Privatklage einreichen – wann ist es sinnvoll und wie läuft das Privatklageverfahren ab?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 2. März 2024

Wer von einer strafbaren Tat betroffen ist, hat nach der deutschen Gesetzeslage ein Recht auf Strafverfolgung. Ist das öffentliche Interesse an der Verfolgung der Tat allerdings gering, wird kein öffentliches Strafverfahren durch einen Staatsanwalt eingeleitet. Mit der Privatklage wurde deshalb ein Mittel eingeführt, mit dem der Betroffene die Strafverfolgung anstelle des Staatsanwalts als Ankläger selbst vornehmen kann. Allerdings besteht die Möglichkeit nur in ausgewählten Fällen.

StPO: Was ist eine Privatklage?

Privatklage (© MQ-Illustrations / stock.adobe.com)
Privatklage (© MQ-Illustrations / stock.adobe.com)
Die Privatklage ist in § 374 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Sie stellt eine Sonderform des Strafprozesses dar und wird relevant, wenn das öffentliche Interesse an der Verfolgung einer Straftat gering ist. Das öffentliche Interesse ist dann gegeben, wenn davon ausgegangen wird, dass die Allgemeinheit Interesse an der Verhandlung der Tat hat. So wird das öffentliche Interesse bei schweren Fällen wie Totschlag bejaht, während es im Fall einer Beleidigung häufig verneint wird.

Wird das öffentliche Interesse verneint, wird das Verfahren eingestellt. Durch die Privatklage übernimmt der Geschädigte die Strafverfolgung anschließend selber – ohne Staatsanwalt. Dennoch darf der Staatsanwalt jederzeit eingreifen.

Einige weitere Beispiele für strafbare Taten, bei denen eine Privatklage regelmäßig relevant wird, sind folgende:

  • Hausfriedensbruch
  • Verletzung des Briefgeheimnisses
  • Bedrohung
  • Körperverletzung
  • Sachbeschädigung
  • Verletzung des Patentrechts

Die Taten sind abschließend in § 374 Absatz 1 StPO aufgezählt. Delikte, die dort nicht aufgelistet werden, können nicht über eine Privatklage verfolgt werden.

Unterschied zwischen einer Privatklage und einer Zivilklage

Die Privatklage sollte nicht mit der Zivilklage verwechselt werden. Die Privatklage ist immer noch eine besondere Form der Strafklage, also Teil des Strafrechts. Der Privatkläger übernimmt im Klageverfahren sozusagen die Rolle des Staatsanwaltes.

Eine Zivilklage verfolgt hingegen keine strafrechtlichen Delikte. Der Staat hat im Rahmen der Zivilklage keine aktive Beteiligung. Das Gerichtsverfahren läuft ausschließlich zwischen zwei privat handelnden Personen oder Unternehmen. Das Ziel der Zivilklage ist, die andere Partei zu einer bestimmten Handlung oder Unterlassung zu verpflichten. Zivilklagen betreffen beispielsweise Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter oder zwischen zwei Vertragsparteien in einer Kaufverhandlung.

Der Privatkläger im Strafverfahren

Die Stellung des Privatklägers im Strafverfahren ist in § 385 StPO festgehalten. Dort heißt es, dass der Privatkläger im Wesentlichen die Rolle des Staatsanwaltes übernimmt. So ist er beispielsweise überall dort hinzuziehen, wo in einem öffentlichen Strafverfahren der Staatsanwalt hinzuziehen wäre. Der Privatkläger erhält außerdem Akteneinsicht und darf Beweisstücke besichtigen. Lässt sich der Privatkläger durch einen Rechtsanwalt vertreten, gelten diese Rechte selbstverständlich für den Rechtsanwalt. Hier finden Sie einen Fachanwalt für Strafrecht, der Sie bei einer Privatklage vertreten kann.

Fachanwalt.de-Tipp: Im Strafrecht fällt manchmal der Ausdruck „auf den Weg der Privatklage verwiesen“. Dies geschieht, wenn der Staatsanwalt entschieden hat, eine strafbare Tat nicht öffentlich zu verfolgen. Nach dem Legalitätsprinzip des deutschen Strafrechts gilt grundsätzlich, dass eine Straftat verfolgt werden muss. Davon gibt es jedoch Ausnahmen, in denen der Staatsanwalt das öffentliche Interesse verneint. Er muss den Geschädigten dann auf den Weg der Privatklage verweisen, da dieser das Recht behält, die Sache selber zu verfolgen. Einfach ausgedrückt bedeutet dieser Ausdruck, dass der Staatsanwalt den Betroffenen über die Möglichkeit der Privatklage informiert.

Voraussetzungen

StGB (© blende11photo / stock.adobe.com)
StGB (© blende11photo / stock.adobe.com)
Für die Privatklage müssen vier Bedingungen erfüllt sein:

  • Die Einstellung des Verfahrens
  • Die Klageberechtigung des Klägers
  • Der Erfolglose Sühneversuch
  • Die Zulassung der Privatklage

Die Einstellung des Verfahrens geschieht durch den Staatsanwalt. Hat der Betroffene erfolglos Anzeige erstattet, verweist der Staatsanwalt auf die Privatklage. Der Staatsanwalt ist dazu verpflichtet, den Betroffenen auf die Privatklage hinzuweisen, sofern die Möglichkeit noch besteht. In Fällen, in denen kein Tatverdacht bestand oder das Verfahren bereits durch Auflagenerteilung beendet wurde, entfällt die Möglichkeit der Privatklage. In den Fällen gibt der Staatsanwalt keinen Hinweis auf die Privatklage. In der Regel ist der Weg nur möglich, wenn der Staatsanwalt auch konkret darauf hingewiesen hat.

Klageberechtigung des Klägers besteht nur, wenn der Verletzte selber oder ein gesetzlicher Vertreter oder Vormund Klage erhebt. Privatklage darf nicht für einen Dritten (beispielweise einen Freund oder Familienmitglied) erhoben werden. Außerdem ist die dreijährige Verjährungsfrist einzuhalten.

Zudem wird in der Regel ein vorangegangener Sühneversuch gefordert. Das bedeutet, der Betroffene muss versuchen, sich mit dem Täter außergerichtlich zu einigen. Dies geschieht vor der zuständigen Schiedsstelle der Gemeinde. Bleibt der Versuch erfolglos, bescheinigt die Schiedsstelle dies und der Betroffene hat anschließend die Möglichkeit, Privatklage zu erheben. Ohne die Bescheinigung über den erfolglosen Sühneversuch ist das Erheben der Privatklage nicht möglich.

Die Zulässigkeit der Privatklage hängt anschließend von der Klageschrift ab. Diese muss sich an die entsprechenden Formvorschriften der §§ 385 und 200 StPO halten. Letztlich bleiben Privatklagen gegen Minderjährige in jedem Fall ausgeschlossen.

Privatklage – Aussicht auf Erfolg

Ob eine Privatklage Aussicht auf Erfolg hat, hängt stark vom Einzelfall ab. Grundsätzlich müssen sich aus der Klageschrift und der Bescheinigung über den erfolglosen Sühneversuch eine starke Beweislast und Schuld des Angeklagten ergeben. Der Tatverdacht muss stark sein und eine Verurteilung muss als wahrscheinlich erscheinen. Entsprechend muss die Klageschrift gut formuliert sein.

Sind geringe oder gar keine Beweise vorhanden, ist die Privatklage nicht mit hohen Erfolgschancen verbunden. Da die Klage mit hohen Gerichtskosten verbunden sein kann, sollte sie gut durchdacht werden.

Fachanwalt.de-Tipp: Wer sich die gerichtlichen oder anwaltlichen Kosten nicht leisten kann, kann staatliche Unterstützung beantragen. Mehr zur sogenannten Prozesskostenhilfe in einem späteren Abschnitt!

Ablauf des Privatklageverfahrens

Das Privatklageverfahren verläuft in den folgenden Schritten:

  • Einreichung der Klageschrift
  • Prüfung und Zustellung der Klageschrift durch das Gericht
  • Gegebenenfalls Widerspruch des Angeklagten
  • Entscheidung über die Eröffnung
  • Hauptverfahren
  • Urteil

Die Klageschrift muss den Formvorschriften der Strafprozessordnung genügen. Insbesondere muss sie das zuständige Gericht, Tatort und Tatzeit, den Namen des Täters und Beweise für die Tat benennen. Auch eine konkrete Beschreibung des Vorfalls ist wichtig. Mit Einreichung der Klageschrift wird auch ein Gerichtskostenvorschuss fällig.

Anschließend wird die Klageschrift mitsamt der Bescheinigung über den erfolglosen Sühneversuch durch das Gericht geprüft. Im Fall einer Verfahrenseröffnung erhält der Angeklagte eine Widerspruchsfrist. Das Gericht entscheidet anhand der Details des Einzelfalls über die Eröffnung des Hauptverfahrens.

Findet ein Hauptverfahren statt, tritt der Privatkläger an die Stelle des Staatsanwaltes und übernimmt sämtliche Aufgaben, die zur Aufklärung der Straftat notwendig sind. Im Rahmen des Hauptverfahrens erfolgt eine Ladung der Beteiligten vor Gericht: Das betrifft auch etwaige Zeugen.

Wer Privatkläger ist, darf selber nicht mehr als Zeuge auftreten. Stellt sich im Rahmen des Hauptverfahrens heraus, dass doch ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht, greift das Gericht ein. In dem Fall übernimmt die Staatsanwalt den Fall.

Nach der Verhandlung beschließt das Gericht ein Urteil. In dem Zusammenhang kann beispielsweise Schmerzensgeld erwirkt werden.

Kosten / Anwaltskosten

Anwalt für Strafrecht (© Tippapatt / stock.adobe.com)
Anwalt für Strafrecht (© Tippapatt / stock.adobe.com)
Die Privatklage ist wie alle gerichtlichen Verfahren mit Kosten verbunden. Neben den Gerichtskosten muss die Sicherheitsleistung für die voraussichtlichen Kosten des Angeklagten bedacht werden.

Außerdem kommen Anwaltskosten hinzu, falls ein Anwalt zur Unterstützung hinzugezogen werden soll.

Wer Privatklage erhebt, trägt das Kostenrisiko. Gerichtskosten müssen vorausgezahlt werden – allerdings trägt der Beklagte die Kosten im Falle einer Verurteilung. Wird er jedoch nicht verurteilt – also im Falle eines Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung – muss der Kläger die Kosten selbst zahlen.

Ob ein Anwalt hinzugezogen werden soll, muss der Privatkläger selbst entscheiden. Die Kosten werden zwar dadurch höher, allerdings erhöht die professionelle Unterstützung regelmäßig auch die Erfolgschancen einer Klage.

Fachanwalt.de-Tipp: Im Falle einer Privatklage wurde das Anliegen bereits aufgrund von geringem Interesse abgewiesen. Die neue Klageschrift muss daher von der Notwendigkeit der Strafverfolgung überzeugen. Ein Fachanwalt für Strafrecht kennt sich mit den Anforderungen einer Klageschrift bestens aus und kann die Formulierungen präzise und rechtssicher durchführen. Im späteren Prozess übernimmt er die Durchsicht der Akten und die Argumentationen vor Gericht. Die professionelle Arbeit erhöht die Erfolgschancen einer Klage maßgeblich. Einen Fachanwalt für Strafrecht in Ihrer Nähe finden Sie hier.

Prozesskostenhilfe

Wer sich die Verfahrenskosten nicht leisten kann, hat die Möglichkeit, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Die Prozesskostenhilfe stellt eine finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Personen dar.

Prozesskostenhilfe können grundsätzlich sowohl Kläger als auch Beklagte erhalten. Im Familienrecht heißt diese staatliche Unterstützung Verfahrenskostenhilfe. Inhalt und Voraussetzungen sind jedoch gleich. Anspruch auf staatliche Unterstützung haben Personen, die Anwalts- und Gerichtskosten nicht aus eigenen Mitteln bezahlen können. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist beim zuständigen Gericht einzureichen. Ihm ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen, die beweist, dass die eigenen Mittel nicht ausreichend sind. Gemäß § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) muss die Klage oder Verteidigung vor Gericht hinreichend Aussicht auf Erfolg haben. Klage oder Verteidigung dürfen außerdem nicht mutwillig sein.

Eine mutwillige Klage liegt beispielsweise dann vor, wenn der Kläger nicht ausreichend darlegen kann, warum er Klage erhebt – obwohl er sein Ziel möglicherweise anderweitig deutlich kostengünstiger erreichen könnte.

Prozesskostenhilfe wird grundsätzlich in Zivilverfahren gewährt. Daneben kann sie außerdem in ein paar anderen Verfahren beantragt werden.

Dazu zählen beispielsweise:

  • Die Privatklage und die Nebenklage im Strafrecht
  • Der Arrest
  • Das selbstständige Beweisverfahren

Dadurch wird das Erheben der Privatklage auch für einkommensschwache Personen möglich. Für Beschuldigte in einem Strafverfahren gibt es hingegen keine Prozesskostenhilfe. Allerdings erhält jeder, der notwendigerweise einen Anwalt benötigt, einen Pflichtverteidiger.


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