Was bedeutet Landfriedensbruch nach § 125 StGB?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 20. November 2023

Sie sind ein Gegner der EU und haben lediglich eine Anti-EU-Demo besucht. Im Rahmen dieser Demo kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Als Ruhe einkehrt, nimmt die Polizei von diversen Personen die Personalien auf, u.a. auch von Ihnen. Sie denken sich nichts dabei, allerdings erhalten Sie einige Tage später eine polizeiliche Vorladung mit dem Vorwurf „Landfriedensbruch“.

Landfriedensbruch - Definition

Landfriedensbruch (© erlucho / fotolia.com)
Landfriedensbruch (© erlucho / fotolia.com)
Landfriedensbruch bedeutet eine Straftat gegen den öffentlichen Frieden oder die öffentliche Ordnung, bei der es zu Gewalttätigkeiten aus einer Menschenmenge heraus kommt.

Gesetzliche Regelung und Strafmaß

Der Straftatbestand des Landfriedensbruchs stellt einen der Straftaten gegen die öffentliche Sicherheit dar. Geregelt ist er im § 125 StGB. Geschützt sind aber auch Individualrechtsgüter, wie das Leben, das Eigentum und die Gesundheit.

Nach § 125 StGB begeht derjenige Landfriedensbruch, wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder an Bedrohungen von Menschen beteiligt, die von einer Menschenmenge mit vereinten Kräften begangen werden, oder wer eine Menschenmenge dazu auffordert.

Derjenige, der Landfriedensbruch begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die zu erwartende Strafe hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zudem spielt es eine Rolle, ob der Betroffene vorbestraft ist und ob er geständig ist. 

Es gibt auch den besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs nach § 125a StGB. Dieser Fall ist dann gegeben,

  • wenn der Täter eine Schußwaffe bei sich führt,
  • eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden,
  • durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
  • plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

In diesen Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Varianten der Tathandlung und Beispiele

Es gibt 3 Varianten bei der Tathandlung des Landfriedensbruch:

1. der gewalttätige Landfriedensbruch (§ 125 Absatz 1, 1. Halbsatz, Nr. 1)

Als Tathandlung reicht eine Beteiligung aus. Hierbei müssen mehrere Personen aus einer Menschenmenge heraus (in der Regel 15 bis 20 Personen) mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen begehen. Es spielt keine Rolle, ob der Ort dabei öffentlich oder nicht öffentlich ist. Gewalttätigkeit meint dabei: ein gegen die körperliche Unversehrtheit von Menschen oder Sachen gerichtetes Tun von einiger Erheblichkeit unter Einsatz von Kraft. Ob hierbei tatsächlich ein Schaden entsteht oder ob es überhaupt zu einer konkreten Gefährdung kommt, spielt ebenfalls keine Rolle. Der Angegriffene muss also dabei keine Verletzung erleiden. Ein Erfolg ist demnach nicht nötig. Maßgeblich ist allein, dass eine nicht geringfügige Auswirkung gewollt ist. Für die Tathandlung reicht ein inaktives bloßes Dabeisein nicht aus. Ebenso reicht ein bloßes Mitmarschieren nicht aus.

Strafverteidiger-Tipp: Bei Vermummung können auch das bloße Dabeisein/bloße Mitmarschieren für die Tathandlung ausreichen.

Beispiele für „Gewalttätigkeiten gegen Menschen“:

  • Steine werfen, Flaschen werfen
  • Feuerwerkskörper werfen, Eier werfen, Erdklumpen werfen
  • Wurfgeschosse, Steine, Flaschen wieder aufsammeln
  • durch eine Vermummung und Schutzbewaffnung die eigene Solidarität mit den Gewalttätern zum Ausdruck bringen (siehe dazu auch BGH NStZ 1984, 549)
  • Gewalt gegen andere Fans bei Fußballspielen im Rahmen von Auseinandersetzungen rivalisierender Gruppen
  • Wegdrängen von Polizeibeamten

Strafrecht (© erlucho / fotolia.com)
Strafrecht (© erlucho / fotolia.com)
Die Bildung und Beteiligung an einer Sitzblockade fällt nicht hierunter.

Beispiele für „Gewalttätigkeiten gegen Sachen“:

  • Autoreifen zerstechen
  • Absperrungen durchbrechen
  • Türen einschlagen
  • Türen zerstören/einschlagen
  • Einrichtungsgegenstände zerstören
  • Errichten von Barrikaden aus Parkbänken
  • Umwerfen von Kraftfahrzeugen

2. der bedrohende Landfriedensbruch (§ 125, Absatz 1, 1. Halbsatz, Nr. 2)

Bei dieser Variante geht es um Bedrohungen mit einer Gewalttätigkeit gegen andere Menschen, die aus einer Menschenmenge heraus (15 bis 20 Personen) begangen werden. Bedrohung meint hierbei die Ankündigung einer Tat gegenüber einem anderen. Eine solche Ankündigung muss nicht mit Worten erfolgen, sondern kann auch durch ein entsprechendes Verhalten erfolgen. Wie bei der Variante zuvor, muss kein Erfolg eintreten. Für die Tathandlung muss wie bei der Variante zuvor ein aktives Beteiligen gegeben sein. Ein bloßes Dabeisein bzw. bloßes Mitmarschieren reicht auch hier nicht aus (Ausnahme: Vermummung).

     Beispiele:

  • Bedrohliches Vorrücken einer Menschenmenge gegen andere Fans
  • Bedrohliches Vorrücken gegen Polizei
  1. der aufwieglerische Landfriedensbruch (§ 125 Absatz 1, 2. Halbsatz)

Beim aufwieglerischen Landfriedensbruch wirkt der Täter („Anheizer“) auf eine bereits vorhandene Menschenmenge ein. Dies geschieht also in der Regel von „außerhalb“. Die Menschenmenge kann sowohl friedlich als auch nicht friedlich sein. Der Täter muss in der Absicht handeln, die Bereitschaft der Menge zu Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen zu steigern bzw. zu fördern. Ob tatsächlich ein Erfolg eintritt, ist nicht maßgeblich.

Beispiele:

  • Anfeuernde Gesten
  • Parolen rufen („Schlagt die Bullen“, „Ausländer raus“ etc.)
  • anstachelnde Lieder singen
Strafverteidiger-Tipp: Sollten Sie an einer Demo oder an einem Fußballspiel teilgenommen haben und anschließend eine Vorladung von der Polizei erhalten mit dem Vorwurf „Landfriedensbruch“, sollten Sie den Termin bei der Polizei nicht wahrnehmen und stattdessen einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Strafrecht mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen

Landfriedensbruch - Schema § 125 Abs. 1 StGB (Variante 1 und 2)

A. Tatbestand

I. objektiver Tatbestand

  • Beteiligung an einer Gewalttätigkeit gegen Personen oder Sachen (1. Variante)
  • Beteiligung an Bedrohung von Menschen mit Gewalttätigkeit (2.Variante)
  • Menschenmenge
  • mit vereinten Kräften
  • Gefahr für die öffentliche Sicherheit

 II. subjektiver Tatbestand:

Notwendig ist Vorsatz: Wille zur Verwirklichung des Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Dolus eventualis ist ausreichend.

B. Rechtswidrigkeit:  Es gelten die allgemeinen Grundsätze

C. Schuld: Es gelten die allgemeinen Grundsätze

D. Strafe: Ggf. Regelbeispiel § 125a

E. Konkurrenzen: Subsidaritätsklausel

Schema § 125 Abs. 1 StGB (Variante 3)

A. Tatbestand

I. objektiver Tatbestand

  • Einwirken auf eine bereits vorhandene Menschenmenge (3.Variante)

 II. subjektiver Tatbestand:

Notwendig ist zunächst Vorsatz: Wille zur Verwirklichung des Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Dolus eventualis ist ausreichend.

Darüber hinaus notwendig die Absicht die Bereitschaft der Menge zu Handlungen (Abs.1, 1. oder / und 2. Variante) zu fördern

B. Rechtswidrigkeit:  Es gelten die allgemeinen Grundsätze

C. Schuld: Es gelten die allgemeinen Grundsätze

D. Strafe: Ggf. Regelbeispiel § 125a

E. Konkurrenzen: Subsidaritätsklausel

FAQ zum Landfriedensbruch

Was ist Landfriedensbruch und wie ist dieser juristisch definiert?

Landfriedensbruch ist eine Straftat, die in § 125 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt ist. Diese Straftat liegt vor, wenn jemand in einer Menschenmenge, die durch ihre Zusammenrottung einen gewaltsamen Angriff auf Personen oder Sachen befürchten lässt, mit Wissen um die drohende Gewalttat an dieser Menschenmenge teilnimmt. Die wesentlichen Elemente des Landfriedensbruchs sind:

  • Zusammenrottung: Eine Menschenmenge, die aus mindestens drei Personen besteht und bei der mindestens zwei gewaltbereite Personen sind.
  • Gewaltsamer Angriff: Eine konkrete, tatsächliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die durch die Handlungen der gewaltbereiten Personen entsteht.
  • Wissen um die drohende Gewalttat: Der Täter muss sich der Tatsache bewusst sein, dass durch die Zusammenrottung ein gewaltsamer Angriff zu befürchten ist.

Welche Strafen drohen bei einem Landfriedensbruch?

Die Strafe für Landfriedensbruch ist in § 125 StGB festgelegt. Sie sieht vor, dass der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann. In besonders schweren Fällen, wie zum Beispiel wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich führt oder wenn er schwere Körperverletzungen verursacht, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu fünf Jahren betragen (§ 125a StGB).

Die genaue Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel:

  • Die Schwere der Tat (Gewaltanwendung, Sachbeschädigung, Körperverletzung, etc.)
  • Die persönlichen Verhältnisse des Täters (Vorstrafen, soziale Bindungen, Beruf, etc.)
  • Das Verhalten nach der Tat (Reue, Schadenswiedergutmachung, etc.)

Wie kann man sich gegen einen Vorwurf des Landfriedensbruchs verteidigen?

Es gibt verschiedene Verteidigungsstrategien gegen den Vorwurf des Landfriedensbruchs.

Hier sind einige Beispiele:

  • Bestreiten der Zusammenrottung: Zeigen, dass keine Menschenmenge bestand, die aus mindestens drei Personen mit mindestens zwei gewaltbereiten Personen bestand.
  • Bestreiten des Wissens um die drohende Gewalttat: Nachweisen, dass man sich der drohenden Gewalttat nicht bewusst war und somit das Wissen um die drohende Gewalttat fehlte.
  • Bestreiten des gewaltsamen Angriffs: Argumentieren, dass keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand und somit der gewaltsame Angriff nicht gegeben war.
  • Entschuldigungsgründe: Vorbringen von Gründen, die das Verhalten des Täters entschuldigen oder rechtfertigen könnten, wie zum Beispiel Notwehr, Notstand oder ein unverschuldeter Verbotsirrtum.

Es ist ratsam, sich in solchen Fällen an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Strafrecht zu wenden, der die individuelle Situation beurteilen und die beste Verteidigungsstrategie entwickeln kann.

Welche Rolle spielen Zeugen bei der Aufklärung von Landfriedensbruch?

Zeugen können eine wichtige Rolle bei der Aufklärung von Landfriedensbruch spielen. Sie können beispielsweise Aussagen darüber treffen, ob eine Zusammenrottung vorlag, ob der Beschuldigte an der Menschenmenge teilgenommen hat und ob er sich der drohenden Gewalttat bewusst war.

Die Aussagen von Zeugen können sowohl für die Anklage als auch für die Verteidigung von Bedeutung sein. Für die Anklage können Zeugenaussagen dazu beitragen, die erforderlichen Tatbestandsmerkmale nachzuweisen. Für die Verteidigung können Zeugenaussagen hingegen entlastende Umstände oder Gründe aufzeigen, die gegen einen Landfriedensbruch sprechen.

In jedem Fall ist es wichtig, dass Zeugen ihre Wahrnehmungen genau und objektiv schildern und keine voreiligen Schlussfolgerungen ziehen.

Wie unterscheidet sich Landfriedensbruch von anderen Straftaten wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung?

Der Landfriedensbruch unterscheidet sich von anderen Straftaten wie Körperverletzung oder Sachbeschädigung durch die besondere Situation, in der die Tat begangen wird, nämlich die Teilnahme an einer Menschenmenge, die durch ihre Zusammenrottung einen gewaltsamen Angriff auf Personen oder Sachen befürchten lässt. Körperverletzung (§ 223 StGB) und Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sind eigenständige Straftatbestände, die unabhängig vom Landfriedensbruch verfolgt und bestraft werden können.

Es ist jedoch möglich, dass eine Person wegen mehrerer Delikte verurteilt wird, wenn sie beispielsweise im Rahmen eines Landfriedensbruchs eine Körperverletzung oder Sachbeschädigung begeht. In solchen Fällen spricht man von Tateinheit (§ 52 StGB), bei der mehrere Straftaten mit einem Handlungszusammenhang begangen werden.

Die Strafe für die Tateinheit bemisst sich nach der schwersten Einzeltat und kann um ein Drittel erhöht werden.

In welchen Fällen kann die Teilnahme an einer Demonstration als Landfriedensbruch gewertet werden?

Die Teilnahme an einer Demonstration kann als Landfriedensbruch gewertet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es besteht eine Zusammenrottung von mindestens drei Personen, bei der mindestens zwei gewaltbereite Personen sind.
  • Es besteht eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch gewaltsame Angriffe auf Personen oder Sachen, die durch die Handlungen der gewaltbereiten Personen entstehen.
  • Der Teilnehmer ist sich der drohenden Gewalttat bewusst und nimmt trotzdem an der Menschenmenge teil.

Es ist wichtig zu beachten, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) geschützt ist und die Teilnahme an friedlichen Demonstrationen nicht strafbar ist. Eine strafbare Teilnahme an einer Demonstration als Landfriedensbruch liegt nur vor, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Gibt es präventive Maßnahmen, die man ergreifen kann, um nicht in den Verdacht eines Landfriedensbruchs zu geraten?

Um nicht in den Verdacht eines Landfriedensbruchs zu geraten, können folgende präventive Maßnahmen ergriffen werden:

  • Informiere dich im Vorfeld über die Absichten und den Charakter der Veranstaltung oder Demonstration, an der du teilnehmen möchtest.
  • Vermeide es, dich gewaltbereiten Gruppen anzuschließen oder in ihrer Nähe zu bleiben.
  • Bleibe bei Demonstrationen oder Veranstaltungen immer friedlich und beteilige dich nicht an Gewalttaten oder Sachbeschädigungen.
  • Verlasse sofort die Menschenmenge, wenn du erkennst, dass es zu einer gewalttätigen Eskalation kommt.
  • Dokumentiere gegebenenfalls das Geschehen mit Fotos oder Videos, um im Falle einer späteren Anschuldigung beweisen zu können, dass du nicht am Landfriedensbruch beteiligt warst.

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