Was ist ein Strafbefehlsverfahren?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 20. Dezember 2023

Um Gericht und Staatsanwaltschaft zu entlasten, wird einfache Kriminalität durch das vereinfachte Verfahren des Strafbefehls bewältigt. Im Rahmen eines Strafbefehlsverfahren erhält der Beschuldigte einen schriftlichen Bescheid mit seiner Strafe. Es kommt also zu einer Verurteilung, ohne dass eine mündliche Hauptverhandlung durchgeführt wird. Wenn der Betroffene keinen Einspruch innerhalb von 2 Wochen einlegt, ist das Verfahren rechtskräftig.

Strafbefehlsverfahren - Gesetzliche Regelung StPO      

Bei einem Strafbefehlsverfahren handelt es sich um eine strafrechtliche Verurteilung, die jedoch ohne Verhandlung auskommt.

Strafbefehlsverfahren (© Amir / fotolia.com)
Strafbefehlsverfahren (© Amir / fotolia.com)
Der Betroffene wird durch das Gericht verurteilt, jedoch findet keine mündliche Gerichtsverhandlung statt. Stattdessen erhält der Betroffene einen schriftlichen Strafbefehl, dem die jeweilige Strafe zu entnehmen ist.

Das Strafbefehlsverfahren hat sich als vereinfachtes Verfahren etabliert, das bei leichter Kriminalität zum Einsatz kommt.

Es kommt so zu einer Entlastung von Gericht und Staatsanwaltschaft. Aber auch der Beschuldigte profitiert von einem solchen Strafbefehlsverfahren.

Zum einen lässt sich das Verfahren vergleichsweise schnell abwickeln, wodurch sich auch Kosten einsparen lassen. Zum anderen ist kein großes öffentliches Aufsehen zu befürchten.

Ein Strafbefehl ist zudem nur für Vergehen möglich, die höchstens mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden können, die zur Bewährung ausgesetzt werden muss.

Fachanwalt.de-Tipp: Somit ist es nicht möglich, mittels Strafbefehl eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu verhängen!

In § 407 StPO werden weitere Rechtsfolgen genannt, die durch Strafbefehl verhängt werden können. Neben Geldstrafen und Freiheitsstrafen mit Bewährung kommen u.a. auch Fahrverbot, Tierhaltungsverbot sowie das Absehen von Strafe in Betracht.

Damit es zu einem Strafbefehlsverfahren kommen kann, müssen die Voraussetzungen der §§ 407 Absatz 1 und 408 Absatz 2 StPO vorliegen:

  • Hinreichender Tatverdacht; es muss mithin wahrscheinlich sein, dass es zur Verurteilung des Beschuldigten kommt
  • Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass des Strafbefehls beim zuständigen Gericht
  • Zuständigkeit des Strafrichters oder Schöffengerichts

Strafbefehlsverfahren - Ablauf

Hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt, kann der Richter darauf reagieren. Hat dieser gegen den Erlass des Strafbefehls keine Bedenken, wird der Strafbefehl erlassen. Sieht der Richter den erforderlichen hinreichenden Tatverdacht nicht als gegeben, wird der Erlass des Strafbefehls abgelehnt, hierzu wird ein Beschluss gefertigt. Staatsanwaltschaft sowie Nebenkläger und eingeschränkt auch der Privatkläger, haben die Möglichkeit, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen. Der Richter hat zudem die Möglichkeit, statt einen Strafbefehl zu erlassen auch eine Hauptverhandlung anzusetzen, wenn er die Notwendigkeit dafür gegeben sieht.

2 Wochen Einspruchsfrist

Wird ein Strafbefehl erlassen, wird aus dem Beschuldigten ein Angeklagter. Der Strafbefehl wird dem Angeklagten bzw. dessen Rechtsanwalt zugestellt. Nun wird eine zweiwöchige Frist gewährt, innerhalb derer Einspruch eingelegt werden kann.

Gesetz (© photobyphotoboy / AdobeStock)
Gesetz (© photobyphotoboy / AdobeStock)
Sollte kein Einspruch eingelegt werden, gewinnt der Strafbefehl an Rechtskraft und wird einem Urteil gleichgestellt. Sollte rechtzeitig Einspruch eingelegt werden, kommt es zur Hauptverhandlung, die durch den Richter anberaumt wird.

Verbot Schlechterstellung gilt nicht

Bei der Hauptverhandlung gilt das Verbot der Schlechterstellung nicht. Wer es also infolge eines Einspruchs gegen den Strafbefehl auf eine Hauptverhandlung ankommen lässt, muss damit rechnen, dass eine höhere Bestrafung folgt, als sie im Strafbefehl vorgesehen war. Daher ist es in der Praxis so, dass viele Strafbefehle direkt rechtskräftig werden. Allerdings sollte man sich an einen Fachanwalt für Strafrecht wenden, um zu prüfen, ob man Einspruch einlegen sollte oder nicht.

Diese Entscheidung will gut überlegt sein. Das Strafbefehlsverfahren bringt verschiedenen Vorteile für den Betroffenen mit sich, jedoch kann nach einem Einspruch die Strafe höher ausfallen als vom Strafbefehl vorgesehen.

Fachanwalt.de-Tipp: Wird der Strafbefehl jedoch vorschnell akzeptiert, könnte man zu Unrecht bestraft werden, oder man akzeptiert eine zu hohe Strafe oder es wird eine Strafe akzeptiert, obwohl auch eine Einstellung in Erwägung zu ziehen wäre.

Kosten / Gebühren - § 34, 35 GKG

Im Falle eines Strafbefehls ohne mündliche Verhandlung fallen Gerichtskosten an.

  • 70 Euro sind es bei einer Geldstrafe bis 180 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monate.
  • 140 Euro betragen die Gerichtskosten hingegen bei einer Geldstrafe über 180 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe über sechs Monate.

Kommt es hingegen zu einer Hauptverhandlung, entstehen beim Strafbefehl Verfahrenskosten, die denen eines gewöhnlichen Strafverfahrens entsprechen. Dies wären:

  • 140 Euro bei einer Geldstrafe bis 180 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monate
  • 280 Euro bei einer Geldstrafe über 180 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe über sechs Monate

Wenn man einen Rechtsanwalt beauftragt, fallen weitere Kosten nach dem RVG (Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz) an. Die Rechtsanwaltskosten sind weitaus höher als die Gerichtskosten. Legt der Rechtsanwalt Einspruch ein, macht die Akteneinsicht und begleitet einen zum Gerichtstermin, fallen Kosten in Höhe von ca. 600 bis 700 Euro an.

FAQ zum Strafbefehlsverfahren im deutschen Recht

Was ist ein Strafbefehlsverfahren?

Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Strafverfahren, das in Deutschland gemäß der §§ 407-412 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt ist. Es wird angewendet, wenn die Staatsanwaltschaft ein Vergehen mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr ahnden will und kein besonderes öffentliches Interesse an der Durchführung einer Hauptverhandlung besteht.

Im Strafbefehlsverfahren erlässt das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl. Dieser hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils, wenn der Beschuldigte keinen Einspruch einlegt. Die wichtigsten Merkmale des Strafbefehlsverfahrens sind:

  • Effizienz: Das Verfahren ist schneller und kostengünstiger als ein reguläres Strafverfahren.
  • Keine mündliche Verhandlung: Es findet keine mündliche Hauptverhandlung statt, es sei denn, der Beschuldigte legt Einspruch gegen den Strafbefehl ein.
  • Strafmaß: Es können nur bestimmte Strafen verhängt werden, hauptsächlich Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr.

Wie läuft ein Strafbefehlsverfahren ab?

Das Strafbefehlsverfahren beginnt mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft. Wenn diese der Auffassung ist, dass die Beweislage ausreicht und die Sache durch einen Strafbefehl erledigt werden kann, stellt sie beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gemäß § 408a StPO.

Dieser Antrag enthält:

  • Die Beschreibung der Tat, für die der Strafbefehl erlassen werden soll.
  • Die gesetzliche Bezeichnung des Vergehens, das der Beschuldigte begangen haben soll.
  • Den beantragten Rechtsfolgenausspruch, also die vorgeschlagene Strafe.

Der Richter prüft den Antrag und entscheidet, ob ein Strafbefehl erlassen wird. Ist dies der Fall, wird der Strafbefehl dem Beschuldigten zugestellt. Innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung kann der Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen (§ 410 StPO).

Erfolgt kein Einspruch, wird der Strafbefehl rechtskräftig. Legt der Beschuldigte Einspruch ein, kommt es zu einer mündlichen Hauptverhandlung.

Welche Rechte hat der Beschuldigte im Strafbefehlsverfahren?

Im Strafbefehlsverfahren hat der Beschuldigte grundsätzlich dieselben Rechte wie in einem regulären Strafverfahren. Das betrifft insbesondere:

  • Das Recht auf Verteidigung: Der Beschuldigte hat das Recht, sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, Beweisanträge zu stellen und einen Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen.
  • Das Recht auf Akteneinsicht: Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben das Recht, Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen, um sich über den Stand des Verfahrens und die gegen den Beschuldigten vorliegenden Beweismittel zu informieren (§ 147 StPO).
  • Das Recht auf rechtliches Gehör: Der Beschuldigte hat das Recht, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen und seine Sicht der Dinge darzulegen. Dieses Recht wird insbesondere durch die Möglichkeit gewahrt, gegen den Strafbefehl Einspruch einzulegen (§ 410 StPO).

Was passiert, wenn gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt wird?

Legt der Beschuldigte gegen den Strafbefehl Einspruch ein, kommt es zu einer mündlichen Hauptverhandlung. Diese verläuft grundsätzlich genauso wie im regulären Strafverfahren. Das bedeutet, dass Zeugen vernommen werden können, der Beschuldigte sich zu den Vorwürfen äußern kann und das Gericht schließlich ein Urteil fällt. Es ist wichtig zu beachten, dass das Gericht in der Hauptverhandlung nicht an den Strafbefehl gebunden ist. Das heißt, es kann eine höhere oder eine niedrigere Strafe verhängen als im Strafbefehl vorgesehen. Der Beschuldigte hat daher ein gewisses Risiko, wenn er gegen den Strafbefehl Einspruch einlegt.

Welche Rolle spielt der Verteidiger im Strafbefehlsverfahren?

Der Verteidiger spielt auch im Strafbefehlsverfahren eine wichtige Rolle. Er kann den Beschuldigten über die Vor- und Nachteile eines Strafbefehlsverfahrens aufklären, ihn bei der Entscheidung unterstützen, ob er gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen soll, und ihn in der eventuellen Hauptverhandlung vertreten. Zudem hat er das Recht, Akteneinsicht zu nehmen und so die Beweislage zu prüfen. Es ist daher in vielen Fällen ratsam, sich im Strafbefehlsverfahren von einem Verteidiger vertreten zu lassen.


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