutbar ist. Das Kind hat nach § 1610 Abs. 2 BGB einen Rechtsanspruch auf eine angemessene Ausbildung. Dort heißt es:

„Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.“

Die Eltern müssen daher eine angemessene Erstausbildung des Kindes mit Ausbildungsunterhalt sicherstellen. Eine Ausbildung ist angemessen, wenn diese sich nach den Fähigkeiten, dem Leistungswillen, der Begabung sowie an den Neigungen des Kindes ausrichtet und für die Eltern wirtschaftlich tragbar ist.

Ausbildungsunterhalt bei Kindern, die im Haushalt eines getrennt lebenden Elternteils wohnen

Wenn ein Kind sich in einer Ausbildung befindet, dafür eine Ausbildungsvergütung erhält und im Haushalt eines Elternteils wohnt, dann richten sich die Unterhaltsansprüche des Kindes nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Düsseldorfer Tabelle wird regelmäßig in aktualisierter Form vom OLG Düsseldorf veröffentlicht.

Der Unterhalt richtet sich nach dem Einkommen des Elternteils sowie dem Lebensalter des Kindes. Bei der Höhe des Unterhalts ist außerdem das Kindergeld zu berücksichtigen. Bei minderjährigen Kindern wird das Kindergeld zur Hälfte von den ermittelten Unterhaltsleistungen abgezogen. Ist das Kind schon volljährig, dann wird das volle Kindergeld zum Abzug gebracht.

Des Weiteren kann das Kind eine Pauschale für ausbildungsbedingten Mehrbedarf (z.B. Lehrmittel, Kopien oder Fahrtkosten zur Ausbildungsstelle) in Höhe von 90 € geltend machen. Kosten, die oberhalb der 90 € Pauschale liegen, müssen nachgewiesen werden.




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