Auffahrunfall – was tun? Das sollten Sie über Verhalten, Schuld, Strafe und Versicherung wissen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 11. Dezember 2023

Von einem Auffahrunfall spricht man, wenn ein Fahrzeug auf das Heck des vorausfahrenden Fahrzeugs auffährt. Unfälle, die im Straßenverkehr sehr oft vorkommen und meist die Folge einer unangepassten Fahrweise sind. Einerseits kann der Sicherheitsabstand zu gering sein, andererseits kann auch das Fahrverhalten des vorausfahrenden Lenkers unfallursächlich sein. Auffahrunfälle passieren auch schon bei geringen Geschwindigkeiten mit unterschiedlichen Folgen von leichten Blechschäden bis zu schweren Verletzungen der Insassen.

Auffahrunfall – so verhalten Sie sich richtig

Auffahrunfall (© Paolese - stock.adobe.com)
Auffahrunfall (© Paolese - stock.adobe.com)
Nach § 4 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist jeder Lenker verpflichtet einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten, um in Gefahrensituationen noch rechtzeitig und richtig reagieren zu können.

Passiert so ein Unfall wird allgemein angenommen, dass der auffahrende Lenker die Abstandsregeln nicht eingehalten, er dem vorausfahrenden Verkehr zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat oder mit zu hoher Geschwindigkeit gefahren ist.

Fachanwalt.de-Tipp: Die Schuld muss nicht immer automatisch beim Auffahrenden liegen. In bestimmten Fällen, wie z. B. bei einer Vollbremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs ohne erkennbaren Grund, kann auch den Vorausfahrenden eine Mitschuld treffen. Die Schuldfrage wird in solchen Fällen individuell geprüft und hängt vom genauen Unfallhergang ab. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Ihnen bei Fragen weiterhelfen.

Checkliste

Ein Unfall löst naturgemäß immer Stress aus. Darum gilt das oberste Gebot: Ruhe bewahren! Ebenso sollten Konflikte mit dem Unfallgegner vermieden werden, um sich auf die dringenden Aufgaben zu konzentrieren. In erster Linie sind das

  1. das Absichern der Unfallstelle
  2. und gegebenenfalls die Erstversorgung verletzter Personen.

Danach sollten weitere Schritte unternommen werden:

Aufgabe

Detail

Check

Unfallstelle absichern

 

Warnblinkanlage einschalten und Warnweste anziehen. Aufstellen des Warndreiecks in angemessener Entfernung (100 bis 400 Meter) zur Unfallstelle, um den nachfolgenden Verkehr auf die Unfallsituation hinzuweisen, damit die Lenker ihr Fahrverhalten entsprechend anpassen können.

 

Überprüfung der Unfallbeteiligten

Feststellen, ob jemand verletzt ist und ob medizinische Hilfe benötigt wird. Wenn erforderlich Erste Hilfe leisten.

 

Rettungsdienst und Polizei rufen

Bei Verletzungen oder erheblichen Sachschäden sollte der Rettungsdienst unter 112 und die Polizei unter 110 verständigt werden.

 

Fahrzeugpapiere und Führerschein bereithalten

Die Unfallbeteiligten sollten ihre Personal- und Fahrzeugpapiere für die Polizei und den gegnerischen Fahrer bereithalten.

 

Unfallskizze und Fotos anfertigen

Die Dokumentation des Unfallhergangs und der Schäden an den Fahrzeugen ist wichtig, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.

 

Zeugen suchen

Notieren Sie die Kontaktdaten von möglichen Zeugen, die den Unfall beobachtet haben.

 

Austausch der Personalien

Tauschen Sie Namen, Adressen, Telefonnummern und Versicherungsdaten mit dem anderen Unfallbeteiligten aus.

 

Europäischen Unfallbericht ausfüllen

Das standardisierte Formular sollte in jedem Fahrzeug griffbereit sein und enthält auch viele Hinweise zu den erforderlichen Tätigkeiten. Füllen Sie den Bericht gemeinsam mit dem beteiligten Verkehrsteilnehmer aus. Der Europäische Unfallbericht wird von den meisten Versicherungen anerkannt.

 

Versicherung informieren

Melden Sie den Unfall so schnell wie möglich Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung, damit diese einen Schadensakt anlegen und die Regulierung einleiten können.

 

Auffahrunfall: Checkliste hierals pdf herunterladen!

Rechtlicher Hinweis: Bei dem kostenlosen Muster handelt es sich um ein unverbindliches Muster aus unserem Magazin. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Vorlage wird keine Gewähr übernommen. Es ist nicht auszuschließen, dass die abrufbaren Muster nicht den zurzeit gültigen Gesetzen oder der aktuellen Rechtsprechung genügen. Die Nutzung erfolgt daher auf eigene Gefahr. Das unverbindliche Muster muss vor der Verwendung durch einen Rechtsanwalt individuell überprüft und dem Einzelfall angepasst werden.  

Fachanwalt.de-Tipp: Unterschreiben Sie in keinem Fall eine Schuldanerkennung und äußern Sie sich auch nicht mündlich zu möglichen Schuldverhältnissen. Dies könnte negative Auswirkungen auf die Schadensregulierung haben. Überlassen Sie die Schuldfrage den Versicherungen und gegebenenfalls den Gerichten.

Auffahrunfall ohne Polizei?

Bei reinen Blechschäden ohne Verletzte und wenn sich die Unfallbeteiligten einig sind, kann auf die Hinzuziehung der Polizei verzichtet werden. In diesem Fall ist es ratsam, den Unfall gemeinsam zu dokumentieren, den Europäischen Unfallbericht auszufüllen und Fotos von der Unfallstelle und den Schäden an den Fahrzeugen zu machen.

Auffahrunfall – wer ist schuld?

Wer ist schuld? (© Monkey Business - stock.adobe.com
Wer ist schuld? (© Monkey Business - stock.adobe.com
Jeder Lenker eines Kraftfahrzeugs ist nach § 4 Abs. 1 StVO verpflichtet, vorausschauend zu fahren, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen und darauf richtig zu reagieren.

Bei Auffahrunfällen wird häufig dem Auffahrenden die Schuld zugeschrieben, weil er, so wird vermutet, den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat, zu schnell oder nicht aufmerksam genug gefahren ist.

In der gängigen Rechtsprechung sind viele Beispiele zu finden, dass die Schuldfrage doch nicht so einfach zu klären ist, da die Umstände des Unfalls erst genau analysiert werden müssen. In vielen Fällen entscheiden die Gerichte, dass ein Mitverschulden vorliegt, der vorausfahrende Lenker somit eine Teilschuld am Unfallgeschehen hat. Zur Klärung der Rechtssituation sollten deshalb gerichtlich verwertbare Beweise vorliegen (Fotos, Zeugenaussagen, Unfallskizzen). Wurde der Unfall durch die Polizei aufgenommen, so haben deren Erkenntnisse eine hohe Beweiskraft.

Bei unklarer Sachlage entscheiden Versicherungen anhand der vorliegenden Dokumentation des Unfallhergangs über die Schadensregulierung und die Schuldfrage. Wenn es erforderlich ist, wird ein Sachverständiger beigezogen. Erst wenn es zu keiner Einigung kommt, wird der Fall gerichtlich (Zivil- oder Strafrecht) geklärt.

Beispiele

  • Auffahrunfall auf ein stehendes Fahrzeug: Nach§ 4 Abs. 1 StVO ist jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges verpflichtet, einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten, um rechtzeitig zu reagieren. In bestimmten Fällen kann jedoch auch der Fahrer des stehenden Fahrzeugs eine Mitschuld tragen, zum Beispiel:
    • Das vorausfahrende Fahrzeug hält plötzlich ohne ersichtlichen Grund an oder verringert die Geschwindigkeit drastisch.
    • Das Fahrzeug ist an einer unübersichtlichen Stelle geparkt und der Lenker hat es verabsäumt den nachfolgenden Verkehr zu warnen (Warnblinkanlage, Warndreieck).
    • Das Fahrzeug steht unbeleuchtet ganz oder teilweise auf der Fahrbahn.
       
  • Leichter Auffahrunfall liegt dann vor, wenn nur geringfügige Schäden entstanden sind. Dabei handelt es sich in der Regel um leichte Blechschäden, Kratzer oder Dellen ohne wesentliche Beeinträchtigung der Funktion des Fahrzeugs. Die beteiligten Personen (Unfalllenker, Insassen) bleiben unverletzt. In der Regel passieren diese Unfälle bei geringen Geschwindigkeiten bspw. im Stadtverkehr oder im Stau. Die Schadensregulierung ist meist unkompliziert, da üblicherweise keine schwerwiegenden Folgen an Personen oder Sachen entstanden sind.
     
  • Auffahrunfall auf der Autobahn: Eine der häufigsten Ursachen ist unzureichender Sicherheitsabstand. Bei den hohen Geschwindigkeiten ist die Reaktionszeit dann oft viel zu gering, um rechtzeitig und richtig zu reagieren. In vielen Fällen unfallauslösend sind auch Staubildungen, die zu spät wahrgenommen werden. Auffahrunfälle verursachen oft aufgrund der hohen Geschwindigkeiten schwere Sach- und Personenschäden. Die Feststellung der Schuldverhältnisse kann schwierig sein und längere Zeit in Anspruch nehmen.

Strafe / Bußgeld

Die Strafen und Bußgelder können je nach den Umständen des Unfalls und den begangenen Verkehrsverstößen variieren, deshalb ist die untenstehende Liste nur ein Auszug und nicht abschließend.

  • Missachtung des Sicherheitsabstands:
    • Abstandsverstoß (abhängig von Geschwindigkeit und Abstand): ab 25 EUR bis 400 EUR.
  • Geschwindigkeitsüberschreitung:
    • Innerorts
      • bis 10 km/h: 30 EUR
      • von 11 bis 20 km/h: 50 bis 70 EUR
      • ab 21 km/h: ab 115 bis 700 EUR
    • Außerorts
      • bis 10 km/h: 20 EUR
      • von 11 bis 20 km/h: 40 bis 60 EUR
      • ab 21 km/h: von 100 bis 700 EUR
  • Unaufmerksamkeit oder Ablenkung am Steuer:
    • Nutzung eines Mobiltelefons ohne Freisprecheinrichtung: 100 bis 200 EUR, abhängig von Sachbeschädigung und Gefährdung.
  • Alkohol- oder Drogenkonsum:
    • Ab 0,5 Promille oder bei positivem Drogennachweis: ab 500 bis 1.500 EUR (Wiederholungsfall).
  • Wiederholungstäter: erhöhte Bußgelder, längeres Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis.

Auffahrunfall in der Probezeit – was nun?

Das sollten Sie beachten (© vegefox.com - stock.adobe.com)
Das sollten Sie beachten (© vegefox.com - stock.adobe.com)
In erster Linie hängt es von den Umständen und der Schwere des Unfalls ab. Das deutsche Fahreignungs-Bewertungssystem nennt zwei Kategorien von Verstößen:

  • A-Verstoß: gilt als besonders gefährdend für die Verkehrssicherheit und ist mit strengeren Sanktionen bedroht. Als Verstoß gilt eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts ab 21 km/h oder darüber und mehr als 20 km/h außerorts. Ebenso das Fahren unter Alkohol und / oder Drogeneinfluss. Beides Fälle, die zu Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer führen können und die oft als Ursache für Auffahrunfälle dokumentiert sind. Die Sanktionen bei einem A-Verstoß während der Probezeit können sein:
    • Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre.
    • Anordnung eines Aufbauseminars.
    • Verhängung von Bußgeldern.
    • Punkte in Flensburg.
    • In besonders schweren Fällen Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis.
       
  • B-Verstoß: Ist ein weniger schwerwiegender Verstoß und damit weniger gefährdend für die Verkehrssicherheit. Beispiele:
    • Geschwindigkeitsübertretungen bis 20 km/h innerorts, oder bis 25 km/h außerorts.
    • Geringfügige Verstöße gegen die Verkehrsordnung, die andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden.

Schmerzensgeld

Wenn jemand infolge eines Unfalls an körperlichen und psychischen Schmerzen leidet, so ist dafür eine finanzielle Entschädigung möglich. Sie soll die immateriellen Schäden abdecken (§ 253 BGB – Schäden der höchstpersönlichen Lebenssphäre), die jemand durch die Schmerzen und Beeinträchtigungen erleiden musste.

Die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • der Verletzung.
  • der Schmerzen.
  • Art der Behandlung.
  • Mögliche dauerhafte Einschränkungen oder Beeinträchtigungen.

Da es keine festen Sätze oder Tabellen gibt, orientieren sich die Gerichte und Anwälte oft an früheren Urteilen oder Entscheidungen in anderen Fällen. Im Einzelfall würdigen die Gerichte (Land- oder Amtsgericht) die Umstände und legen das Schmerzensgeld in einer bestimmten Höhe fest. Für den Verletzten gilt, dass er die volle Beweislast zu tragen hat. Es ist zu beachten, dass die Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen sehr komplex sein kann. Es sollte jedenfalls ein Fachanwalt für Verkehrsrecht beigezogen werden.

Beispiel: Nackenschmerzen nach Auffahrunfall

Im Fall von Nackenschmerzen, die häufig auf ein Schleudertrauma oder eine Halswirbelsäulen-Distorsion (HWS-Distorsion) zurückzuführen sind, variieren die Schmerzensgeldbeträge. Für leichtere Fälle können Beträge zwischen mehreren Hundert bis zu einigen Tausend Euro in schweren Fällen zugesprochen werden.

Folgen für Ihre Versicherung

Sind Sie ursächlich für den Unfall verantwortlich kommt Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung für Schäden am gegnerischen Fahrzeug und eventuelle Personenschäden auf, was zu einer Erhöhung Ihrer Versicherungsprämie führen kann.

Haben Sie eine Teil- oder Vollkaskoversicherung abgeschlossen, dann deckt diese, unabhängig von der Schuldfrage, ganz oder teilweise die Schäden am eigenen Fahrzeug. In Abhängigkeit von den Versicherungsbedingungen kann ebenfalls die Prämie steigen.

Kommt es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kann eine Verkehrsrechtsschutzversicherung helfen, Ansprüche aus dem Auffahrunfall geltend zu machen oder abzuwehren.

Wie kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht Unfallbeteiligten weiterhelfen?

Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Unfallbeteiligten bei einem Auffahrunfall wertvolle Unterstützung bieten, indem er die rechtlichen Interessen vertritt und sicherstellt, dass die Entschädigung angemessen ist oder ungerechtfertigte Ansprüche abgewehrt werden. Die wichtigsten Hilfestellungen sind:

  • Klärung der Schuldfrage.
  • Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen und Schmerzensgeld.
  • Verhandlung mit Versicherungen, um sicherzustellen, dass die Ansprüche angemessen berücksichtigt und abgedeckt werden.
  • Rechtliche Vertretung im Falle von gerichtlichen Auseinandersetzungen.
  • Überprüfung von Bußgeldbescheiden und anderen Sanktionen, z. B. die Verhängung von Fahrverboten.
  • Beratung und Information zu den Rechten und Pflichten als Entscheidungsgrundlage.

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