Offizialdelikt im StGB – Bedeutung, Liste und Beispiele

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 29. Februar 2024

Ein Offizialdelikt wird bereits von Amts wegen verfolgt, es bedarf hier nicht extra eines Strafantrags. Zu dieser Art von Delikten gehören alle Verbrechen sowie die meisten Vergehen, darunter u.a. Nötigung, Diebstahl und gefährliche Körperverletzung.

Offizialdelikt – Bedeutung im StGB

 Strafrecht (© Marco2811 / fotolia.com)
Strafrecht (© Marco2811 / fotolia.com)
Während Antragsdelikte grundsätzlich nur auf einen Strafantrag hin verfolgt werden, sind sogenannte Offizialdelikte schon von Amts wegen zu verfolgen, einen Strafantrag braucht es für die Strafverfolgung also nicht.

Zu den Offizialdelikten zählen alle Verbrechen sowie die meisten Vergehen, mithin die schwereren Straftaten.

Und eben die Schwere der Straftaten macht einen Strafantrag in diesem Fall entbehrlich. Die staatlichen Strafverfolgungsbehörden verfolgen die Straftat von Amts wegen schon, wenn sie Kenntnis über die Tat erlangen.

Grundsätzlich gelten alle Straftaten zunächst als Offizialdelikte und sind somit von Amts wegen zu verfolgen, es sei denn, es wird durch das Gesetz ausdrücklich verlangt, dass zunächst ein Strafantrag als Verfolgungsvoraussetzung gestellt wird.

Offizialdelikte Liste

Zu den Offizialdelikten gehören u.a.:

  • Betrug (§ 263 StGB)
  • Gefährliche und schwere Körperverletzung (§§ 224, 226 StGB)
  • Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB)
  • Diebstahl (§§ 242, 243, 244, 244a StGB)
  • Verkehrsgefährdung (§ 315c StGB)
  • Raub (§ 249 StGB)
  • Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB)
  • Räuberische Erpressung (§ 255 StGB)
  • Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB)
  • Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB)
  • Freiheitsberaubung (§ 239 StGB)
  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
  • Nötigung (§ 240 StGB)

Antragsdelikt oder Offizialdelikt? Beispiele und Erläuterungen

Ob es sich bei den einzelnen Delikten um ein Offizial- oder Antragsdelikt handelt, gibt das Gesetz selbst wieder. Soweit ein Strafantrag erforderlich ist für die Strafverfolgung, wird dies explizit im Gesetz gefordert.

Körperverletzung

 Körperverletzung (© sabphoto / fotolia.com)
Körperverletzung (© sabphoto / fotolia.com)
Das Gesetz sieht verschiedene Begehungsformen der Körperverletzung vor, die in eigenen Paragraphen unter Strafe gestellt werden.

Nicht bei jeder Körperverletzung handelt es sich dabei um ein Offizialdelikt. Hierüber gibt § 230 StGB Aufschluss, in dem es heißt: „Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Absatz 2 auf die Angehörigen über.“

Zwei Straftatbestände der Körperverletzungsdelikte sind somit keine Offizialdelikte, sondern Antragsdelikte, nämlich die einfache Körperverletzung und die fahrlässige Körperverletzung.

Fachanwalt.de-Tipp: Für diese Delikte muss also durch das Opfer oder dessen Vertreter zunächst ein Strafantrag gestellt werden, damit es zur Strafverfolgung kommt!

Eine Ausnahme liegt aber dann vor, wenn besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Dann lassen sich auch diese Tatbestände als Offizialdelikte verfolgen. Alle anderen Körperverletzungsdelikte (u.a. gefährliche Körperverletzung, schwere Körperverletzung oder auch Misshandlung von Schutzbefohlenen), gelten ohnehin als Offizialdelikte.

Fahrerflucht

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, auch als Fahrerflucht bekannt, ist in § 142 StGB geregelt. Fahrerflucht gilt als Offizialdelikt, da per Gesetz kein Strafantrag als Strafverfolgungsvoraussetzung verlangt wird. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird also bereits von Amts wegen verfolgt und nicht erst auf Antrag.

Diebstahl

Ähnlich wie bei der Körperverletzung sieht das Gesetz auch bei Diebstahl verschiedene Begehungsformen vor, die auch als Offizial- oder Antragsdelikt unterschiedliche gewertet werden. So ist in § 247 StGB der Haus- und Familiendiebstahl geregelt: „Ist durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt oder lebt der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.“

Der Haus- und Familiendiebstahl ist somit ein Antragsdelikt. Ebenfalls ein Antragsdelikt ist der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen nach § 248a StGB:

Diebstahl (© milan / fotolia.com)
Diebstahl (© milan / fotolia.com)
„Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.“

Handelt es sich bei den bei dem Diebstahl entwendeten Gegenständen nur um solche mit geringem Wert, ist auch Diebstahl nur auf Antrag verfolgbar. Die Wertgrenze wird hierbei bei 50 Euro festgelegt.

Hat das Diebesgut einen höheren Wert, so dass § 248a StGB gerade nicht einschlägig ist, ist § 242 StGB auch als Offizialdelikt anzusehen. Ohnehin als Offizialdelikte gelten die schwereren Begehungsformen des Diebstahls, darunter:

  • der besonders schwere Fall des Diebstahls
  • der Diebstahl mit Waffen
  • der Bandendiebstahl
  • der Wohnungseinbruchdiebstahl
  • der schwere Bandendiebstahl.

Falsche Anschuldigung / Verdächtigung

Die falsche Verdächtigung ist in § 164 StGB geregelt. Es handelt sich um ein Offizialdelikt, da das Gesetz nicht explizit einen Strafantrag als Verfolgungsvoraussetzung fordert.

Nötigung

Auch die Nötigung nach § 240 StGB ist als Offizialdelikt einzuordnen und wird daher schon von Amts wegen verfolgt.

Ist Betrug ein Offizialdelikt?

Der Betrug nach § 263 StGB ist ebenfalls ein Offizialdelikt. Wenn die Staatsanwaltschaft somit Kenntnis von der Straftat erlangt, müssen die Ermittlungen aufgenommen werden, unabhängig von einem Strafantrag.

Eine Ausnahme ergibt sich jedoch durch § 263 Absatz 4 StGB. Demnach sind die Regelungen über den Haus- und Familiendiebstahl sowie über den Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen einschlägig. Handelt es sich also um einen Betrug durch nahe Angehörige oder um einen Betrug mit nur geringem Schaden, ist ein Strafantrag doch erforderlich. 


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