Volksverhetzung - Was bedeutet das? Wo ist es geregelt und warum ist es strafbar?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 8. Januar 2024

Nicht jede Äußerung fällt unter die Meinungsfreiheit. Mitunter ist der Straftatbestand einer Beleidigung oder einer Volksverhetzung erfüllt. Letztere ist in § 130 StGB geregelt und schützt vor Herabsetzungen, Hetze und Hass. Die Schutzwirkung soll nicht nur Individuen zukommen, sondern auch bestimmten Personengruppen.

Volksverhetzung - Gesetzliche Regelung

Volksverhetzung ist in § 130 StGB geregelt. Dort heißt es in Absatz 1:

„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

Definition nach StGB

Volksverhetzung (© Gina Sanders / Fotolia.com)
Volksverhetzung (© Gina Sanders / Fotolia.com)
Durch § 130 StGB soll vor allem auch das Allgemeininteresse an einem friedlichen Zusammenleben im Staat geschützt werden. § 130 StGB befasst sich nicht mit der Hetze gegen den Staat, sondern mit der Hetze im Staat. Dabei sind in Absatz 1 gleich mehrere Handlungsvarianten genannt.

So kann zum Hass aufgestachelt und zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen aufgefordert werden. Es ist durchaus möglich, dass sich beide Varianten auch überschneiden. Was das Aufstacheln zum Hass angeht, ist eine abstrakte Eignung der Handlung aus Sicht des Täters ausreichend. Der Erfolg, nämlich dass tatsächlich Hass erzeugt wird, ist nicht erforderlich. In § 130 Absatz 1 Nr. 2 StGB sind die Tatalternativen beschimpfen, verleumden und böswilliges Verächtlichmachen genannt. Was das Beschimpfen und Verleumden angeht, können die §§ 185 ff. StGB ergänzend herangezogen werden.

Volksverhetzung - Grenze zur Meinungsfreiheit

Ein immer wiederkehrendes Problem ist es festzustellen, wann Meinungsfreiheit aufhört und Volksverhetzung beginnt. Denn zur Meinungsfreiheit gehören auch Meinungen, die einem persönlich nicht immer gefallen mögen. Auch wenn Äußerungen ausländerfeindlich oder rassistisch klingen, müssen sie noch nicht strafrechtlich relevant sein. Der Meinungsfreiheit wird ein hoher Stellenwert beigemessen. Allein die Aufstachelung oder Aufforderung zur Gewalt reicht für § 130 StGB noch nicht aus. Hinzukommen muss noch, dass es sich speziell gegen eine bestimmte Gruppe Menschen richtet, die sich u.a. durch Hautfarbe oder Herkunft kennzeichnen lässt.

Zudem bedeutet Meinungsfreiheit, dass eine Meinung wiedergegeben wird, nicht eine Tatsache. Der Unterschied hierbei ist, dass eine Tatsache dem Beweis zugänglich ist. Es lässt sich überprüfen, ob sie richtig oder falsch ist. Beliebtes Beispiel hier: Wer den Holocaust leugnet, äußert keine Meinung. Es handelt sich um eine Tatsachenbehauptung und es ist eine klare Widerlegbarkeit gegeben. Die Leugnung des Holocausts ist als Volksverhetzung anzusehen.

Beispiele für Volksverhetzung

Ein Beispiel für Volksverhetzung stammt aus dem Jahr 2014. Damals fand die Berliner Al-Quds-Demonstration statt, organisiert von pro-palästinensischen Initiativen. In islamischen Ländern ist es seit einigen Jahrzehnten Brauch, am Al-Quds Tag Anti-Israel Demonstrationen abzuhalten. In Berlin skandierten die Teilnehmer die Parole „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf' allein“. Von Meinungsfreiheit war hier nicht mehr auszugehen. Strafrechtsexperten gehen vielmehr davon aus, derartige Parolen als volksverhetzend einzustufen. Es wäre eine klare Abgrenzung von Menschen nach ihrer Religion gegeben, zudem würden sie herabgesetzt.

Strafverteidiger-Tipp: Ein rechtsradikaler Sänger wurde u.a. wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er vor etwa 50 Zuhörern in einer Gaststätte selbst komponierte Lieder sang, in denen zu Hass auf Juden, Ausländer und Farbige aufgerufen wurde.

Urteile

Wegen Volksverhetzung für schuldig befunden wurde 2017 ein Ex-Soldat, der in einem sozialen Netzwerk gegen Flüchtlinge und Ausländer hetzte. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von 3750 Euro verhängt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Drei Jugendliche wurden zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, weil sie sich einer Demonstration angeschlossen hatten und dabei „Ausländer raus“ riefen. Eine der Angeklagten musste zudem für eine Woche in den Jugendarrest.

Strafe

Strafrecht (© blackday / Fotolia.com)
Strafrecht (© blackday / Fotolia.com)
Ein Mann wurde wegen rassistischer Kommentare, die er in einem sozialen Netzwerk postete, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Auslöser war ein Kommentar von ihm, in dem er die Worte Erschießung und Vergasung nannte, Bezug nehmend auf ein Bild von angeblichem Müll von Asylbewerbern. Weiterhin musste er 80 Sozialstunden leisten bei der Asyl- und Flüchtlingshilfe.

Wegen Volksverhetzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde 2016 ein Mann zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Hier ging es ebenfalls um einen Kommentar in den sozialen Netzwerken. Der Mann hinterließ den Kommentar „Drecksyrierpack“ und postete dazu noch ein Bild von Adolf Hitler.

Berücksichtigt werden muss auch, dass bei Volksverhetzung nicht nur strafrechtliche Konsequenzen drohen können. Auch auf der Arbeit kann die Erfüllung des Tatbestandes Folgen nach sich ziehen. So ist eine Kündigung durchaus wegen rassistischen Online-Einträgen oder fremdenfeindlichen Äußerungen gegenüber Kollegen möglich. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann nähere Auskünfte dazu erteilen.

Das mögliche Strafmaß wegen Volksverhetzung richtet sich nach den unterschiedlichen Begehungsformen. Wie hoch die tatsächliche Strafe ausfällt, hängt vom Einzelfall ab.

  • Rechtfertigung, Billigung, Verherrlichung der Gewalt- und Willkürherrschaft des Nationalsozialismus -> eine Freiheitsstrafe bis 3 Jahre oder Geldstrafe.
  • Äußerung von Volksverhetzung -> Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis 5 Jahren.
  • Leugnen, Billigen und Verharmlosen des NS-Völkermordes -> Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe.
  • Darbietungen durch Medien- oder Teledienste, Rundfunk, Verbreiten von Schriften -> Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe.

Schema

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

1. Richtiger Adressat (z.B. Teile der Bevölkerung)

2. Handlungsvariante: aufstacheln zum Hass oder auffordern zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen / beschimpfen, verleumden, böswilliges Verächtlichmachen / billigen, leugnen oder verharmlosen einer Handlung unter der Herrschaft des Nationalsozialismus

2. Subjektiver Tatbestand

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

IV. Ergebnis

FAQ zur Volksverhetzung

Was versteht man unter Volksverhetzung nach deutschem Recht?

Nach deutschem Recht versteht man unter Volksverhetzung ein Delikt, das im § 130 des Strafgesetzbuches (StGB) verankert ist. Dieses Gesetz verbietet es, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder zur Gewalt oder willkürlichen Maßnahmen gegen sie aufzurufen.

Es verbietet außerdem, die Menschenwürde von Teilen der Bevölkerung anzugreifen, indem man sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.

Der Paragraph findet Anwendung bei:

  1. Hetze gegen nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen
  2. Verherrlichung oder Rechtfertigung von nationalsozialistischer Gewaltherrschaft
  3. Leugnen, grob verharmlosen oder Billigung des Holocausts

Beispiel: Ein öffentlicher Aufruf in sozialen Medien, eine bestimmte religiöse Gruppe zu attackieren, würde als Volksverhetzung gewertet werden.

Wie wird Volksverhetzung in Deutschland bestraft?

Die Strafen für Volksverhetzung in Deutschland sind im § 130 StGB festgelegt. Sie reichen von Geldstrafen bis zu fünf Jahren Gefängnis.

Im Einzelnen hängt das Strafmaß von verschiedenen Faktoren ab:

  • Art und Weise der Hetze: Je schwerwiegender die Hetze und je größer ihre möglichen Auswirkungen, desto höher ist das Strafmaß.
  • Reichweite der Hetze: Volksverhetzung in der Öffentlichkeit oder in einem Medium, das einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist, wird härter bestraft als nicht-öffentliche Hetze.
  • Wiederholungstäter: Bei wiederholter Volksverhetzung kann das Strafmaß erhöht werden.

Beispiel: Ein Individuum, das wiederholt Hassreden gegen eine ethnische Minderheit auf einer öffentlich zugänglichen Website verbreitet, könnte mit einer Gefängnisstrafe belegt werden.

Was ist der Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Volksverhetzung?

Die Meinungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht und in Deutschland in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Sie erlaubt es jedem, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht absolut und muss gegen andere grundlegende Rechte abgewogen werden.

Eine der Grenzen der Meinungsfreiheit ist die Volksverhetzung. Das bedeutet, dass Äußerungen, die dazu dienen, Hass zu schüren oder die Menschenwürde anderer zu verletzen, strafbar sind. Es ist wichtig zu beachten, dass kritische oder negative Meinungen über bestimmte Gruppen nicht notwendigerweise als Volksverhetzung gelten. Es geht um Äußerungen, die die Schwelle zur Hetze und Menschenwürdenverletzung überschreiten. Zu beachten ist hierbei:

  • Der Kontext: Nicht jede negative Äußerung über eine Gruppe fällt unter Volksverhetzung. Es hängt vom Kontext und der Art der Äußerung ab.
  • Die Absicht: Äußerungen, die dazu bestimmt sind, Hass zu schüren oder Gewalt anzustacheln, werden eher als Volksverhetzung angesehen.
  • Die Wirkung: Auch wenn eine Äußerung nicht beabsichtigt war, Hass zu schüren, kann sie dennoch als Volksverhetzung angesehen werden, wenn sie dazu geeignet ist.

Beispiel: Eine Person könnte negative Meinungen über die Politik einer bestimmten religiösen Gruppe äußern, ohne dass dies als Volksverhetzung angesehen wird. Wenn die Äußerungen jedoch dazu dienen, Hass gegen diese Gruppe zu schüren oder ihre Menschenwürde zu verletzen, könnte dies als Volksverhetzung gelten.


Noch keine Bewertungen vorhanden




Ihre Spezialisten
INHALTSVERZEICHNIS

TOOLS
TOP LINKS

Gratis-eBook „Fachanwalt finden“


Alle Infos zur Fachanwaltssuche!
Informationen und Tipps zur Fachanwaltssuche!

  • Was ist ein Fachanwalt?
  • Wichtige Infos zu Anwaltskosten, Beratungshilfe!
  • Kostenlos als PDF-Download