Das Verbreitungsrecht ist eine Teil der der Verwertungsrechte. Es spielt eine zentrale Rolle im deutschen Urheberrecht und bildet einen der wichtigsten Mechanismen, durch den Urheber die kommerzielle Nutzung ihrer Werke steuern können. In diesem Artikel werden die wichtigsten Aspekte des Verbreitungsrechts erörtert, um sowohl Urhebern als auch Nutzern von urheberrechtlich geschützten Werken ein klares Bild über die Rechte und Pflichten zu vermitteln.
Definition und Grundlagen des Verbreitungsrechts
Verbreitungsrecht im Urheberrecht (Symbolbild)Das Verbreitungsrecht ist in § 17 des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) verankert und gibt dem Urheber das exklusive Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke seines Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
Was bedeutet das genau?
Begriffserklärung
- Original: Das Original bezieht sich auf das ursprüngliche, von dem Urheber erstellte Werk.
- Vervielfältigungsstücke: Dies sind Kopien des Originalwerks, die in jeder Form hergestellt werden können, beispielsweise gedruckte Kopien eines Buches, Abzüge eines Gemäldes oder Kopien einer Musik-CD.
Anbieten des Werkes
- Das „Anbieten“ im Rahmen des Verbreitungsrechts bedeutet, das Werk der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, noch bevor es zu einer eigentlichen Übertragung des Besitzes kommt. Dies kann durch Ausstellen, Bewerben oder durch Ankündigungen geschehen, bei denen das Werk zum Verkauf oder zur sonstigen Überlassung vorgesehen ist.
In Verkehr bringen
- „In Verkehr bringen“ bezieht sich auf den Akt der physischen Übergabe des Werkes an andere. Dies umfasst den Verkauf, die Schenkung, die Vermietung, den Tausch oder jede andere Form der Weitergabe, durch die das Werk aus der exklusiven Kontrolle des Urhebers in die Hände eines anderen gelangt.
Öffentlichkeit
- Der Begriff „Öffentlichkeit“ ist ebenfalls zentral im Verbreitungsrecht. Ein Werk der Öffentlichkeit anzubieten oder es in Verkehr zu bringen, impliziert, dass das Angebot oder die Verfügbarkeit des Werkes nicht auf einen privaten Kreis beschränkt ist. Vielmehr muss es einer unbestimmten Anzahl von Personen zugänglich sein, was typischerweise den Markt oder die Allgemeinheit einschließt.
Ziel und Bedeutung des Verbreitungsrechts
Das Hauptziel des Verbreitungsrechts ist es, dem Urheber die Kontrolle darüber zu geben, wie und unter welchen Bedingungen sein Werk kommerziell genutzt wird. Es ermöglicht dem Urheber, wirtschaftlich von seinem Werk zu profitieren und gleichzeitig zu kontrollieren, wie es verbreitet wird.
Das Verbreitungsrecht schützt den Urheber davor, dass sein Werk ohne seine Zustimmung oder ohne angemessene Vergütung verbreitet wird. Es ermöglicht ihm, Lizenzvereinbarungen (vgl. Lizenz) oder andere Verträge zu gestalten, die festlegen, wie und unter welchen Bedingungen das Werk vertrieben werden darf.

Der Erschöpfungsgrundsatz
Der Erschöpfungsgrundsatz ist ein fundamentaler Bestandteil des Verbreitungsrechts. Nach § 17 Abs. 2 UrhG erlischt das Verbreitungsrecht nach der ersten Veräußerung des Werks in einem Mitgliedstaat der EU oder eines EWR-Vertragsstaates. Dies bedeutet, dass der Urheber nicht mehr kontrollieren kann, wie das Werk weiterverkauft wird, solange die Erstveräußerung rechtmäßig erfolgte.
Eine wichtige Ausnahme des Erschöpfungsprinzips besteht im Bereich der Vermietung. Urheber können das Vermietungsrecht weiterhin gesondert kontrollieren.
Anwendungsbeispiele des Verbreitungsrechts
1. Veröffentlichung von Büchern
Ein Autor verfasst ein Buch und entscheidet sich, dieses über einen Verlag zu publizieren. Das Verbreitungsrecht erlaubt es dem Autor (oder dem Verlag, falls die Rechte abgetreten wurden), zu bestimmen, wie und wo das Buch verkauft wird. Nach dem ersten Verkauf eines Buchexemplars in einem EU-Land kann der Erwerber das Buch jedoch ohne weitere Erlaubnis weiterverkaufen, da das Verbreitungsrecht sich erschöpft hat.
2. Musik und CDs
Ein Musikproduzent erstellt eine CD mit Songs. Das Verbreitungsrecht gestattet ihm, zu kontrollieren, wie seine Musik verbreitet wird – etwa durch Verkauf der CDs in Geschäften oder auf Konzerten. Auch hier gilt das Prinzip der Erschöpfung nach dem ersten Verkauf im europäischen Wirtschaftsraum.
3. Kunstwerke und Galerien
Künstler und Galerien profitieren erheblich vom Verbreitungsrecht. Ein Künstler kann entscheiden, ob er Originale oder nur Kopien seiner Werke verkauft und wie diese Werke vermarktet werden sollen. Dies schließt ein, ob die Werke online, in einer Galerie oder auf einer Messe angeboten werden.
4. Filmverleih und -vertrieb
Filmemacher und Filmstudios nutzen das Verbreitungsrecht, um zu bestimmen, wie ihre Filme veröffentlicht werden. Dies kann den Verkauf von DVDs oder Blu-rays einschließen. Das Verbreitungsrecht ermöglicht es ihnen auch, spezielle Vereinbarungen für die Vermietung ihrer Filme zu treffen, da die Vermietung von der Regel der Erschöpfung ausgenommen ist.
5. Software und Computerspiele
Softwareentwickler und Spielehersteller können das Verbreitungsrecht nutzen, um physische Kopien ihrer Produkte zu verkaufen. Obwohl viele Softwareprodukte und Spiele heute digital vertrieben werden, gilt das Verbreitungsrecht für Box-Versionen, die in Läden verkauft oder auf anderen physischen Medien verbreitet werden.
6. Mode und Design
Designer und Modemarken können das Verbreitungsrecht nutzen, um die Verbreitung ihrer physischen Produkte, wie Kleidung oder Accessoires, zu kontrollieren. Sie können bestimmen, in welchen Boutiquen oder über welche Vertriebskanäle ihre Kreationen verkauft werden.
7. Bildungs- und Lehrmaterialien
Verlage, die Lehrbücher und Bildungsmaterialien herstellen, nutzen das Verbreitungsrecht, um zu regeln, wie ihre Materialien an Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen verteilt werden. Dies schließt sowohl den direkten Verkauf als auch Vereinbarungen über Sammelbestellungen und lizenzierte Verteilungen ein.
Digitale Werke und das Verbreitungsrecht
Eine wichtige Unterscheidung muss zwischen körperlichen und unkörperlichen Werken gemacht werden. Das Verbreitungsrecht bezieht sich ausschließlich auf die Verbreitung physischer Werke.
Digitale Inhalte, wie zum Beispiel E-Books oder Musikdateien, fallen nicht unter das Verbreitungsrecht, sondern unter das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG. Dieses Recht erlaubt es Urhebern, über die Online-Bereitstellung ihrer Werke zu bestimmen.
Beispiel: Ein Fotograf verkauft physische Abzüge seiner Fotos. Er hat das Recht zu bestimmen, wie viele Kopien jedes Bildes verkauft werden. Digitale Kopien seiner Fotos unterliegen jedoch anderen Regelungen.
Rechtliche Herausforderungen und praktische Tipps
Schutz der Rechte
Urheber sollten sich bewusst sein, dass das Verbreitungsrecht nur bis zur ersten rechtmäßigen Veräußerung gilt. Es ist daher ratsam, Verträge und Vereinbarungen sorgfältig zu gestalten, um die eigenen Interessen auch nach dem ersten Verkauf zu schützen.
Lizenzierung und Verträge
Eine effektive Methode, um die Kontrolle über die Verbreitung eines Werkes zu behalten, ist die Lizenzierung. Durch Lizenzvereinbarungen können Urheber spezifische Nutzungsrechte einräumen, ohne das Eigentum am geistigen Eigentum zu übertragen. Solche Verträge sollten klar und präzise formuliert sein, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Zusammenfassung
Das Verbreitungsrecht ist ein essentieller Bestandteil des deutschen Urheberrechts, der Urhebern eine wichtige Kontrolle über die Vermarktung ihrer Werke bietet. Durch das Verständnis der rechtlichen Grundlagen und die kluge Gestaltung von Verträgen können Urheber ihre Rechte effektiv schützen und nutzen. Während das Verbreitungsrecht nach dem ersten Verkauf eines Werkes erlischt, bietet die sorgfältige Planung von Lizenzvereinbarungen weiterhin Möglichkeiten, Einfluss auf die Nutzung der Werke zu nehmen.