Was ist Zivilcourage? Bedeutung und Beispiele

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 11. Januar 2024

Das Wort Zivilcourage ist in aller Munde, doch was genau versteht man darunter? Jeder kann in Situationen kommen, in denen es nötig sein kann, Mut zu zeigen, um anderen zu helfen. Dann gilt es jedoch auch abzuwägen: Nicht wegzusehen und sich in einer Gefahrensituation schützend vor eine andere Person zu stellen bedeutet nicht, das eigene Leben aufs Spiel setzen zu müssen.

Zivilcourage und StGB

Zivilcourage (© magele-picture / fotolia.com)
Zivilcourage (© magele-picture / fotolia.com)
Der Begriff der Zivilcourage lässt sich mit „Bürgermut“ übersetzen.

Er beschreibt das mutige Verhalten einer Person, die einem anderen Menschen in einer bedrohlichen Lage zur Hilfe kommt, etwa dann, wenn diese körperlich angegriffen wird.

Wer als Dritter eingreift statt wegzusehen, einer anderen Person zu Hilfe kommt, und dabei vielleicht sogar die eigene Gesundheit oder das eigene Leben aufs Spiel setzt, beweist Zivilcourage.

Was dabei viele Menschen, die sich lieber umdrehen und wegschauen, vergessen, ist, dass eine Pflicht besteht, einem anderen Menschen in einer Notsituation zu helfen – soweit dies zumutbar ist und keine erhebliche Eigengefährdung mit sich bringt.

Fachanwalt.de-Tipp: Andernfalls kann sich die Person wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB strafbar machen!

Beispiele - Zivilcourage im Alltag

Zivilcourage hat viele Facetten und Ausprägungen:

  • Wer Zivilcourage beweisen will, kann sich für etwas einsetzen. Dies vor allem dann, wenn allgemeine Werte bedroht scheinen und diese erhalten werden sollen. So setzen sich heute viele Menschen dafür ein, gegen Intoleranz und Radikalismus zu kämpfen. Zivilcourage kann aber auch derjenige zeigen, der einen Arbeitskollegen unterstützt, der ganz offen vom Chef benachteiligt und schikaniert wird.
  • Zivilcourage lässt sich aber dadurch beweisen, sich zur Wehr zu setzen, wenn eine explizite Bedrohungslage gegeben ist oder die Integrität eines Menschen verletzt wird. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn man sich gegen Mobbing oder Missbrauch einsetzt.
  • Und schließlich wird von Zivilcourage gesprochen, wenn eine Person helfend eingreift, um einen anderen Menschen aktiv zu schützen. Hier liegt eine akute Bedrohungslage vor, zum Beispiel, weil eine oder mehrere Personen angegriffen und körperlich angegangen werden. Die Person, die Zivilcourage beweist, ist selbst nicht Opfer des Angriffs, sondern zunächst außenstehender Dritter, der dann in die Situation eintritt. Daher kann hier gegebenenfalls auch von Nothilfe gesprochen werden.

Vielleicht sieht man beim abendlichen Spaziergang mit dem Hund einen randalierenden Jugendlichen, der parkende Autos beschädigt, vielleicht wird man auch Zeuge, wie eine Frau in der Straßenbahn von einem Betrunkenen belästigt wird, die Situationen, in denen man einschreiten kann, sind sehr vielfältig. In allen Fällen kann Zivilcourage bewiesen werden, in dem man den Täter anspricht und andere Umstehende auf die Situation aufmerksam macht, darauf hinweist, die Polizei zu verständigen und sich um mögliche Opfer kümmert.

Fachanwalt.de-Tipp: Wer bei Unglücksfällen hilft, ist im Übrigen über die Gesetzliche Unfallversicherung abgesichert.

Statistik für Deutschland

Eine aussagekräftige Statistik darüber, wie viele Menschen in entsprechenden Situationen Zivilcourage gezeigt haben, existiert für Deutschland nicht. Es ist aber wohl davon auszugehen, dass viele Menschen Zivilcourage befürworten, die wenigsten davon aber tatsächlich aktiv werden, wenn es darauf ankommt.

Zivilcourage fördern

Preis für Zivilcourage

Wer sich in Sachen Zivilcourage engagiert, kann auch ausgezeichnet werden. So gibt es den Preis für Zivilcourage der Solbach-Freise-Stiftung, der jährlich an Menschen verliehen wird, die Zivilcourage gezeigt und sich für mehr Gerechtigkeit eingesetzt haben. Zudem gibt es auch den XY-Preis für Zivilcourage, der unter der Schirmherrschaft des Bundesinnenministers jährlich von der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“ verliehen wird.

Polizei Zivilcourage

Polizei (© abr68 / fotolia.com)
Polizei (© abr68 / fotolia.com)
Auf verschiedenen Beratungsseiten der Polizei können sich Bürger darüber informieren, welche einfachen Regeln für mehr Zivilcourage berücksichtigt werden sollten. Wie sollte man sich verhalten? Was sollte man nicht tun? Wie zieht man andere Umstehende in die Situation mit ein? Die Polizei beantwortet diese und weitere wichtige Fragen rund um die Zivilcourage.

Zivilcourage Training

Auch hier sind die verschiedenen Beratungsseiten der Polizei die richtige Anlaufstelle, um sich beispielsweise über die „Aktion tu was“ zu informieren. Wer generell ein stärkeres Körpergefühl und mehr Selbstbewusstsein erreichen will, um sich in Gefahrensituationen sicherer fühlen zu können, kann zudem an Selbstverteidigungs- und Kampfsportkursen teilnehmen.

Projekt Zivilcourage

Mit einem Projekt Zivilcourage sollen vor allem Schüler erreicht werden, um ihnen zu zeigen, dass Zivilcourage Teil des demokratischen Handelns ist. Schüler lernen, wie sie sozialen Mut im Alltag zeigen und Verantwortung übernehmen.

Zivilcourage Vortrag

Experten, die sich mit dem Thema Zivilcourage auseinandergesetzt haben, bieten mitunter auch Vorträge an. Oftmals wird das Publikum dabei aktiv integriert und lernt, Lösungen für bestimmte Situationen zu finden. Zudem besteht meist auch die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Diskussionen zu führen.

Pro & Contra Argumente

Je nach Bedrohungslage in der sich die andere Person befindet, kann jemand, der Zivilcourage beweist, dieser vielleicht sogar das Leben retten. Viele Menschen neigen dazu, in solchen Situationen einfach wegzusehen, sei es aus Bequemlichkeit, weil man zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, möglichen Ärger befürchtet, wenn man einschreitet, oder schlichtweg aus Angst.

Wer aber den Mut hat zur Hilfe zu eilen, kann zu Recht als Held gefeiert werden. Es gibt viele gute Gründe, die für Zivilcourage sprechen, aber auch einige Gegenargumente, die nicht außer Acht gelassen werden sollten:

Pro:

  • Man selbst könnte auch einmal in eine bedrohliche Lage geraten und würde sich entsprechend Hilfe von Dritten wünschen.
  • Wenn eine Person erst einmal den Anfang gemacht hat und helfend eingeschritten ist, fällt es meist auch den anderen Umstehenden leichter, ebenfalls aktiv zu werden. Und je mehr Leute aufstehen und verteidigend einschreiten, umso leichter und schneller lässt sich eine Situation unter Kontrolle bringen. Dafür muss aber zunächst einer den Mut haben, den Anfang zu machen.
  • Die Gesellschaft braucht solche Helden des Alltags, die dazu beitragen, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen, die sich nicht einschüchtern lassen und die dabei helfen, dass die Werte, die eine Gesellschaft ausmachen und zusammenhalten, nicht vergessen werden.

Contra:

  • Gefährliche Situationen sind meist nur schwer einzuschätzen, so dass immer auch die Gefahr besteht, dass man selbst verletzt werden kann oder sogar das eigene Leben aufs Spiel setzt.
  • Sind Waffen im Spiel oder ist klar, dass die Angreifer einem selbst körperlich stark überlegen sind, sollte man sich selbst zurückhalten und stattdessen umgehend die Polizei verständigen, damit diese möglichst schnell einschreiten kann. Denn es gilt: Niemand muss den Helden spielen und sich selbst in Gefahr bringen.
  • Zivilcourage zu zeigen, kann für die einschreitende, helfende Person auch tragische Konsequenzen haben, wie einige Beispiele der jüngeren Geschichte zeigen. Als traurige Beispiele sind hier u.a. die Namen Dominik Brunner und Emeka Okoronkwo zu nennen. Das mit solchen Fällen oftmals verbundene große Medieninteresse kann dazu führen, dass andere Menschen davor zurückschrecken, selbst Mut zu beweisen und zu helfen.

Zivilcourage - Häufige Fragen (FAQ)

Was bedeutet Zivilcourage in juristischer Hinsicht?

Zivilcourage ist ein Begriff, der häufig in gesellschaftlichen Diskussionen verwendet wird, aber in juristischer Hinsicht eher diffus ist. Er bezeichnet im Allgemeinen den Mut und die Entschlossenheit einer Person, in einer öffentlichen Situation einzuschreiten, in der eine andere Person unfair behandelt oder in Gefahr gebracht wird. Im Kontext des deutschen Rechts kann das Eingreifen einer Person als Zivilcourage gewertet werden, obwohl es keinen speziellen rechtlichen Status dafür gibt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Zivilcourage zwar lobenswert ist, aber auch Rechtsrisiken bergen kann. So kann die helfende Person z.B. für Folgen haftbar gemacht werden, die aus ihrem Eingreifen resultieren (vgl. § 823 BGB).

Wie sieht die gesetzliche Regelung für "Hilfeleistung" in Deutschland aus?

Die Pflicht zur Hilfeleistung ist im deutschen Strafrecht verankert, und zwar in § 323c StGB ("Unterlassene Hilfeleistung"). Dieser Paragraph legt fest, dass jeder, der bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht hilft, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten ist, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten, bestraft werden kann.

Beispiel: Wenn Sie Zeuge eines Unfalls werden und in der Lage sind, Hilfe zu leisten (z.B. durch einen Anruf bei der Notrufnummer), ohne sich selbst in Gefahr zu bringen oder andere wichtige Pflichten zu vernachlässigen, sind Sie gesetzlich verpflichtet, dies zu tun.

Was passiert, wenn ich bei der Ausübung von Zivilcourage Schaden verursache?

Wenn Sie beim Ausüben von Zivilcourage Schaden verursachen, kann dies zu einer Haftung nach § 823 BGB ("Schadensersatzpflicht") führen. Wenn Sie jedoch in einer Notsituation handeln und dabei angemessene Mittel verwenden, können Sie durch das Prinzip der Gefahrenabwehr geschützt sein.

  • Gefahrenabwehr: Dies ist ein Prinzip des deutschen Rechts, das besagt, dass jemand, der in einer Notsituation handelt, um eine größere Gefahr abzuwehren, möglicherweise von der Haftung befreit ist, auch wenn dabei Schaden entsteht.
  • Angemessenheit der Mittel: Ob die Handlungen als angemessen gelten, hängt vom Einzelfall ab. Es kommt auf die konkrete Situation, die zur Verfügung stehenden Mittel und die zu erwartenden Folgen an.

Wann kann Zivilcourage rechtlich problematisch sein?

Zivilcourage kann dann problematisch sein, wenn die Handlungen, die im Namen der Zivilcourage ausgeführt werden, rechtliche Grenzen überschreiten. Beispielsweise könnten gut gemeinte Handlungen als Körperverletzung (§ 223 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder sogar als Nötigung (§ 240 StGB) angesehen werden, wenn sie die Rechte anderer verletzen.

Zudem besteht bei der Ausübung von Zivilcourage stets das Risiko, sich selbst in Gefahr zu bringen. Deshalb ist es wichtig, bei der Ausübung von Zivilcourage immer auch die eigene Sicherheit im Blick zu haben und im Zweifelsfall professionelle Hilfe zu rufen.

Was kann ich tun, um mich rechtlich abzusichern, wenn ich Zivilcourage zeigen möchte?

Um sich bei der Ausübung von Zivilcourage rechtlich abzusichern, können Sie folgende Schritte beachten:

  1. Situation einschätzen: Versuchen Sie, die Situation so gut wie möglich zu bewerten. Was genau passiert? Wer ist beteiligt? Besteht eine unmittelbare Gefahr?
  2. Hilfe holen: Rufen Sie die Polizei oder den Notdienst an und informieren Sie sie über die Situation. Sie sind die Profis und am besten dafür ausgerüstet, mit Gefahrensituationen umzugehen.
  3. Vorsichtig eingreifen: Wenn Sie eingreifen, tun Sie dies auf eine Weise, die die Situation nicht eskalieren lässt. Ihre Sicherheit und die Sicherheit anderer hat oberste Priorität.

Es ist auch wichtig zu bedenken, dass die Rechtsschutzversicherung bei rechtlichen Konflikten infolge der Ausübung von Zivilcourage hilfreich sein kann.


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