Exhibitionismus im Strafrecht – Definition nach StGB und Bedeutung der Straftat

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 16. Januar 2024

Exhibitionismus ist laut § 183 StGB die vorsätzliche Präsentation der erogenen Zonen (Genitalien) oder sexueller Handlungen gegenüber Unbeteiligten, um Lustgewinn zu erzielen. Das Delikt wird häufig in der Öffentlichkeit begangen und betrifft meist männliche Täter. Die Vornahme solcher Handlungen löst bei den Opfern in der Regel Gefühle der Unsicherheit, Scham und Belästigung aus und gilt deshalb als Straftat, die mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht ist.

Was ist Exhibitionismus?

Exhibitionismus nach StGB (© pixs:sell – stock.adobe.com)
Exhibitionismus nach StGB (© pixs:sell – stock.adobe.com)
Exhibitionismus bezeichnet das Bedürfnis einer Person, ihre Genitalien gegenüber Unbeteiligten zu entblößen, um daraus sexuelle Erregung zu ziehen. Es handelt sich im medizinisch-psychologischen Sinn um eine sexuelle Störung, bei der das ungewöhnliche Verhalten zur sexuellen Befriedigung notwendig ist: Ein ungewöhnliches oder atypisches sexuelles Interesse, das durch die ausgeübten Praktiken oder Verhaltensweisen stark von der gesellschaftlich akzeptierten Norm abweicht. Die Psychologie fasst diese Handlungen unter Paraphilie zusammen. Personen, die davon betroffen sind, werden nur in bestimmten Situationen oder durch bestimmte Handlungen sexuell erregt und befriedigt.

Für die Opfer kann Exhibitionismus zu psychischen Folgen wie Angst, Unbehagen oder Unsicherheit führen. In schwerwiegenderen Fällen kann es auch Traumata verursachen und / oder langfristige Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben.

Ist Exhibitionismus eine Krankheit?

Er kann als krank- oder zwanghafte sexuelle Störung eingestuft werden und ist eine anerkannte psychische Erkrankung. Die Diagnose hängt allerdings von mehreren Faktoren ab, wie Intensität, Dauer, Beeinträchtigung der damit konfrontierten und betroffenen Personen und die Auswirkungen auf deren tägliches Leben.

In den meisten Fällen ist es jedoch so, dass die Täterinnen und Täter aus Scham den Gang zum Arzt scheuen, weil ihnen ihr Verhalten selbst peinlich ist.

Ist Exhibitionismus eine Straftat nach dem StGB?

§ 183 des Strafgesetzbuchs (StGB) besagt, dass jemand, der vorsätzlich seine Genitalien gegenüber einer anderen Person entblößt, um daraus sexuelle Erregung zu ziehen, mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden kann.

Zu beachten ist, dass es sich nach Abs. 2 des zitierten Gesetzes um ein sogenanntes Antragsdelikt (Tatbestand, der nur geringe Beschwerden hervorruft) handelt. Das bedeutet, dass die Strafverfolgung nur eingeleitet wird, wenn jemand (im Regelfall die Person, die sich durch diese Art der sexuellen Zurschaustellung belästigt oder geschädigt fühlt) dazu einen Strafantrag stellt. Allerdings zählt Exhibitionismus zu den „relativen Antragsdelikten“, das heißt, wenn die Behörden zur Ansicht gelangen, dass öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, dann können sie auch ohne Strafantrag tätig werden.

Fachanwalt.de-Tipp: Ein Strafantrag muss innerhalb von 3 Monaten bei den Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) eingehen, wobei der Fristenlauf nach Ablauf des Tages beginnt, an dem die Schädigung erfolgt ist). Nach Ablauf der Frist müssen die Behörden das Verfahren einstellen, es sei denn es liegt ein besonderes öffentliches Interesse vor.

Strafbarkeit nach § 183 StGB liegt nicht vor, wenn das Entblößen über elektronische Medien erfolgt (Videokamera) oder Bilder übersandt werden (sog. DickPic).

Ist von Frauen begangener Exhibitionismus strafbar?

Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Einerseits spricht § 183 StGB Abs. 1 von einem „Mann, der andere Personen durch exhibitionistische Handlungen belästigt“, andererseits ist dem Abs. 3 zu entnehmen, dass auch exhibitionistische Handlungen von Frauen unter Strafandrohung stehen, vor allem im Zusammenhang mit § 174 Abs. 3 Nr. 1 StGB (sexuelle Handlungen an einer Person unter 18 Jahren; eigene leibliche oder rechtliche Abkömmlinge oder solche von Ehegatten oder Lebenspartnern) und § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Vornahme oder vornehmen lassen sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren).

Die Diskussion um die Geschlechterneutralität des § 183 StGB nimmt schon länger Raum ein (Reform des Sexualstrafrechts). Nach aktueller Gesetzeslage ist die Entblößung der weiblichen Genitalien in aller Regel der Tatbestand der „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ nach § 183a StGB und ist ebenfalls mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedroht.

Ausschlaggebend für die Strafbewertung ist § 184h StGB (Begriffsbestimmungen), der die strafbaren sexuellen Handlungen definiert als

  • solche, deren Einwirken auf das jeweils geschützte Rechtsgut von hoher Erheblichkeit ist (Abs. 1) und die von einer anderen Person wahrgenommen werden (Abs. 2).

Nach Expertenmeinung ist das Gesetz geschlechtsneutral anzuwenden. Deshalb ist Exhibitionismus unabhängig vom Geschlecht strafbar, wenn die Voraussetzungen zutreffen.

Voraussetzungen für Exhibitionismus

Grundsätzlich ist das Entblößen, ob weiblicher oder männlicher Genitalien, nicht strafwürdig. Wäre das anders, hätten Behörden bspw. auf FKK-Plätzen viel zu tun. Für die Bewertung der Strafbarkeit und Ausmaß der Strafen sind deshalb diese Voraussetzungen zu prüfen:

  • Ist die Entblößung vor einer oder mehreren Personen erfolgt?
  • Liegt ein Vorsatzdelikt vor und stand es in der Absicht, durch die Entblößung aufgrund der Reaktion des Opfers sexuelle Erregung / Befriedigung zu erlangen? Reine Provokation fällt nicht unter die Voraussetzungen.
  • Herrscht Klarheit darüber, dass die betroffenen Personen nicht damit einverstanden waren, Zuseher bei der Entblößung zu sein? Es muss in der Absicht des Täters liegen, dass sich die betroffene Person belästigt fühlt (ob das tatsächlich der Fall ist, ist für die Strafbewertung zweitrangig).
  • Erfolgte die Handlung in der „Öffentlichkeit“? Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um öffentliche Plätze handeln. Es reicht schon aus, wenn die Handlung von mehreren Personen wahrgenommen werden kann.

Welche Strafe droht für exhibitionistische Handlungen?

Straftat & Strafverfahren (© MQ-Illustrations - stock.adobe.com)
Straftat & Strafverfahren (© MQ-Illustrations - stock.adobe.com)
Gemäß § 183 StGB sind exhibitionistische Handlungen mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht. Dabei werden Geldstrafen nach dem Nettomonatseinkommen berechnet. Die tatsächliche Strafe hängt von den Umständen des jeweiligen Falles und der Schwere der Tat ab. Faktoren wie die Anzahl der betroffenen Opfer, die Dauer und Ort der Handlung, der Grad der sexuellen Erregung und etwaige Vorstrafen des Täters können bei der Bestimmung der Strafe eine Rolle spielen. Letztendlich liegt die Entscheidung über die angemessene Strafe im Ermessen des Gerichts, vor dem der Fall verhandelt wird.

Allerdings geht der Gesetzgeber davon aus, dass exhibitionistische Handlungen oft zwanghaft erfolgen (Paraphilie). Deshalb kann der Vollzug der Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass der Täter erst nach einer längeren Heilbehandlung keine exhibitionistischen Handlungen vornehmen wird (§ 183 Abs. 3 StGB).

Bei Exhibitionismus gegenüber Kindern (§ 176 Abs. 4 StGB) beginnt das Strafmaß bei 3 Monaten und kann bis zu 3 Jahren reichen.

Diese Strafen gelten für eine vollständige Erfüllung des Straftatbestandes. Ist das nicht der Fall, dann handelt es sich meist um eine Ordnungswidrigkeit nach § 18 OWG, die eine Geldbuße zur Folge hat.

Beschäftigungsverbot

Als Folge der strafbaren Handlung und der strafrechtlichen Sanktionen kann auch ein Beschäftigungsverbot nach § 58 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbschG) ausgesprochen werden.

Strafanzeige und Vorladung wegen Exhibitionismus

Eine Verurteilung aufgrund von Exhibitionismus kann zu spürbaren Strafen führen und die Folgen eines Gerichtsverfahrens können das Privat- als auch das Berufsleben erheblich beeinträchtigen. Deshalb ist dieser Vorwurf nicht zu unterschätzen und auf alle Fälle ernst zu nehmen.

Wenn Sie eine Vorladung als Beschuldigter wegen Exhibitionismus erhalten haben, sollte jedenfalls ein Fachanwalt für Strafrecht mit Schwerpunkt auf Sexualstrafrecht konsultiert werden. Die Rechtslage sichert jedem Beschuldigten das „Recht auf Schweigen“ zu, deshalb sind Sie nicht verpflichtet, der Vorladung nachzukommen.

Ein Rechtsanwalt wird in erster Linie prüfen, ob eine exhibitionistische Handlung nach § 183 StGB vorliegt. Er kann dann vor allem bei Ersttätern eine frühzeitige Einstellung erwirken, um eine öffentliche Hauptversammlung zu vermeiden.

Für die Strafzumessung ist es wichtig, dass das Gericht den Therapiewillen des Beschuldigten klar erkennt. Damit kann die Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgesetzt werden.

Im Falle einer Verurteilung ist neben den verhängten Strafen mit Konsequenzen im privaten und öffentlichen Umfeld zu rechnen, deshalb wird ein guter Strafverteidiger darauf achten, diese Folgen weitgehend zu minimieren.

Wie kann ein Anwalt weiterhelfen?

  • Sammlung aller relevanten Informationen.
  • Festlegung der Verteidigungsstrategie z.B. auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren.
  • Erreichung einer außergerichtlichen Erledigung.
  • Verhinderung eines Eintrags im Führungszeugnis.

Zusammenfassung

Exhibitionismus ist gemäß § 183 StGB das vorsätzliche Zeigen der Genitalien oder Vornahme sexueller Handlungen vor Unbeteiligten zur eigenen sexuellen Erregung. Es ist eine Straftat, die meist von Männern begangen wird und bei den Opfern Gefühle von Unsicherheit, Scham und Belästigung auslöst. Medizinisch gesehen handelt es sich um eine sexuelle Störung, die unter Paraphilie zusammengefasst wird. Opfer können psychische Folgen wie Angst und Unbehagen erleben.

Nach § 183 StGB ist Exhibitionismus strafbar und kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden:

  • Die Strafverfolgung erfolgt grundsätzlich nur auf Antrag (die Behörden werden nicht von sich aus tätig).
  • Die Entblößung weiblicher Genitalien fällt üblicherweise unter § 183a StGB (Erregung öffentlichen Ärgernisses).

Um als Exhibitionismus zu gelten, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Vorsatz
  2. Entblößung vor Unbeteiligten
  3. Handlung in der Öffentlichkeit

Eine Verurteilung kann erhebliche Folgen für das Privat- und Berufsleben haben und die Strafe hängt auch vom Therapiewillen des Beschuldigten ab.

Bei einer Vorladung wegen Exhibitionismus sollte ein Fachanwalt für Strafrecht konsultiert werden, der die Verteidigungsstrategie festlegt, eine außergerichtliche Erledigung anstrebt und damit die Folgen minimiert. Hier finden Sie einen Fachanwalt in Ihrer Nähe.


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