Wirtschaftlicher Totalschaden beim Auto - was Sie zur Reparatur und Abrechnung wissen sollten!

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 6. November 2023

wirtschaftlicher Totalschaden (© tina7si / fotolia.com)
wirtschaftlicher Totalschaden (© tina7si / fotolia.com)
Glück im Unglück hat, wer bei einem Autounfall keinen körperlichen Schaden erleidet. Die nächste Sorge gilt jedoch meist dem Auto, bei welchem im ungünstigsten Fall ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegen kann. Dieser ist von einem technischen sowie unechtem Totalschaden zu unterscheiden.

Wirtschaftlicher Totalschaden

Nach einem Unfall wird man sich in einer Werkstatt oder mit Hilfe eines Gutachters mit der Schwere des Schadens auseinandersetzen. Im Hinblick auf eine mögliche Reparatur muss dabei immer zwischen deren Machbarkeit und Vernünftigkeit unterschieden werden.

Die Vernünftigkeit bezieht sich dabei auf die Wirtschaftlichkeit des Schadens.

Von einem wirtschaftlichen Totalschaden spricht man, wenn sich eine Reparatur aus finanzieller Sicht schlichtweg nicht mehr lohnt. Dies ist dann der Fall, wenn die veranschlagten Reparaturkosten höher ausfallen als die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert des Kfz.

  • Hierunter versteht man den Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall. Der Restwert wird auch gern als „Schrottwert“ bezeichnet.
  • Die Summe, die nötig wäre, um ein gleichwertiges Fahrzeug zu kaufen. Hierbei ist von dem Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall auszugehen.

Eine Beispielrechnung

A erleidet mit seinem Auto einen Unfall. Der Wiederbeschaffungswert, also der Preis für ein gleichwertiges Auto, liegt bei 5.000 Euro. Nach dem Unfall ist das Fahrzeug nur noch 500 Euro wert (Restwert). Die Reparaturkosten werden vom Sachverständigen mit 7.000 Euro veranschlagt.

Wiederbeschaffungswert – Restwert = 4.500 Euro

Die Reparaturkosten von 7.000 fallen also deutlich höher aus als die errechnete Differenz von 4.500 €. In diesem Fall wäre daher von einem wirtschaftlichen Totalschaden auszugehen.

technischer Totalschaden

Von einem wirtschaftlichen Totalschaden ist der technische Totalschaden zu unterscheiden. Dieser ist anzunehmen, wenn ein Schaden vorliegt, der es technisch unmöglich macht, das Fahrzeug überhaupt zu reparieren.

Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden wäre eine Reparatur also prinzipiell möglich, sie rechnet sich nur schlichtweg nicht mehr. Bei einem technischen Totalschaden ist eine Reparatur hingegen von vorneherein ausgeschlossen.

Abrechnen mit der Versicherung

Wenn von einem wirtschaftlichen Totalschaden auszugehen ist, kann der Unfallwagen verkauft werden. Die Versicherung hat dann die Differenz zum Wiederbeschaffungswert zu zahlen. Mit dem Geld der Versicherung sowie dem Erlös aus dem Verkauf des Unfallfahrzeugs soll dem Geschädigten so ausreichend Geld zur Verfügung stehen, um sich ein gleichwertiges Fahrzeug zu kaufen.

Auch ein Fahrzeug, bei dem ein wirtschaftlicher Totalschaden diagnostiziert wurde, kann noch verkauft werden. Es finden sich immer Interessenten, die das Fahrzeug auseinanderbauen und die Einzelteile weiter verwerten.

130% Regel

Der Gesetzgeber hat im Rahmen des wirtschaftlichen Totalschadens auch für eine Ausnahme gesorgt, die sogenannte 130% Regel. Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, wenn die Reparatur teurer kommt, als es der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs wäre. Die Versicherung muss eine Reparatur in diesem Fall also nicht zahlen. Durch die 130% Regel kommt jedoch eine Erhöhung des Betrags ins Spiel, bis zu dem es eben doch zu einer Zahlung der Reparatur durch die Versicherung kommen kann.

Die 130% Regel greift dann ein, wenn die Kosten für die Reparatur den Wiederbeschaffungswert um höchstens 30% übersteigen.

Damit diese Sonderregelung jedoch wirklich greift und die Versicherung die Reparaturkosten trotz Feststellung eines wirtschaftlichen Totalschadens übernimmt, müssen einige Bedingungen erfüllt sein.

  • Die Reparatur des Autos wird so durchgeführt, wie es laut Gutachten des Sachverständigen vorgegeben wird.
  • Der Fahrer des Unfallfahrzeugs ist in der Pflicht, den Pkw noch für mindestens 6 weitere Monate zu nutzen und zu versichern.
  • Die Werkstattrechnung muss der Versicherung zugänglich gemacht werden. Dies ist wichtig, damit überprüft werden kann, dass auch wirklich entsprechend der Gutachtenvorgaben repariert wurde.

Wenn der Fahrzeugbesitzer sein Auto nun trotz der Feststellung eines wirtschaftlichen Totalschadens in Reparatur gibt, stehen ihm von Seiten der gegnerischen Versicherung bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswerts zu.

Fachanwalt.de-Tipp: Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn man sein Fahrzeug selbst repariert. Nach einer eigenständigen Reparatur muss ein Sachverständiger jedoch eine sogenannte Reparaturbescheinigung durchführen. Hierdurch soll überprüft und bescheinigt werden, dass die Vorgaben des Gutachtens bei der Reparatur eingehalten wurden. Natürlich hat auch die Reparatur in Eigenregie sowohl sach- wie auch fachgerecht zu erfolgen.

Es darf nicht die Versicherungssumme eingestrichen werden und letztlich werden nur ein paar Schrauben am Fahrzeug erneuert. Es ist von der Versicherung zu erwarten, dass das Fahrzeug wieder in den Zustand zurückversetzt wird, der in dem Gutachten vorgesehen ist. Es ist also nicht möglich, ein altes Fahrzeug auf Versicherungskosten deutlich aufmöbeln zu lassen. Bei der Reparatur hat man sich stattdessen daher an die Vorgaben laut Gutachten zu halten. Die Reparatur muss also gutachten-konform erfolgen.

 

Fachanwalt.de-Tipp: Die 130% Regel ist insbesondere für Autobesitzer interessant, für die ihr Fahrzeug einen besonderen ideellen Wert hat und die sich nur schwer von ihm trennen können. In diesem Fall wird es nur schwer bis unmöglich sein, ein vergleichbares Ersatzfahrzeug finden zu können. Stattdessen dürfte ein berechtigtes Interesse daran bestehen, das Fahrzeug auch trotz wirtschaftlichen Totalschadens reparieren zu lassen.

Versteckte Mängel

Manchmal können die Reparaturkosten höher ausfallen, als dies im Gutachten festgestellt wurde. Etwa, wenn versteckte Mängel festgestellt werden während der Reparatur. Die Reparaturkosten gemäß der 130% Regel können in diesem Fall auch überschritten werden soweit die Mängel auf den Unfall zurückzuführen sind.

wirtschaftlicher Totalschaden - fabrikneuer Wagen

Neuwagen (©  JSB31/ fotolia.com)
Neuwagen (© JSB31/ fotolia.com)
Dieser Fall ist besonders ärgerlich. Von der gegnerischen Haftpflichtversicherung wird in aller Regel nur der Zeitwert, nicht aber der Neuwert ersetzt. Es kommt also auf den Anschaffungswert eines gleichwertigen Fahrzeugs an, das das gleiche Alter am Schadenstag hat. Autobesitzer unterschätzen hier meist den deutlichen Wertverlust, der bei einem Wagen bereits mit der Zulassung beginnt.

Mit einer Neupreiserstattung ist in der Praxis nur dann zu rechnen, wenn das Fahrzeug höchstens einen Monat alt war. Zudem darf es maximal 1.000 Kilometer gefahren sein.

Wenn die Kilometerleistung höher als 1.000 Kilometer liegt, kommt es zu einem Abzug beim Neupreis, der pro gefahrenen tausend Kilometer mit etwa 1 bis 1,5 Prozent zu veranschlagen ist.

Mietwagen

Wenn also nun ein wirtschaftlicher Totalschaden festgestellt wurde und es zu einem Verkauf des Unfallwagens kommt, hat der Fahrzeugbesitzer einen Anspruch auf Nutzung eines Mietwagens. Es ist ratsam, genauestens zu dokumentieren, in welchem Umfang man den Mietwagen nutzt und welche Kosten hierdurch entstanden sind. Nur so stellt man sicher, dass man diese dann auch von der Versicherung des Unfallverursachers ersetzt bekommen kann.

FAQ zur Berechnung des wirtschaftlichen Totalschadens

Was ist ein wirtschaftlicher Totalschaden und wie wird er definiert?

Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten eines beschädigten Fahrzeugs oder Objekts die Wiederbeschaffungskosten übersteigen oder zumindest in einem unverhältnismäßigen Verhältnis zu diesen stehen. Um dies zu beurteilen, werden verschiedene Faktoren wie der Zeitwert des Fahrzeugs oder Objekts, die Höhe der Reparaturkosten und die Wiederbeschaffungskosten gegenübergestellt.

Die Berechnung des wirtschaftlichen Totalschadens stützt sich auf die folgenden Schritte:

  1. Ermittlung des Zeitwerts: Der Zeitwert ist der Wert des Fahrzeugs oder Objekts unmittelbar vor dem Schadensereignis. Dieser kann durch den aktuellen Marktwert oder den Wiederbeschaffungswert ermittelt werden.
  2. Ermittlung der Reparaturkosten: Die Reparaturkosten sind die voraussichtlichen Kosten, die anfallen, um das Fahrzeug oder Objekt wieder in den Zustand vor dem Schadensereignis zu versetzen.
  3. Vergleich der Werte: Wenn die Reparaturkosten den Zeitwert übersteigen oder in einem unverhältnismäßigen Verhältnis zu diesem stehen, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor.

Es gibt keine spezifischen gesetzlichen Regelungen zur Berechnung des wirtschaftlichen Totalschadens, jedoch spielen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere das Schadensersatzrecht (§§ 249 ff. BGB) und die Rechtsprechung eine wichtige Rolle bei der Auslegung und Anwendung.

Was sind die rechtlichen Folgen eines wirtschaftlichen Totalschadens?

Die rechtlichen Folgen eines wirtschaftlichen Totalschadens können sich auf verschiedene Bereiche erstrecken, insbesondere auf das Schadensersatzrecht, das Versicherungsrecht und das Kaufrecht.

  • Schadensersatzrecht: Gemäß § 249 BGB hat der Geschädigte bei einem wirtschaftlichen Totalschaden grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts des beschädigten Fahrzeugs oder Objekts. Dabei ist der Geschädigte nicht verpflichtet, das Fahrzeug oder Objekt tatsächlich wiederzubeschaffen.
  • Versicherungsrecht: Im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens kann die Kaskoversicherung des Geschädigten die Leistungspflicht auf den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts beschränken (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 VVG).
  • Kaufrecht: Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden kann der Käufer eines Fahrzeugs oder Objekts unter Umständen Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen, insbesondere wenn der Schaden bereits vor dem Kauf bestand und der Verkäufer diesen verschwiegen hat. In diesem Fall kann der Käufer gemäß § 437 BGB Ansprüche auf Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz geltend machen.

Wie wird der Restwert eines Fahrzeugs oder Objekts bei einem wirtschaftlichen Totalschaden ermittelt?

Der Restwert ist der Wert, den das beschädigte Fahrzeug oder Objekt nach dem Schadensereignis noch hat. Die Ermittlung des Restwerts erfolgt in der Regel durch einen Sachverständigen oder Gutachter, der den Zustand des Fahrzeugs oder Objekts begutachtet und auf Basis von Marktpreisen und individuellen Gegebenheiten den Restwert festlegt. Bei der Ermittlung des Restwerts sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Marktpreise: Der Restwert wird anhand der aktuellen Marktpreise für vergleichbare beschädigte Fahrzeuge oder Objekte ermittelt.
  • Individuelle Gegebenheiten: Besondere Merkmale, wie zum Beispiel eine besondere Ausstattung oder ein sehr guter Pflegezustand, können den Restwert beeinflussen.
  • Veräußerungsmöglichkeiten: Der Restwert berücksichtigt auch die Möglichkeiten zur Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs oder Objekts, zum Beispiel durch den Verkauf an einen Bastler oder den Export.

Welche Rolle spielen Gutachter bei der Berechnung eines wirtschaftlichen Totalschadens?

Gutachter oder Sachverständige spielen bei der Berechnung eines wirtschaftlichen Totalschadens eine wichtige Rolle, da sie die erforderlichen Werte wie den Zeitwert, die Reparaturkosten und den Restwert ermitteln. Sie sind unabhängige Experten, die aufgrund ihrer Fachkenntnisse und Erfahrung in der Lage sind, objektive und nachvollziehbare Bewertungen vorzunehmen. Die Beauftragung eines Gutachters kann sowohl vom Geschädigten als auch von der Versicherung erfolgen. Im Falle eines Streits über die Höhe des Schadens oder die Frage, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, kann ein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt werden.

Gibt es Beispiele für die Berechnung eines wirtschaftlichen Totalschadens?

Beispiel für die Berechnung eines wirtschaftlichen Totalschadens: Ein Fahrzeug hat einen Zeitwert von 10.000 Euro. Bei einem Unfall entstehen Reparaturkosten in Höhe von 8.000 Euro. Der Restwert des beschädigten Fahrzeugs beträgt 2.500 Euro. In diesem Fall steht der Geschädigte vor der Frage, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt. Dafür vergleicht er die Reparaturkosten (8.000 Euro) mit der Differenz zwischen Zeitwert (10.000 Euro) und Restwert (2.500 Euro), welche 7.500 Euro beträgt. Da die Reparaturkosten höher sind als die Differenz, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Der Geschädigte hat in diesem Fall Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts (10.000 Euro) abzüglich des Restwerts (2.500 Euro), also 7.500 Euro.




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