Die Regelung zur Misshandlung Schutzbefohlener ist Teil des 17. Abschnitts des Strafgesetzbuchs und gehört zu den Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit. Die Misshandlung im Sinne des § 223 StGB wird dabei als körperliche Schädigung verstanden.
Der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen ist daher ein eigener Tatbestand. § 225 StGB widmet sich dem Schutz besonders schützenswerter Personengruppen, die aufgrund ihres Alters (jünger als 18) oder wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit nicht in der Lage sind, sich selbst gegen Misshandlungen zur Wehr zu setzen.
- 1. Gesetzliche Regelung des § 225 StGB und Strafmaß
- 2. Definition nach StGB
- 3. Schema
- 4. Mißhandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen
- 5. Urteile
- 6. Mißhandlung schutzbefohlener Personen durch Lehrer
- 7. Mißhandlung schutzbefohlener Personen in der Altenpflege
- 8. FAQ zur Misshandlung von Schutzbefohlenen
- 8.1. Was versteht man unter der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
- 8.2. Wer gilt als Schutzbefohlener?
- 8.3. Welche Strafen drohen bei der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
- 8.4. Wie kann man eine Misshandlung von Schutzbefohlenen melden und welche Hilfe gibt es für Betroffene?
- 8.5. Gibt es Möglichkeiten zur Prävention und Sensibilisierung im Bereich der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
Gesetzliche Regelung des § 225 StGB und Strafmaß
Die Misshandlung Schutzbefohlener ist in § 223 StGB geregelt. Dort heißt es in Absatz 1:
„Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2. seinem Hausstand angehört,
3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
Mißhandlung von Schutzbefohlenen (© Gerhard Seybert / Fotolia.com)quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
Laut Absatz 2 ist auch der Versuch strafbar.
In Absatz 3 heißt es weiter:
„Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr
1. des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2. einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.“
Absatz 4 regelt zudem, dass auch ein minder schwerer Fall vorliegen kann.
Für die Misshandlung Schutzbefohlener sind also Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren nach § 225 Absatz 1 StGB vorgesehen. Eine Geldstrafe kann alternativ nicht verhängt werden. In einem besonders schweren Fall nach Absatz 3 beträgt die Mindestfreiheitsstrafe ein Jahr. Gemäß § 225 Absatz 4 StGB lässt sich hingegen die Freiheitsstrafe in einem minder schweren Fall auf drei Monate bis fünf Jahre senken.
Definition nach StGB
Personen, die wegen einer psychischen oder körperlichen Erkrankung oder wegen eines Gebrechens nicht mehr oder noch nicht geschäftsfähig und wehrlos sind, gelten als Schutzbefohlene im Sinne des § 225 StGB. Diese Personen müssen sich daher in der Obhut oder unter der Aufsicht einer Pflegeperson oder eines Betreuers befinden. Die Pflegeperson bzw. der Betreuer trägt dann die Pflicht, sich um Verpflegung und Gesundheit des Schutzbefohlenen zu kümmern. Schutzbefohlene sind daher vor allem häufig in der Alten- und Krankenpflege anzutreffen. Doch auch Kinder und minderjährige Jugendliche bis zu 18 Jahren gehören zum Kreis der Schutzbefohlenen. In diesem Fall haben die Eltern die Sorgepflicht inne, oder aber eine Aufsichtsperson in der Schule, im Kindergarten, im Heim oder einer ähnlichen Einrichtung. Zwischen dem Schutzbefohlenen und der Person, die die Sorgepflicht innehat, besteht also ein Abhängigkeitsverhältnis.
§ 225 StGB setzt weiterhin eine Misshandlung voraus. Darunter ist die Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens oder der Unversehrtheit einer Person in nicht unerheblichem Maße zu verstehen. Auch psychische Misshandlungen sind möglich. Die Misshandlung muss zudem das Merkmal der Rohheit erfüllen. Dafür wird eine gefühllose, fremdes Leid missachtende Gesinnung verlangt. Laut § 225 StGB wird der Tatbestand aber auch dann erfüllt, wenn ein Schutzbefohlener gequält oder böswillig vernachlässigt wird. Eine Vernachlässigung ist dann böswillig, wenn sie aus verwerflichen, insbesondere eigensüchtigen Beweggründen geschieht, Beispiele wären hier etwa Sadismus und Hass. Unter quälen hingegen versteht man das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden.
Beispiele für eine Mißhandlung von Schutzbefohlenen
Beispiele für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „roh“ bei einer Misshandlung wären etwa Faustschläge gegen ein 8-jähriges Kind oder das Schlagen eines Kindes mit einer sogenannten Bullen-Peitsche. Eine rohe Misshandlung ist auch zu bejahen, wenn ein anderthalbjähriges Kind nach Verabreichung von 60ml Weinbrand bewusstlos ist und der Täter ihm einige Sekunden lang ein brennendes Feuerzeug unter vier Finger hält, weil er feststellen wollte, „ob es noch lebe“. Gequält wird ein Kind etwa dann, wenn es durch Einsperren in den dunklen Keller in Todesangst versetzt wird.
Das Merkmal des Quälens wird auch dann erfüllt, wenn Eltern ihre Tochter jahrelang seelisch quälen, etwa, indem sie vom Familienleben ausgeschlossen wird, ihr Hundefutter vorgesetzt wird, sie ein Hundehalsband umgelegt bekommt oder ihr angedroht wird, dass man ihr Hände und Kopf abschneiden wird, während man ihr bei der Drohung auch noch ein laufendes Elektromesser vorhält.
Eintritt der Verjährung
Strafrecht (© Marco2811 / Fotolia.com)Die Verjährungsfrist richtet sich nach § 78 StGB. Demnach muss von dem Höchstmaß der Freiheitsstrafe ausgegangen werden, um die Verjährungsfrist zu berechnen. Bei § 225 Absatz 1 StGB beträgt die Höchststrafe zehn Jahre. Demzufolge ist § 78 Absatz 3 Nr. 3 StGB einschlägig. Die Verjährungsfrist für die Misshandlung Schutzbefohlener liegt also bei zehn Jahren. Nach Ablauf dieser Frist ist eine strafrechtliche Ahndung nicht mehr möglich.
Im besten Fall wird ein Fachanwalt für Strafrecht konsultiert.
Schema
Die Prüfung von § 225 StGB kann nach folgendem Schema erfolgen:
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt: Person unter 18 Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person
b) Täter-Opfer-Verhältnis: Fürsorge- oder Obhutsverhältnis / Hausstandsangehörigkeit / Fürsorgeüberlassung / Dienst- oder Arbeitsverhältnis
c) Tathandlung: Quälen / rohes misshandeln / Gesundheitsschädigung durch böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht
2. Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikation nach § 225 Absatz 3 StGB / minder schwerer Fall nach § 225 Absatz IV StGB
V. Ergebnis
Mißhandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen
Das Tatbestandsmerkmal des Quälens gem. § 225 StGB ist auch durch Unterlassen möglich. Quälen definiert sich allgemein als das Verursachen länger andauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden. Und das ist auch durch Unterlassen möglich, insbesondere dann, wenn es unterlassen wird, dem Opfer leidensvermindernde ärztliche Hilfe zukommen zu lassen.
Urteile
Das Landgericht Regensburg hatte 2017 in einem Fall zu urteilen, in dem der 5-jährige Sohn, der erhebliche Brandverletzungen erlitten hatte, von seinen Eltern nicht zum Arzt gebracht wurde. Das Landgericht verhängte mehrjährige Haftstrafen gegen das Paar, da das Kind trotzt schlimmer Verletzungen nicht bei einem Arzt vorstellig wurde. Das Paar hatte Angst vor dem Jugendamt und zog es daher vor, sich vier Tage lang selbst um die Brandwunden des Jungen zu kümmern. Hierdurch sah das Gericht eine schwere Misshandlung Schutzbefohlener durch Unterlassen als gegeben an.
Bekanntheit erlangte auch der Fall der dreijährigen Karolina, die vom Freund der Mutter mehrere Tage lang mit Schlägen und Verbrennungen gequält wurde. Das Kind, das schließlich bewusstlos geschlagen und bis zur Unkenntlichkeit entstellt war, wurde auf einer Krankenhaustoilette abgelegt, nackt und kahlgeschoren. Das Kind starb zwei Tage später an den schweren Hirnverletzungen. Sowohl die Mutter als auch deren Partner erhielten langjährige Haftstrafen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung mit Todesfolge.
Mißhandlung schutzbefohlener Personen durch Lehrer
Einem Lehrer kommen nicht mehr Rechte zu als den Eltern. § 1631 BGB sagt aus, dass Kinder ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben. Und was die Eltern nicht tun dürfen, darf auch der Lehrer nicht. Ein Züchtigungsrecht für Lehrer besteht nicht. Misshandlung von Schutzbefohlenen kann daher auch durch Lehrer begangen werden, denn auch hier besteht ein besonderes Schutzverhältnis zwischen Lehrern und Schülern.
Mißhandlung schutzbefohlener Personen in der Altenpflege
Misshandlung von Schutzbefohlenen ist gerade auch in der Alten- wie auch Krankenpflege denkbar, da es hier zu einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Pfleger und Patienten kommt und die Patienten infolge einer Krankheit oder altersbedingtem Gebrechen in besonderem Maße wehrlos und damit schutzbedürftig sind.
FAQ zur Misshandlung von Schutzbefohlenen
Was versteht man unter der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
Misshandlung von Schutzbefohlenen ist eine Straftat, die im deutschen Strafgesetzbuch (StGB) unter § 225 StGB geregelt ist. Sie liegt vor, wenn eine Person, die für das Wohl einer anderen Person verantwortlich ist, diese Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.
- Körperliche Misshandlung: Das Zufügen von Schmerzen oder körperlichen Verletzungen, z. B. Schlagen, Treten, Würgen, Verbrühen, usw.
- Gesundheitsschädigung: Das Hervorrufen oder Verschlimmern von körperlichen oder seelischen Leiden, z. B. durch Vernachlässigung, Isolation, Zwangsernährung, usw.
Ein Beispiel für die Misshandlung von Schutzbefohlenen wäre, wenn ein Elternteil sein Kind regelmäßig schlägt oder es ohne Nahrung und Wasser in einem dunklen Raum einsperrt.
Wer gilt als Schutzbefohlener?
Laut § 225 Abs. 1 StGB gelten als Schutzbefohlene:
- Personen, die einem zur Erziehung, zur Ausbildung, zur Beaufsichtigung in der Berufsausübung oder zur Betreuung in einer Einrichtung anvertraut sind, z. B. Kinder, Schüler, Auszubildende
- Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte, die mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft leben und denen gegenüber der Täter eine Fürsorge- oder Obhutspflicht hat, z. B. Ehepartner, Geschwister, Schwiegereltern
- Personen, die einem wegen Krankheit, Gebrechen, körperlicher oder geistiger Schwäche oder aus sonstigen Gründen in besonderem Maße hilfsbedürftig sind und denen gegenüber der Täter eine Fürsorge- oder Obhutspflicht hat, z. B. Pflegebedürftige, Behinderte
Welche Strafen drohen bei der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
Die Strafen für die Misshandlung von Schutzbefohlenen sind im § 225 Abs. 2 und Abs. 3 StGB geregelt:
- Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe: Bei einer einfachen Misshandlung von Schutzbefohlenen
- Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren: Bei einer Misshandlung von Schutzbefohlenen, die länger andauert oder die das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen körperlichen oder seelischen Entwicklungsschädigung bringt
- Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren: Bei einer Misshandlung von Schutzbefohlenen, die eine schwere Gesundheitsschädigung oder eine erhebliche körperliche oder seelische Entwicklungsschädigung zur Folge hat
- Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren: Bei einer Misshandlung von Schutzbefohlenen, die zum Tod des Opfers führt
Wie kann man eine Misshandlung von Schutzbefohlenen melden und welche Hilfe gibt es für Betroffene?
Eine Misshandlung von Schutzbefohlenen sollte unbedingt bei der Polizei gemeldet werden. Man kann dies persönlich auf einer Polizeidienststelle tun oder telefonisch unter der Notrufnummer 110. Anonyme Hinweise sind ebenfalls möglich. Betroffene oder Zeugen können sich auch an das Jugendamt, an Beratungsstellen oder an Opferschutzorganisationen wenden, um Hilfe und Unterstützung zu erhalten.
- Jugendamt: Zuständig für den Schutz von Kindern und Jugendlichen; kann bei Gefährdung des Wohls Maßnahmen ergreifen, z. B. Inobhutnahme, Unterbringung in einer Pflegefamilie, usw.
- Beratungsstellen: Bieten psychologische, soziale und rechtliche Beratung und Unterstützung für Betroffene und deren Familien, z. B. Erziehungsberatungsstellen, Frauenhäuser, usw.
- Opferschutzorganisationen: Unterstützen Opfer von Gewalt und deren Angehörige, z. B. Weißer Ring, Opferhilfe Deutschland, usw.
Ein Beispiel für eine Anlaufstelle ist der Weißer Ring, eine Opferschutzorganisation, die Betroffene von Gewalt und Misshandlung unterstützt und ihnen Hilfe anbietet.
Gibt es Möglichkeiten zur Prävention und Sensibilisierung im Bereich der Misshandlung von Schutzbefohlenen?
Ja, es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Prävention und Sensibilisierung im Bereich der Misshandlung von Schutzbefohlenen:
- Aufklärung und Bildung: Informationsveranstaltungen, Schulungen und Workshops in Schulen, Kindergärten, Vereinen, usw., um das Bewusstsein für die Problematik zu erhöhen und präventive Maßnahmen zu vermitteln
- Früherkennung und Intervention: Schulung von Fachkräften (z. B. Lehrer, Erzieher, Ärzte), um Anzeichen von Misshandlung frühzeitig zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren
- Unterstützung für Familien: Angebote von Beratungsstellen und sozialen Diensten, um Familien in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und präventiv zu wirken
- Öffentlichkeitsarbeit: Kampagnen und Medienarbeit, um das Thema Misshandlung von Schutzbefohlenen in der Öffentlichkeit präsent zu halten und das Bewusstsein dafür zu schärfen