Vortäuschen einer Straftat nach § 145 d StGB und Strafmaß

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 8. Februar 2024

Man ist mit Freunden im Kino und möchte sich einen kleinen Scherz erlauben. Daher inszeniert man mit seinen Freunden einen Raubüberfall. Die Menschen laufen schreiend raus, die Polizei eilt herbei. Was die Freunde als tollen Spaß empfunden haben, stellt sich im Nachhinein als strafbares Vortäuschen einer Straftat nach § 145 d StGB heraus.

Definition

Vortäuschen einer Straftat meint, dass eine Person bewusst gegenüber einer Behörde oder entsprechenden Stelle vortäuscht, dass eine Straftat begangen wurde oder die Verwirklichung einer Straftat bevorsteht.

Gesetzliche Regelung

Der Straftatbestand Vortäuschen einer Straftat ist in § 145 d StGB normiert. Dieser lautet wie folgt:

1) „Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht,

1.daß eine rechtswidrige Tat begangen worden sei oder

Vortäuschen einer Straftat (© Brilliant Eye / fotolia.com)
Vortäuschen einer Straftat (© Brilliant Eye / fotolia.com)
2. daß die Verwirklichung einer der in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 164, § 258 oder § 258a mit Strafe bedroht ist.“

(2) „Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen eine der in Absatz 1 bezeichneten Stellen über den Beteiligten

1. an einer rechtswidrigen Tat oder

2. an einer bevorstehenden, in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Tat

zu täuschen sucht.“

(3) „Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1. eine Tat nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 begeht oder

2. wider besseres Wissen einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen vortäuscht, dass die Verwirklichung einer der in § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 dieses Gesetzes oder in § 31 Satz 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe, oder

3. wider besseres Wissen eine dieser Stellen über den Beteiligten an einer bevorstehenden Tat nach Nummer 2 zu täuschen sucht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach § 46 b dieses Gesetzes oder § 31 des Betäubungsmittelgesetzes zu erlangen.“

(4) „In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.“

Das Vortäuschen einer Straftat stellt ein Vergehen dar und gehört zu den Straftaten gegen die öffentliche Ordnung. In Absatz 1 stellt die Vorschrift das Vortäuschen angeblich begangener oder bevorstehender Straftaten gegenüber Behörden und ihren Dienstangehörigen unter Strafe. Von Absatz 2 hingegen werden Täuschungen über den Beteiligten einer tatsächlich begangenen oder bevorstehenden Straftat erfasst. Dazu gehören vor allem nachfolgende  Delikte:

  • Mord und Totschlag, schwere Körperverletzung
  • Raub und räuberische Erpressung
  • Brandstiftungsdelikte

Der seit 2009 neu eingefügte Absatz 3 will einen Mißbrauch der großen Kronzeugenregelung verhindern, indem er eine Straferhöhung vorsieht, wenn der Täter eine Straftat vortäuscht, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von der Strafe nach § 46 b StGB oder § 31 BtMG zu erlangen.

Der Täter muss sicher wissen, dass die Straftat nicht begangen wurde bzw. nicht bevorsteht. Wenn jemand falsche Angaben in dem Glauben macht, die Wahrheit zu sagen, begeht er kein Vortäuschen einer Straftat. Maßgeblich ist, ob der Täter plausible Anhaltspunkte für seine Angaben hatte oder wider besseres Wissen gehandelt hat. Ausreichend für eine Strafbarkeit ist es, wenn der Täter willkürliche Angaben macht und dabei die Falschheit seiner Angaben billigend in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz).

Für eine Strafbarkeit reicht es aber nicht aus, dass man seine Eltern oder einen Freund darüber täuscht, Opfer einer Straftat geworden zu sein oder darüber täuscht, dass jemand anderes eine Straftat begangen hat. Getäuscht werden muss eine Behörde (auch Gerichte gehören dazu) oder eine zur Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stelle (vor allem Polizei und Staatsanwaltschaft). 

§ 145 d StGB schützt allein die Strafrechtspflege in der Bundesrepublik Deutschland und deren Präventivorgane vor unnützer Inanspruchnahme.

Strafmaß

Das Vortäuschen einer Straftat (§ 145 d Abs. 1 und 2 StGB) wird grds. mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Wenn die falschen Angaben gemacht werden, um eine Strafmilderung oder ein Absehen von Strafe nach den      § 46 b StGB oder § 31 BtMG zu erlangen, ist die Folge Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren (§ 145 d Abs. 3 StGB).

Die Tat kann in den Fällen des Absatzes 1 als auch in den Fällen des Absatzes 2 gem. § 145 d StGB nur verfolgt werden, wenn die Tat nicht wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB), Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Strafvereitelung im Amt (§ 258 a StGB) mit Strafe bedroht ist.

Welche Strafe im Ergebnis auf einen Täter zukommt, hängt vom Einzelfall und seinen Umständen ab. Als Ersttäter (keine Vorstrafen) kann man in der Regel mit einer Geldstrafe rechnen. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann nach einer Prüfung des Sachverhalts eine Einschätzung vornehmen.

Verjährung

Das Vortäuschen einer Straftat (Abs. 1, Abs. 2) ist im Höchstmaß mit drei Jahren bedroht. Die Verjährungsfrist beträgt demnach gemäß § 78 Abs. 3  StGB fünf Jahre.

Beispiele

  • ​​Strafrecht (© Heiko Barth / fotolia.com)
    ​​Strafrecht (© Heiko Barth / fotolia.com)
    Aus Langeweile wählt man die 110 und sagt, dass grade nebenan beim Nachbarn eingebrochen wurde. Die Polizei kommt mit mehreren Fahrzeugen. Vor Ort sagt man dann der Polizei, dass es nicht stimmt. Strafbarkeit wegen Vortäuschen einer Straftat liegt vor. Tatbestand des Missbrauchs von Notrufen ist ebenfalls erfüllt.
  • Um die Hochzeit eines Nebenbuhlers zu ruinieren, ruft man während der Hochzeit bei der Polizei an und teilt mit, dass dort gleich eine Bombe hochgehen wird. Die Polizei fährt daraufhin zur Hochzeit und löst die Hochzeit sicherheitshalber auf. Eine Bombe wird nicht gefunden. Strafbarkeit wegen Vortäuschen einer Straftat sowie Missbrauch von Notrufen sind gegeben.
  • A und B sind Nachbarn. Das Verhältnis zwischen beiden ist sehr angespannt. Um dem B einen auszuweichen, schreibt A an die Polizei, dass B in seiner Wohnung mit Drogen handelt. Die Polizei erwirkt daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss; im Rahmen der Durchsuchung können keinerlei Hinweise/Beweise für Drogenhandel gefunden werden. A hat sich wegen Vortäuschen einer Straftat strafbar gemacht.  
  • Schüler S hasst die Schule und täuscht - um einen schulfreien Tag zu bekommen - einen bevorstehenden Amoklauf an seiner Schule vor. Die Schule wird daraufhin evakuiert, alle Schüler bekommen frei. S hat sich wegen Vortäuschen einer Straftat strafbar gemacht.
  • Um abzukassieren meldet A bei seiner Versicherung und auch bei der Polizei seinen Sportwagen (Wert: 75.000 Euro) als geklaut. Tatsächlich befindet sich sein Fahrzeug bei seiner Freundin in Polen. Der Schwindel fliegt auf. Strafbarkeit des A wegen Vortäuschen einer Straftat liegt vor.
  • Wenn man seinen Eltern, seinen Freunden oder Bekannten erzählt, dass der Nachbar mit Drogen dealt reicht dies für eine Strafbarkeit nicht aus.

Anzeige gegen Unbekannt

Täuscht man als vermeintliches Opfer eine Straftat vor und richtet die Anzeige „gegen Unbekannt“, liegt im Ergebnis trotzdem eine Strafbarkeit wegen Vortäuschen einer Straftat vor.

Strafverteidiger-Tipp: Anders ist es bei der falschen Verdächtigung. Dort muss sich die Anzeige gegen eine bestimmte individualisierbare Person richten.

Fahrerflucht

Wenn man einen Schaden am eigenen Fahrzeug selbst verursacht, dann jedoch die Polizei ruft und anzeigt, dass jemand gegen das Fahrzeug gefahren sei und dieser geflüchtet sei, macht man sich ebenfalls wegen Vortäuschen einer Straftat strafbar. So auch in einem Fall vor dem Amtsgericht in Wipperfürth aus dem Jahre 2016. Die Polizei überprüfte die Angaben zur Fahrerflucht anhand einer Videoaufzeichnung aus dem Parkhaus, wo angeblich der Schaden stattgefunden haben soll. Bei der Sichtung stellte sich heraus, dass kein anderes Auto den Schaden verursacht hatte. Der Betroffene wurde wegen Vortäuschen einer Straftat zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25 Euro, also zu einer Geldstrafe von 1000,--  € verurteilt.

Schema

    A.) Tatbestand
    I. Objektiver Tatbestand

        1.) Tathandlung
            • Vortäuschen einer Tat
                § 145d I Nr. 1: angeblich begangene rechtswidrige Tat
                § 145d I Nr. 2: angeblich bevorstehende Katalogtat des § 126 I
            • Täuschung über Beteiligte
                § 145d II Nr. 1: Beteiligter an einer begangenen rechtswidrigen Tat
                § 145d II Nr. 2: Beteiligter an einer bevorstehenden Katalogtat des § 126 I
        2.) Adressat der Täuschung  
            • Behörde
            • zuständige Stelle zur Entgegennahme von Anzeigen; insbesondere Polizei und
            Staatsanwaltschaft 
    II. Subjektiver Tatbestand
        1.) Vorsatz bzgl. objektiver Tatbestandsmerkmale (dolus eventualis)
        2.) Wider besseres Wissen bzgl. Tathandlung (Unrichtigkeit der Bezüglich der Unwahrheit seiner Handlung muss der Täter „wider besseres Wissen“ handeln. Erforderlich ist dolus directus 2. Grades. Bei § 145d Abs. 1 Nr. 1 bedeutet dies z.B., dass der Täter wissen muss, dass eine rechtswidrige Tat nicht begangen wurde.
    B.) Rechtswidrigkeit
        Es gelten die allgemeinen Grundsätze.
    C.) Schuld
        Es gelten die allgemeinen Grundsätze.
    D.) Konkurrenzen
        § 145d tritt im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter §§ 164, 258 und 258a zurück.

Vortäuschen einer Straftat - Häufige Fragen (FAQ)

Was bedeutet das "Vortäuschen einer Straftat" gemäß deutschem Recht?

Das Vortäuschen einer Straftat ist ein juristischer Begriff aus dem deutschen Strafrecht. Gemäß § 145d StGB (Strafgesetzbuch) ist es eine Straftat, wenn eine Person vorsätzlich bei einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht, dass eine rechtswidrige Tat begangen wurde, obwohl dies nicht der Fall ist.

Diese Handlung kann dabei auf verschiedene Weisen ausgeführt werden, zum Beispiel durch eine mündliche Aussage, eine schriftliche Anzeige oder durch andere Täuschungshandlungen.

Elemente dieses Delikts sind unter anderem:

  • Vorsatz: Der Täter muss absichtlich handeln.
  • Täuschung: Die Täuschung muss dazu führen, dass die Behörde oder andere Stelle glaubt, eine Straftat wurde begangen.
  • Öffentliche Behörde oder andere Stelle: Der Täter muss sich an eine Behörde oder an eine zur Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stelle wenden.

Ein Beispiel für das Vortäuschen einer Straftat wäre, wenn eine Person eine falsche Anzeige bei der Polizei erstattet, in der behauptet wird, sie sei Opfer eines Diebstahls geworden, obwohl dies nicht der Fall ist.

Was sind die rechtlichen Konsequenzen für das Vortäuschen einer Straftat?

Laut § 145d StGB kann das Vortäuschen einer Straftat mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Die genaue Höhe der Strafe hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Schweregrad der vorgeschützten Straftat und die Folgen der falschen Anzeige. Rechtliche Folgen können beispielsweise sein:

  • Geldstrafe: Der Täter kann zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt werden. Die Höhe der Geldstrafe hängt von der Einkommenssituation des Täters und der Schwere der Tat ab.
  • Freiheitsstrafe: In schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren verhängt werden.
  • Schadensersatz: Der Täter kann zum Schadensersatz verpflichtet werden, wenn durch seine Tat ein Schaden entstanden ist, beispielsweise durch unnötige Ermittlungskosten.

Wie kann ich mich verteidigen, wenn ich des Vortäuschens einer Straftat beschuldigt werde?

Wenn Sie des beschuldigt werden, sollten Sie zuerst einen Rechtsanwalt konsultieren, um Ihre Rechte und möglichen Verteidigungsstrategien zu verstehen. Ihr Anwalt kann Ihnen dabei helfen, die Anschuldigungen und den entsprechenden § 145d StGB zu analysieren und eine geeignete Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Mögliche Verteidigungsstrategien können beispielsweise sein:

    Fehlender Vorsatz: Sie können argumentieren, dass Sie nicht die Absicht hatten, eine Straftat vorzutäuschen. Dies könnte der Fall sein, wenn Sie in gutem Glauben gehandelt haben oder wenn es ein Missverständnis gab.
    Fehlende Täuschung: Sie können bestreiten, dass eine Täuschung vorlag. Dies könnte der Fall sein, wenn die von Ihnen gemachten Angaben tatsächlich zutreffen oder wenn es andere plausible Erklärungen für Ihre Angaben gibt.
    Verfahrensfehler: Sie können mögliche Fehler im Verfahren geltend machen, beispielsweise Verstöße gegen die Ermittlungs- oder Prozessordnung.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Vortäuschen einer Straftat eine ernsthafte Anschuldigung ist und Sie sich unbedingt anwaltlichen Rat einholen sollten, wenn Sie damit konfrontiert werden.


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