Körperverletzung im Jugendstrafrecht – Erläuterungen zur Anwendung, Arten und Strafmaß

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 13. Dezember 2023

Das Jugendstrafrecht sieht keine eigenen Straftatbestände vor, vielmehr gelten hier ebenfalls die Straftatbestände des StGB. Jedoch besteht im Jugendstrafrecht die Möglichkeit, die Strafdauer für eine Körperverletzung zu beschränken. Das Jugendgerichtsgesetz legt hierfür entsprechende Höchstgrenzen für die Strafdauer fest. Im Jugendstrafrecht kann Körperverletzung daher mitunter mit geringeren Freiheitsstrafen bestraft werden als im Erwachsenenstrafrecht.

Anwendung des Jugendstrafrechts

Jugendstrafrecht (© p365de / fotolia.com)
Jugendstrafrecht (© p365de / fotolia.com)
Auch jugendliche Täter müssen sich für eine begangene Körperverletzung strafrechtlich verantworten, auch wenn es hier Unterschiede zum Erwachsenenstrafrecht gibt.

Geschuldet ist dies dem Umstand, dass bei vielen Jugendlichen das straffällige Verhalten nur eine Phase darstellt und es sich nur um vorübergehende Grenzüberschreitungen handelt.

Eigens für das Jugendstrafrecht ausgelegte Strafen gibt es jedoch nicht.

Es gelten die Strafen des Strafgesetzbuches, die jedoch gemäß den Vorgaben des Jugendgerichtsgesetz eingeschränkt werden. Generell gilt das Jugendstrafrecht für Jugendliche, unter Umständen jedoch auch für Heranwachsende. Kinder, mithin Personen unter 14 Jahren, sind nicht strafmündig, so dass bei ihnen generell nicht mit einer Strafe zu rechnen ist.

Fachanwalt.de-Tipp: In Frage kommen dafür jedoch familienrechtliche Maßnahmen!

Das Jugendstrafrecht ist jedoch grundsätzlich bei Jugendlichen, also Personen zwischen 14 und 17 Jahren, anzuwenden. Als Heranwachsende gelten Personen zwischen 18 und 20 Jahren. Ob für diese das Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist, wird im Einzelfall vom individuellen Entwicklungsstand des Betroffenen abhängig gemacht.

Strafmaß für Körperverletzung im Jugendstrafrecht

Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen verschiedenen Begehungsformen der Körperverletzung. Die größte Relevanz haben dabei folgende Tatbestände:

  • Fahrlässige Körperverletzung
  • Versuchte Körperverletzung
  • Einfache Körperverletzung
  • Gefährliche Körperverletzung
  • Schwere Körperverletzung
  • Körperverletzung mit Todesfolge

Was die Dauer einer möglichen Jugendstrafe angeht, so ist § 18 JGG einschlägig. In Absatz 1 heißt es dort: „Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.“

Rechte (© blackday / fotolia.com)
Rechte (© blackday / fotolia.com)
Das bedeutet, dass jugendliche Täter für ein Vergehen, also eine rechtswidrige Tat, die mindestens eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr oder eine Geldstrafe als Strafmaß vorsieht, mit einer Strafdauer von höchstens fünf Jahren belegt werden können.

Haben sich Jugendliche eines Verbrechens schuldig gemacht, also einer rechtswidrigen Tat, die mindestens mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bestraft wird, darf die Strafdauer hier aber maximal zehn Jahre betragen.

Eine längere Freiheitsstrafe oder gar ein lebenslänglich ist im Jugendstrafrecht nicht vorgesehen. Eine Ausnahme bildet dabei der durch einen Heranwachsenden begangene Mord. Soll ein Heranwachsender für einen Mord verurteilt werden, kann mitunter auch eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren verhängt werden.

Dafür muss die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden. Die entsprechende Regelung hierzu findet sich in § 105 Absatz 3 JGG: „Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.“

Vorsätzliche, fahrlässige und versuchte Körperverletzung

Die gesetzliche Regelung für fahrlässige Körperverletzung findet sich in § 229: „Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Es handelt sich demnach bei der fahrlässigen Körperverletzung um ein Vergehen. Gemäß § 18 JGG dürfte im Jugendstrafrecht bei Vergehen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.

Das Strafmaß richtet sich aber auch in diesem Fall nach den Vorgaben des StGB, bzw. der Spielraum für das Strafmaß des JGG deckt sich mit dem des StGB, so dass auch jugendliche und gegebenenfalls heranwachsende Täter nur mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu rechnen haben.

Zudem ist auch eine nur versuchte, jedoch auch vorsätzliche Körperverletzung strafbar. Der Versuch setzt also auch stets Vorsatz voraus, eine versuchte fahrlässige Körperverletzung gibt es daher nicht. Für die Strafbarkeit des Versuchs ist § 23 StGB einschlägig: „Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.“

Als Verbrechen sind die schwere Körperverletzung und die Körperverletzung mit Todesfolge als mögliche Begehungsformen der Körperverletzung anzusehen. Verbrechen sind gem. § 12 StGB all jene Taten, die per Gesetz mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind.

Zu den Vergehen zählen hingegen jene Taten, bei denen eine Mindestfreiheitsstrafe unter einem Jahr oder eine Geldstrafe droht. Vergehen wären somit u.a. die einfache Körperverletzung, die gefährliche Körperverletzung oder auch die fahrlässige Körperverletzung. Auch bei einem Vergehen kann der Versuch strafbar sein, wenn der jeweilige Straftatbestand dies explizit vorgibt.

Die einfache Körperverletzung ist gem. § 223 Absatz 2 StGB auch als Versuch strafbar. Und gemäß § 224 Absatz 2 StGB ist auch eine Versuchsstrafbarkeit der gefährlichen Körperverletzung gegeben. Natürlich ist auch die versuchte Körperverletzung unter Strafe gestellt. § 23 Absatz 2 StGB bestimmt zudem, dass der Versuch milder bestraft werden kann, als die vollendete Tat. Dies ist jedoch einzelfallabhängig zu prüfen. Was den Strafrahmen der versuchten Körperverletzung angeht, orientiert sich dieser an dem der vollendeten Tat.

Fachanwalt.de-Tipp: Bei der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 223 StGB und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 229 StGB handelt es sich um Antragsdelilkte. Diese werden also nur auf Antrag des Opfers verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält, § 230 StGB.

Die verschiedenen Körperverletzungsdelikte und deren zugehöriger Strafrahmen werden unter Bezugnahme auf das Jugendstrafrecht im Folgenden näher vorgestellt.

Strafe für einfache / leichte Körperverletzung im Jugendstrafrecht

Die einfache Körperverletzung ist in § 223 StGB geregelt. Sie wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, es handelt sich somit um ein Vergehen. Gemäß Jugendgerichtsgesetz darf das Strafmaß für Jugendliche demnach bei höchstens fünf Jahren liegen. Bei der einfachen Körperverletzung wird demnach der Strafrahmen des Strafgesetzbuches nicht durch das Jugendstrafrecht beschränkt, die Strafrahmen decken sich hier vielmehr.

Fachanwalt.de-Tipp: Jugendliche Täter werden bei einer einfachen Körperverletzung somit ebenso bestraft wie Erwachsene. In vielen Fällen wird das Gericht jedoch eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens anordnen, abhängig von Alter und Reife des Täters.

Strafmaß für schwere Körperverletzung

Die schwere Körperverletzung ist in § 226 StGB zu finden. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass das Opfer in besonderem Maße durch die Körperverletzung geschädigt wird, beispielsweise das Sehvermögen oder das Gehör verliert, entstellt wird oder ein wichtiges Glied des Körpers verliert. Aufgrund der schweren Tatfolgen für das Opfer liegt das Mindestmaß der Freiheitsstrafe bei einer schweren Körperverletzung auch bei einem Jahr, das Höchstmaß beträgt zehn Jahre. Bei der schweren Körperverletzung handelt es sich somit um ein Verbrechen.

Das JGG sieht vor, dass jugendliche oder heranwachsende Täter bei einem Verbrechen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren belegt werden können. Der Strafrahmen des Jugendstrafrechts ist somit hier identisch mit dem des Strafgesetzbuchs.

Fachanwalt.de-Tipp: Ob tatsächlich die mögliche Höchststrafe verhängt wird oder ob sich das Gericht bei der Strafzumessung im unteren Bereich des Strafrahmens orientiert, wird im Einzelfall zu entscheiden sein.

Jugendstrafe für gefährliche Körperverletzung

Die gefährliche Körperverletzung ist in § 224 StGB geregelt. Sie zeichnet sich durch eine besonders gefährliche Tatbegehung aus, u.a. durch Beibringung von Gift oder mittels einer Waffe, wodurch das Risiko steigt, dass das Opfer schwere Verletzungen erleiden kann. Bestraft wird eine gefährliche Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

 Gesetz (© paul hill / fotolia.com)
Gesetz (© paul hill / fotolia.com)
In minder schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren verhängt werden. Auch bei der gefährlichen Körperverletzung handelt es sich somit um ein Vergehen. Gemäß § 18 JGG darf demnach nur eine Höchststrafe von fünf Jahren verhängt werden. Die durch das Strafgesetzbuch vorgesehene Höchststrafe wird also durch das JGG beschränkt.

Körperverletzung mit Todesfolge

Die Körperverletzung mit Todesfolge ist in § 226 StGB geregelt: „Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.“ Gemäß Absatz 2 ist bei minder schweren Fällen auch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren möglich. Die Körperverletzung stellt die schwerste Form der Körperverletzungsdelikte des StGB dar, da die Verletzungshandlung hier den Tod des Opfers nach sich zieht. Die Körperverletzung mit Todesfolge ist ein Verbrechen.

Daher gilt auch hier die Beschränkung des JGG, wonach jugendliche und gegebenenfalls auch heranwachsende Täter mit einer Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe belegt werden können. Daher wird auch bei der Körperverletzung mit Todesfolge der Strafrahmen durch das Jugendstrafrecht beschränkt.

FAQ zur Körperverletzung im Jugendstrafrecht

Was versteht man unter Körperverletzung im Jugendstrafrecht?

Eine Körperverletzung liegt vor, wenn eine Person vorsätzlich oder fahrlässig die körperliche Unversehrtheit einer anderen Person beeinträchtigt. Im Jugendstrafrecht geht es um die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Jugendlichen und Heranwachsenden, also Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren. Gemäß § 223 des Strafgesetzbuches (StGB) ist Körperverletzung strafbar. Die Unterscheidung zwischen Jugendlichen (14-17 Jahre) und Heranwachsenden (18-21 Jahre) ist wichtig, da das Jugendstrafrecht für Heranwachsende nur in bestimmten Fällen zur Anwendung kommt. Die Rechtsfolgen können sich daher unterscheiden.

Beispiele für Körperverletzung sind:

  • leichte Körperverletzung (z.B. Prellungen, Schürfwunden)
  • schwere Körperverletzung (z.B. Knochenbrüche, innere Verletzungen)
  • gefährliche Körperverletzung (z.B. Verwendung von Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen)
  • misshandlung von Schutzbefohlenen (z.B. Gewaltanwendung gegenüber eigenen Kindern oder anderen schutzbedürftigen Personen)

Welche Sanktionen sind im Jugendstrafrecht bei Körperverletzung möglich?

Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Das bedeutet, dass das Hauptziel der Strafe die Erziehung und Resozialisierung des jugendlichen Straftäters ist. Daher unterscheiden sich die Sanktionen von denen des allgemeinen Strafrechts.

Mögliche Sanktionen im Jugendstrafrecht bei Körperverletzung sind:

  • Erziehungsmaßregeln (z.B. Weisungen, Jugendarrest)
  • Zuchtmittel (z.B. Verwarnung, Auflagen)
  • Jugendstrafe (Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 5 Jahren)

Die konkrete Sanktion hängt von der Schwere der Tat, dem Verschulden des Täters und der persönlichen und sozialen Situation des Jugendlichen ab.

Wie wird das Strafmaß bei Körperverletzung im Jugendstrafrecht ermittelt?

Die Ermittlung des Strafmaßes im Jugendstrafrecht erfolgt gemäß den Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG). Zentrale Kriterien sind die Schwere der Schuld, die Erziehungsbedürftigkeit des Jugendlichen sowie die Notwendigkeit erzieherischer Einflussnahme. Hierbei spielen das Alter des Täters, seine bisherige Entwicklung und sein soziales Umfeld eine wichtige Rolle. Auch die Art und Schwere der Körperverletzung, etwa ob sie fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde, beeinflussen das Strafmaß.

Welche Rolle spielen Erziehungsberechtigte bei der Verhandlung von Körperverletzung im Jugendstrafrecht?

Im Jugendstrafrecht ist die Einbindung der Erziehungsberechtigten von großer Bedeutung. Sie haben gemäß § 67 JGG das Recht, an der Hauptverhandlung teilzunehmen und sich zu den Anklagevorwürfen und zur Persönlichkeit des Jugendlichen zu äußern. Darüber hinaus können sie im Rahmen der Verhandlung wichtige Informationen zur familiären Situation und bisherigen Erziehung beisteuern. Ihre Mitwirkung kann dazu beitragen, eine angemessene Sanktion zu finden, die dem Erziehungsgedanken Rechnung trägt und die Resozialisierung des Jugendlichen fördert.

Inwieweit können Opfer von Körperverletzung im Jugendstrafrecht entschädigt werden?

Opfer von Körperverletzung haben im Jugendstrafrecht grundsätzlich dieselben Ansprüche auf Entschädigung wie im allgemeinen Strafrecht. Dazu zählen insbesondere:

  • Schmerzensgeld (für erlittene körperliche und seelische Schmerzen)
  • Schadensersatz (für materielle Schäden, z.B. Arztkosten, Verdienstausfall)
  • Genugtuung (für immaterielle Schäden, z.B. Beeinträchtigung des Lebensgefühls)

Die Ansprüche können zivilrechtlich geltend gemacht werden oder im Rahmen des Strafverfahrens als Adhäsionsverfahren anhängig gemacht werden.


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