Die Vergabe eines Kindergartenplatzes stellt für viele Eltern eine Herausforderung dar, besonders in Regionen mit einer hohen Nachfrage und zu geringen Kapazitäten. Eltern haben jedoch einen gesetzlichen Anspruch und können ergo einen Kindergartenplatz einklagen. Die Durchsetzung des Rechtsanspruches hängt von einigen Faktoren ab und die Kenntnis der Verfahrenswege ist von Vorteil.
- 1. Ihr Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz
- 2. Kindergartenplatz einklagen – in 5 Schritten Ihren Rechtsanspruch durchsetzen
- 2.1. Schritt 1: Nachweis einer erfolglosen Kita-Platz-Suche
- 2.2. Schritt 2: Betreuungsantrag beim Jugendamt stellen
- 2.2.1. Musterschreiben
- 2.3. Schritt 3: Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid einlegen
- 2.4. Schritt 4: Kindergartenplatz einklagen vor dem Verwaltungsgericht
- 2.5. Schritt 5: Schadensersatzforderungen
- 3. Klage mit oder ohne Anwalt?
- 4. Kosten der Klage
- 5. Erfahrungen und aktuelle Urteile
Ihr Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz
Rechtsanspruch auf Kita-Platz (© annanahabed – stock.adobe.com)Eltern haben einen gesetzlich verankerten Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII. Dieser Rechtsanspruch umfasst Kinder ab dem dritten Lebensjahr, bis diese in die Schule eintreten, und besteht seit 1996. Für Kinder ab dem ersten Lebensjahr gilt der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung seit dem 1. August 2013 und kann in Kindertageseinrichtungen oder bei Tagespflegepersonen erfüllt werden.
Rechtsgrundlagen für den Kita-Anspruch
§ 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII: Regelt den Anspruch auf frühkindliche Förderung in Tageseinrichtungen. Weiters sind zu beachten:
- Regionale Ausführungsregelungen der Bundesländer, die oft eigene Ausführungsgesetze haben, die bestimmte Aspekte der Kita-Betreuung und Anspruchsdurchsetzung regeln.
- EU-Rechtliche Vorgaben: Obwohl im Wesentlichen nationales Recht gilt, unterstützt die EU das Recht auf Bildung und Betreuung als Bestandteil des Kindeswohls.
- In einigen Bundesländern, wie in Niedersachsen und Bayern, ist die Kapazität an Kindergartenplätzen begrenzt. Ein Einklagen des Platzes ist oft der letzte Schritt, nachdem alle anderen Mittel ausgeschöpft wurden.
Kindergartenplatz einklagen – in 5 Schritten Ihren Rechtsanspruch durchsetzen
Schritt 1: Nachweis einer erfolglosen Kita-Platz-Suche
Eltern sind zunächst verpflichtet, aktiv nach einem Betreuungsplatz zu suchen und dies gegebenenfalls zu dokumentieren. Der Aufwand, der für diese Suche erwartet wird, kann je nach Kommune und individueller Situation variieren. Erfolgreiche Bewerbungen, Absagen und Anfragen sollten gesammelt werden, da diese Dokumente im Verfahren wichtig sein können.
Kinder, die jünger als ein Jahr sind, besitzen nur dann einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz, wenn beide Eltern erwerbstätig sind oder sich in einer Ausbildung befinden. Ab dem dritten Lebensjahr hingegen haben Kinder generell das Recht auf Betreuung in einer Tageseinrichtung.
Schritt 2: Betreuungsantrag beim Jugendamt stellen
Sollte die eigenständige Suche nach einem Kindergartenplatz erfolglos bleiben, kann ein förmlicher Betreuungsantrag beim Jugendamt gestellt werden. Diese Behörde ist verpflichtet, die Eltern bei der Suche nach einem Kita-Platz zu unterstützen. Im besten Fall wird von dort ein freier Platz in einer Einrichtung angeboten oder sogar eine Betreuungsalternative vorgeschlagen.
Musterschreiben
Dieses Muster können Sie an Ihre individuellen Bedürfnisse anpassen. Es dient dazu, Ihren Betreuungsbedarf offiziell anzumelden und dokumentiert Ihre Bemühungen um einen Platz.
Betreuungsantrag für einen Kindergartenplatz
[Ihre Adresse]
An das Jugendamt
[Adresse des zuständigen Jugendamts]
[Ort, Datum]
Betreff: Antrag auf einen Betreuungsplatz für [Name des Kindes]
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege für mein Kind:
- Name des Kindes: [Vorname, Nachname]
- Geburtsdatum: [TT.MM.JJJJ]
- Adresse: [Straße, Hausnummer, PLZ, Ort]
- Gewünschter Betreuungsbeginn: [TT.MM.JJJJ]
- Gewünschter Betreuungsumfang: [X] Stunden pro Woche
Begründung des Betreuungsbedarfs:
[Hier kurz erläutern, warum Sie einen Betreuungsplatz benötigen, z.B. Berufstätigkeit der Eltern]
Ich versichere, dass ich mich bereits selbst um einen Betreuungsplatz bemüht habe. Meine bisherigen Bemühungen blieben leider erfolglos.
Bitte teilen Sie mir mit, ob und ab wann Sie meinem Kind einen geeigneten Betreuungsplatz zur Verfügung stellen können.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich unter:
- Telefon: [Ihre Telefonnummer]
- E-Mail: [Ihre E-Mail-Adresse]
Mit freundlichen Grüßen
[Ihre Unterschrift]
[Ihr Name]
Anlagen:
- Kopie der Geburtsurkunde des Kindes
- Ggf. Nachweise über bisherige Bemühungen um einen Betreuungsplatz
Tipps zur Antragstellung:
- Reichen Sie den Antrag möglichst frühzeitig, idealerweise 6-12 Monate vor dem gewünschten Betreuungsbeginn ein.
- Bewahren Sie eine Kopie des Antrags für Ihre Unterlagen auf.
- Bitten Sie um eine schriftliche Eingangsbestätigung.
Schritt 3: Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid einlegen
Erhält man eine Ablehnung für den beantragten Kindergartenplatz, ist es möglich, dagegen Widerspruch einzulegen. In Bayern und Niedersachsen entfällt allerdings dieses Widerspruchsverfahren. Eltern in diesen Ländern müssen unmittelbar Klage erheben, falls sie den Platz einklagen möchten.
Die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in Bayern und Niedersachsen basiert auf landesrechtlichen Regelungen:
- In Bayern wurde das Widerspruchsverfahren durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes und anderer Rechtsvorschriften vom 24.07.2009 weitgehend abgeschafft.
- In Niedersachsen erfolgte die Abschaffung durch das Gesetz zur Modernisierung des niedersächsischen Verwaltungsverfahrensrechts vom 16.12.2004
In anderen Bundesländern gilt für den Widerspruch in der Regel eine Frist von einem Monat.
Schritt 4: Kindergartenplatz einklagen vor dem Verwaltungsgericht
Wurde auch der Widerspruch abgelehnt, bleibt den Eltern nur der Weg über das Verwaltungsgericht. Eine Klage auf den Betreuungsplatz kann in Form eines Eilverfahrens erfolgen, um eine schnelle Entscheidung herbeizuführen. Oft entscheiden die Gerichte innerhalb weniger Wochen, sodass eine zeitnahe Betreuung sichergestellt wird. Ist dies nicht möglich, kann der Träger aufgefordert werden, kurzfristig zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.
Schritt 5: Schadensersatzforderungen
Sollte die fehlende Betreuung zu Verdienstausfällen oder zusätzlichen Kosten, wie für alternative Betreuungsmodelle führen, ist eine Schadensersatzklage möglich. Diese Klage wird in der Regel vor dem Landgericht geführt und erfordert die Unterstützung eines Anwalts. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass bereits eine Klage auf einen Kindergartenplatz angestrebt wurde und erfolglos blieb.
Klage mit oder ohne Anwalt?
Kindergartenplatz einklagen (© MQ-Illustrations – stock.adobe.com)Ein Anwalt ist nicht zwingend erforderlich, jedoch kann er den komplexen Prozess erheblich erleichtern. Spezialisierte Anwälte kennen die spezifischen Verfahren und die lokalen Gegebenheiten und können sicherstellen, dass alle formalen Anforderungen erfüllt werden. Dies ist besonders hilfreich, um Verzögerungen und Fehlverhalten zu vermeiden.
Ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht ist für eine Klage auf einen Kitaplatz bestens geeignet. Er kennt die regionalen Besonderheiten und ist mit der komplexen Rechtslage in Bezug auf das SGB VIII vertraut.
Kosten der Klage
Die Kosten für eine Klage auf einen Kindergartenplatz setzen sich aus den Gerichtskosten und eventuellen Anwaltsgebühren zusammen. Die genauen Kosten hängen vom Streitwert und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ab. In der Regel werden die Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) bemessen, wobei die Anwaltskosten zusätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet werden.
Kostenübersicht bei einer Klage
- Keine Kosten bei erfolgreicher Klage:
- Bei Klagen auf einen Kindergartenplatz ist in der Regel die Kommune die beklagte Partei. Wenn die Klage erfolgreich ist, unterliegt also die Kommune und muss die Kosten tragen.
- Kosten bei erfolgloser Klage
- Bei erfolgloser Klage müssen die Eltern die Verfahrenskosten und ggf. Anwaltskosten tragen.
- Die Gesamtkosten können zwischen 500 und über 2000 Euro liegen.
- Aufschlüsselung der Kosten
- Gerichtskosten: Bei Kitaplatz-Klagen fallen in einigen Ländern keine Gerichtskosten an.
- Anwaltskosten: Für eine Klage: ca. 540 Euro; für einen Eilantrag: ca. 367 Euro. Die genauen Kosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und dem vom Gericht festgelegten Streitwert.
- Zusätzliche Kosten
- Schadensersatzklagen, z.B. für entgangenen Verdienst, können mehrere Tausend Euro kosten.
- Kostenübernahme
- Eine Rechtsschutzversicherung kann unter Umständen die Kosten übernehmen.
Diese Kosten sind Richtwerte und können im Einzelfall variieren.
Erfahrungen und aktuelle Urteile
In den letzten Jahren haben zahlreiche Eltern ihren Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz mehr oder weniger erfolgreich eingeklagt. Gerichte in verschiedenen Bundesländern, darunter Niedersachsen und Hessen, haben zugunsten von Eltern entschieden, wenn ein akuter Mangel an Betreuungsplätzen bestand und die zuständige Kommune keine Lösung anbieten konnte.
Ein anderes Beispiel ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21.02.2018 (Az. VG 18 L 43.18). In diesem Fall stellte das Gericht fest, dass der gesetzliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz nicht automatisch im Eilverfahren durchgesetzt werden kann, wenn die Kapazitäten erschöpft sind.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Az. 1 U 171/16 entschied, dass Eltern keinen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihr dreijähriges Kind keinen Ganztagsbetreuungsplatz erhält und dadurch höhere Kosten für eine private Betreuung entstehen. Zwar sieht § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung vor, doch besteht kein individueller Anspruch auf einen Ganztagsplatz.
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen gemäß § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII bedarfsgerechte Ganztagsangebote sicherstellen; dies begründet jedoch keinen Anspruch auf Zuweisung. Ein Schadensersatzanspruch könnte nur bei unzumutbaren Mehrkosten bestehen, was hier jedoch nicht gegeben war.