Das eigene Kind hat sich mal wieder unanständig benommen und man verhängt ein Hausarrest von 1 Woche. Hat man sich nun wegen Freiheitsberaubung strafbar gemacht?
- 1. Definition
- 2. Gesetzliche Regelung des § 239 StGB und Geldstrafe
- 2.1. Dauer Freiheitsberaubung
- 2.2. Freiheitsberaubung bei Kindern durch Hausarrest
- 2.3. Freiheitsberaubung in der Pflege
- 2.4. Freiheitsberaubung im Amt
- 2.5. Strafantrag
- 3. Freiheitsberaubung - Schema
- 4. FAQ zur Freiheitsberaubung
- 4.1. Was ist Freiheitsberaubung?
- 4.2. Welche Handlungen fallen unter den Tatbestand der Freiheitsberaubung?
- 4.3. Welche Rolle spielt der Wille des Opfers bei einer Freiheitsberaubung?
- 4.4. Kann auch eine kurze Einschränkung der Bewegungsfreiheit eine Freiheitsberaubung darstellen?
- 4.5. Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat ein Beschuldigter?
- 4.6. Was kann ein Opfer einer Freiheitsberaubung tun?
- 4.7. Welche Besonderheiten gibt es bei der Freiheitsberaubung von Kindern?
Definition
Eine Freiheitsberaubung liegt vor, wenn ein Eingriff von einem Menschen gegeben ist, der dazu führt, dass einer anderen Person die Möglichkeit genommen wird, sich frei nach seinem Willen fortzubewegen. § 239 StGB schützt die Fortbewegungsfreiheit eines Menschen.
Gesetzliche Regelung des § 239 StGB und Geldstrafe
Freiheitsberaubung (© Joachim B. Albers / fotolia.com)Die Freiheitsberaubung ist in § 239 StGB geregelt. Darin heißt es in Absatz 1:
„Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Als geschütztes Rechtsgut des § 239 ist die potenzielle persönliche Fortbewegungsfreiheit zu verstehen. Es sind im Ergebnis 2 Tatmodalitäten denkbar. Zum Einen das Einsperren eines anderen Menschen. Zum Anderen das Berauben dessen Freiheit auf andere Weise (Bsp.: Fesseln, Betäuben, Festhalten).
Einsperren: Festhalten in einem umschlossenen Raum durch äußere Vorrichtungen oder sonstige Vorkehrungen.
Beispiel: Person A sperrt Person B in einem Gebäude oder in einem Keller ein.
Auf andere Weise der Freiheit berauben: Jedes Mittel, das tauglich ist, einen anderen Menschen seiner Fortbewegungsfreiheit zu berauben. Beispiel: Person A fesselt Person B an einen Baum. Das Fesseln beim Sex mit Einwilligung ist dagegen keine Freiheitsberaubung.
§ 239 StGB schützt das Opfer, welches imstande ist, über seinen Aufenthaltsort frei zu bestimmen. Auch Schlafende gehören dazu. Ohnmächtige Personen und Kleinstkinder scheiden dagegen aus. Das Aussperren ist tatbestandlich vom § 239 StGB nicht erfasst.
Wer eine Freiheitsberaubung begeht, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Ob man eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe erhält, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und von der Frage, ob man bereits vorbestraft ist oder nicht. Wenn man eine Person länger als 1 Woche einsperrt oder durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht, droht eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 10 Jahren.
Dauer Freiheitsberaubung
Bei der Freiheitsberaubung handelt es sich um ein Dauerdelikt. Es handelt sich also nicht um ein Zustandsdelikt. Eine bestimmte Dauer schreibt das Gesetzt nicht vor. Unerhebliche Beeinträchtigungen scheiden aus. Es reicht somit nicht aus, wenn man eine Person nur einige Sekunden festhält oder einsperrt. Im Übrigen scheidet eine Strafbarkeit aus, wenn das Opfer sein Einverständnis dazu erklärt hat.
Freiheitsberaubung bei Kindern durch Hausarrest
Hausarrest ist nicht generell verboten und stellt demnach nicht zwingend eine Freiheitsberaubung im strafrechtlichen Sinne dar. Hausarrest meint das Verbot, eine Wohnung oder ein Haus zu verlassen. Dieses Mittel war früher stark verbreitet. Schätzungen zufolge nutzen in Deutschland noch ca. 20 bis 25 % der Familien dieses Mittel, um ihre Kinder zum Gehorchen zu „erziehen“.
Viele Eltern glauben, dass sie solange über das eigene Kind bestimmen können solange es noch nicht volljährig ist. Es gibt aber Grenzen. "Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." So steht es in § 1631 Abs. 2 BGB.
Es ist daher nicht immer ganz eindeutig, was Eltern vor allem im Hinblick auf das Thema Hausarrest dürfen und was nicht. Da gibt es nicht immer klare Grenzen. Hausarrest ist grds. dann unzulässig und verboten, wenn das Kind tagelang eingeschlossen wird oder es über mehrere Tage/Wochen sein Zimmer oder die Wohnung nicht verlassen darf. Erlaubt sind grds. nur kurze Arrestzeiten und wenn dadurch keine seelische Gewalt verursacht wird oder ein Zustand eintritt, der die körperliche Verfassung des Kindes in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt.
Im Ergebnis hängt es also von den Umständen des Einzelfalls ab. Es ist auch verboten, ein schulpflichtiges Kind vom Unterricht fernzuhalten.
Ein Fachanwalt für Strafrecht kann diese Einzelheiten näher erläutern.
Freiheitsberaubung in der Pflege
Pflege & Strafrecht (© bilderstoeckchen / fotolia.com)Auch im Bereich der Pflege stellt sich manchmal die Frage, ob eine Freiheitsberaubung vorliegt, vor allem wenn es um die Fixierung eines Patienten geht. Fixierung meint hierbei die mechanische Bewegungseinschränkung eines Patienten. Grds. ist eine Fixierung das letzte Mittel der Wahl. Allerdings ist diese mit Zustimmung des Patienten zulässig, beispielsweise wenn das Bein nicht angewinkelt werden darf und es aus gesundheitlichen Gründen fixiert werden soll/muss. In folgenden Fällen liegt der Tatbestand einer Freiheitsberaubung im Sinne von § 239 StGB vor:
- Bettseitenteile (Bettgitter etc.) werden verwendet.
- Das Zimmer wird abgeschlossen und die jederzeitige Öffnung ist nicht auf Wunsch des Patienten gewährleistet.
- Bewegungshilfen (Gehhilfe, Rollstuhl etc.) werden weggenommen.
- Bauchgurt, Stuhl-, Hand- und /oder Fußfesseln werden angelegt, wenn der Patient keine Möglichkeit hat, die Fixierung selbst zu lösen.
Freiheitsberaubung im Amt
Eine Freiheitsberaubung ist auch im Amt möglich. Wenn beispielsweise ein Polizist willkürlich und ohne nachvollziehbaren Grund/Verdacht im Rahmen einer Verkehrskontrolle den Fahrzeugführer mit zur Wache zwingt und überdies eine Blutentnahme anordnet, kann dies den Straftatbestand der Freiheitsberaubung erfüllen.
In einem Fall aus dem Jahre 2005 in Brandenburg wurden ein Richter und ein Staatsanwalt u.a. wegen schwerer Freiheitsberaubung zu Bewährungsstrafen verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatten die beiden im April 2005 während einer Verhandlung am Amtsgericht Eisenhüttenstadt widerrechtlich drei Haftbefehle beantragt und erlassen.
Strafantrag
Ein Strafantrag ist nicht notwendig, weil die Freiheitsberaubung – wie die meisten Delikte - zu den Offizialdelikten gehört. Offizialdelikte sind solche Delikte, die im Gegensatz zu den Antragsdelikten von Amts wegen verfolgt werden.
Freiheitsberaubung - Schema
Prüfungsschema: Freiheitsberaubung § 239 StGB
A. Tatbestand
I. Objektiver Tatbestand
1. Tatobjekt: jeder andere Mensch
2. Tathandlung: Eingriff in die mögliche persönliche Bewegungsfreiheit
- durch Einsperren oder
- auf andere Weise der Freiheit berauben (Bsp.: Festhalten, Fesseln, Betäuben)
3. Kein Einverständnis
II. Subjektiver Tatbestand
Notwendig ist Vorsatz: Wille zur Verwirklichung des Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Dolus eventualis ist ausreichend.
B. Rechtswidrigkeit
Es gelten die allgemeinen Grundsätze.
C. Schuld
Es gelten die allgemeinen Grundsätze.
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Qualifikationen der Freiheitsberaubung:
- § 239 Abs. 3 StGB
- § 239 Abs. 4 StGB
Minder schwerer Fall der Freiheitsberaubung:
- § 239 Abs. 5 StGB
FAQ zur Freiheitsberaubung
Was ist Freiheitsberaubung?
Die Freiheitsberaubung ist ein Straftatbestand, der in § 239 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Sie bezeichnet die unrechtmäßige Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt. Eine Person, die eine andere Person gegen ihren Willen einsperrt, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken, begeht somit eine Freiheitsberaubung.
Welche Handlungen fallen unter den Tatbestand der Freiheitsberaubung?
Unter den Tatbestand der Freiheitsberaubung fallen Handlungen wie das Einsperren in einem Raum oder Gebäude, das Festbinden oder das Einsperren in einem Kofferraum. Auch das Festhalten oder Einsperren auf einem Fahrzeug oder Schiff kann eine Freiheitsberaubung darstellen.
Welche Rolle spielt der Wille des Opfers bei einer Freiheitsberaubung?
Der Wille des Opfers spielt bei einer Freiheitsberaubung keine Rolle. Es ist unerheblich, ob das Opfer die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit akzeptiert hat oder nicht. Entscheidend ist allein, ob die Einschränkung der Bewegungsfreiheit gegen den Willen des Opfers erfolgte.
Kann auch eine kurze Einschränkung der Bewegungsfreiheit eine Freiheitsberaubung darstellen?
Ja, auch eine kurze Einschränkung der Bewegungsfreiheit kann eine Freiheitsberaubung darstellen. Es kommt dabei nicht auf die Dauer der Einschränkung an, sondern auf die Art und Weise der Einschränkung.
Welche Verteidigungsmöglichkeiten hat ein Beschuldigter?
Ein Beschuldigter kann sich gegen den Vorwurf der Freiheitsberaubung beispielsweise damit verteidigen, dass er in einer Notsituation gehandelt hat und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit zum Schutz des Opfers notwendig war. Auch eine Einwilligung des Opfers in die Einschränkung der Bewegungsfreiheit kann eine Verteidigungsmöglichkeit darstellen. Jedoch muss die Einwilligung freiwillig und informiert erfolgt sein. Ein Beschuldigter kann sich auch darauf berufen, dass er glaubte, im Rahmen seiner Rechte oder Pflichten zu handeln.
Was kann ein Opfer einer Freiheitsberaubung tun?
Ein Opfer einer Freiheitsberaubung kann Anzeige bei der Polizei erstatten. Es empfiehlt sich auch, einen Anwalt für Strafrecht zu konsultieren, der das Opfer in dem Strafverfahren gegen den Täter vertritt.
Welche Besonderheiten gibt es bei der Freiheitsberaubung von Kindern?
Die Freiheitsberaubung von Kindern stellt eine besonders schwerwiegende Straftat dar, da Kinder besonders schutzbedürftig sind. Eltern oder Sorgeberechtigte, die ihre Kinder ohne rechtfertigenden Grund einsperren oder anderweitig in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, begehen eine Freiheitsberaubung. Die Strafen können hier besonders hoch ausfallen.