Wer durch eine staatliche Prüfung fällt oder eine schlechte Note erhält, ist nicht selten verzweifelt. Um sich dagegen zu wehren, kann man die Prüfung anfechten. Erfolgschancen bestehen vor allem dann, wenn gut nachweisbare Fehler seitens des Prüfers vorliegen. Wie Sie im Falle einer Prüfungsanfechtung vorgehen, lesen Sie im Folgenden.
Kann man eine Prüfung anfechten?
Prüfung anfechten (© arrowsmith2 – stock.adobe.com)Grundsätzlich sind alle Prüfungsleistungen anfechtbar, die vom Staat oder einer Institution mit staatlichem Lehrauftrag ausgetragen werden.
Dazu zählen insbesondere:
- Prüfungen von Hochschulen und Universitäten
- Abiturprüfungen
- Staatsprüfungen für Juristen, Lehrer und Ärzte
- Gesellen- und Meisterprüfungen
- Staatliche Abschlussprüfungen in sozialen Berufen
- Prüfungen für Steuerberater
- Prüfungen im kaufmännischen Bereich
Grundsätzlich sind selbst Schulprüfungen anfechtbar. Dabei muss eine Klausur nicht als “durchgefallen” bewertet worden sein. Auch das Anfechten von bestandenen Prüfungen zur Notenverbesserung ist möglich.
Anfechtungen sind vor allem dann sinnvoll, wenn von der Note der weitere Werdegang stark beeinflusst werden kann. Das ist vor allem bei Abschlussprüfungen oder Klausuren, die für die Zulassung einer Abschlussprüfung bestanden werden müssen, der Fall.

Für Juristen ist beispielsweise die Note in der Abschlussprüfung entscheidend für den weiteren Karriereweg. Eine Abiturnote kann wiederum den Zugang zu bestimmten Universitäten und Studiengängen ermöglichen (wer beispielsweise Medizin studieren möchte, benötigt in Deutschland meist beste Schulnoten).
Gründe für eine Prüfungsanfechtung
Eine Prüfungsanfechtung verspricht vor allem dann gute Erfolgschancen, wenn Verfahrens- oder Bewertungsfehler vorliegen. Die Fehler sollten stets deutlich und nachvollziehbar sein, um eine gute Anfechtungsgrundlage zu belegen.
Insbesondere zählen die folgenden Fehler als potenzielle Anfechtungsgründe:
- Falsche Anzahl an Prüfern
- Die Nichteinhaltung der Prüfungsdauer (insbesondere Zeitmangel, aber auch Prüfungen, die die normale Länge deutlich überschreiten sind denkbar)
- Unzumutbare Prüfungsbedingungen
- Befangenheit der Prüfer
- Der Verstoß gegen die Malus-Regel bei Multiple-Choice-Prüfungen
- Prüfungszwang trotz attestierter Krankheit des Studenten
Prüfungen müssen dem Prüfling stets zumutbar sein. Im Sinne der Chancengleichheit, ist es auch nicht fair, von der Norm stark abweichende Bedingungen zu setzen.
Beispiel 1: Max Mustermann fällt durch eine mündliche Abschlussprüfung an der Universität, die normalerweise von zwei Prüfern durchgeführt wird. In seinem Fall gab es aber nur einen Prüfer. Damit liegt ein guter Anfechtungsgrund vor. Max darf erwarten, dass er auf die gleichen Prüfungsbedingungen trifft, wie jeder andere Studierende.
Beispiel 2: Maria Mustermann wurde während ihrer Abschlussprüfung durch sehr lauten Baulärm gestört. Obwohl Maria dies sofort bemängelte und alle Fenster geschlossen wurden, blieb der Lärm. Maria hatte Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und geht davon aus, dass sie ohne die permanente Störung eine deutlich bessere Note geschrieben hätte. Auch sie hat eine gute Grundlage für eine Anfechtung.
Beispiel für einen Bewertungsfehler: Maria hat einen Multiple-Choice Test mit einer befriedigenden Note bekommen. Beim Durchgehen der Klausur bemerkt sie, dass zwei ihrer richtigen Antworten als “falsch” markiert wurden. Die zwei Punkte, die Maria dadurch fehlen, würden einen Unterschied zwischen der Note “befriedigend” und “gut” machen. Dies ist eine gute und deutlich nachvollziehbare Grundlage für eine Prüfungsanfechtung.
Ablauf einer Prüfungsanfechtung
Prüfung bestanden! (© Wolfilser – stock.adobe.com)Im Rahmen einer Prüfungsanfechtung wird ein Widerspruch eingereicht. Der Widerspruch muss in der Regel schriftlich stattfinden. Zudem sollte er möglichst detailliert begründen können, warum die Prüfung angefochten wird. Etwaige Beweise sollten mit eingereicht werden.
In vielen Fällen sind Prüfungsprotokolle oder Gedächtnisprotokolle gute Indizien für Verfahrensfehler. Auch Musterlösungen oder sogar eigene Notizen können den Widerspruch unterstützen. Eigene Notizen sind beispielsweise hilfreich, wenn im Rahmen einer schriftlichen Auseinandersetzung Plagiatsvorwürfe im Raum stehen.
Bewertungs- oder Verfahrensfehler
Im Rahmen von Bewertungsfehlern erhält der Prüfer meist die Möglichkeit, die Fehler zeitnah zu korrigieren und die Note entsprechend zu verbessern. Sieht er den Bewertungsfehler nicht ein, wirft der zuständige Prüfungsausschuss einen Blick auf die Klausur.
Beim Verdacht von Verfahrensfehlern wird die Angelegenheit meist direkt an den zuständigen Prüfungsausschuss weitergeleitet. Dieser überprüft den Fall anhand von Protokollen und anderen Belegen so gut es geht.

In solchen Fällen lohnt es sich dennoch an den Prüfer zu appellieren – jedoch mit umso besserer Begründung. Gründe für eine Höherbewertung können beispielsweise eine andere Schwerpunktsetzung zwischen Prüfling und Prüfer oder eine unverhältnismäßige schwere Aufgabenstellung sein.
Frist für den Widerspruch
Für den Widerspruch ist in der Regel ein Monat nach Erhalt der Note Zeit. Der Widerspruch sollte schriftlich und begründet eingereicht werden. Insbesondere die Frist sollte in der Rechtsbehelfsbelehrung erkenntlich sein. Erfolgt keine Belehrung beträgt die Frist ein Jahr.
Bleibt der Widerspruch erfolglos, hat der Prüfling abermals einen Monat Zeit für die Klageerhebung. Dann landet der Fall vor Gericht.
Erfolgreicher Widerspruch
Ist der Widerspruch erfolgreich, gibt es zwei Ausgangsmöglichkeiten:
- Neubewertung bzw. Höherbewertung des Prüflings
- Wiederholung der Prüfung
Eine Höherbewertung erfolgt vor allem dann, wenn der Prüfer einen offensichtlichen Bewertungsfehler gemacht hat. Beispiele:
- Richtige Antworten wurden als falsch bewertet
- Für falsche Multiple Choice Antworten wurde entgegen der normalen Handhabung Punkte abgezogen
- Teilantworten des Prüflings wurden übersehen/ missachtet

Ein Beispiel: Max Mustermann hat in einer langen schriftlichen Ausarbeitung im Strafrecht eine befriedigende Note erreicht. In der mehrseitigen Falllösung mussten unter anderem die Delikte “Diebstahl”, “Raub”, “Körperverletzung” und “versuchter Totschlag” angesprochen werden. Da die Arbeit sehr lang war, hat der Prüfer übersehen, dass Max – wenn auch nur sehr kurz – den versuchten Totschlag in der Mitte der Arbeit angesprochen hat. Das Fehlen des Deliktes wurde in der Arbeit bemängelt. Max weist den Prüfer darauf hin, dass er den Totschlag sehr wohl angesprochen hat und erhofft sich dadurch eine bessere Note. Der Prüfer korrigiert die Arbeit daraufhin, sagt aber, dass Max das Delikt viel zu kurz bearbeitet hat. Zwar erkennt der Prüfer an, dass Max das Delikt angesprochen hat, sagt aber auch, dass die kurze Bemerkung nicht für den Sprung auf die nächsthöhere Bewertung ausreicht. Max habe dafür noch zu viele andere Details übersehen.
Neben der Höherbewertung kommt auch die Prüfungswiederholung in Betracht. Diese ist meist Folge von Verfahrensfehlern. Schließlich kann nicht sichergestellt werden, wie gut der Prüfling unter anderen Voraussetzungen abgeschnitten hätte.
Ein Beispiel: Maria Mustermann hat eine mündliche Prüfung, die normalerweise für 30 Minuten angesetzt wird. Ihre Prüfer beenden die Prüfung jedoch schon nach 23 Minuten und lassen Maria durchfallen. Maria möchte die Prüfung daraufhin anfechten. In diesem Fall wird der Widerspruch sehr wahrscheinlich zu einer Wiederholungsprüfung führen. Schließlich stehen Maria die gängigen 30 Minuten zu, die auch alle anderen Studierenden erhalten haben. Gleichzeitig lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob Maria in den letzten sieben Minuten ein Bestehen der Klausur hätte erreichen können.
Widerspruch erfolglos – Weg zur Klage
Ist der Widerspruch erfolglos, bleibt nur der Weg zur Klage. Auch hier ist es wichtig, eine gute Begründung zu liefern. Muss der Fall vor Gericht bewertet werden, wird der Richter gute Gründe für die Anfechtung sehen wollen.

Zu Bedenken ist, dass eine Prüfungsanfechtung reichlich Zeit in Anspruch nehmen kann. Auch deshalb lohnt es sich in der Regel, frühzeitig anzufechten. Je nach Art der Klausur und Belastung des Prüfungsamtes dauert die Anfechtung in der Regel zwischen vier und zwölf Wochen – in manchen Fällen dauert es länger, nur selten geht es schneller.
Vor Gericht kann sich der Fall weiter in die Länge ziehen. Wer anwaltliche Hilfe einholt, kann mit einer guten Begründung häufig schon Erfolg im Widerspruchsverfahren haben (ohne dass der Fall vor Gericht landen muss).
Checkliste
Schritt | Maßnahmen | Hinweise |
---|---|---|
1. Prüfungsergebnis erhalten | Prüfungsergebnis und eventuelle Begründung prüfen | Noten und Korrekturen genau durchsehen |
2. Fehler identifizieren | Mögliche Verfahrens- oder Bewertungsfehler analysieren | Prüfungsprotokolle oder Gedächtnisprotokolle nutzen |
3. Beweise sammeln | Prüfungsunterlagen, Notizen, Regelwerke heranziehen | Besonders auf Bewertungsfehler oder Verstöße achten |
4. Widerspruch vorbereiten | Schriftlichen Widerspruch formulieren | Sachlich, strukturiert und mit Belegen untermauern |
5. Fristen beachten | Innerhalb eines Monats Widerspruch einreichen | Falls keine Belehrung vorliegt: Frist von 1 Jahr |
6. Widerspruch einreichen | Widerspruch bei der zuständigen Stelle abgeben | Eingangsbestätigung anfordern |
7. Rückmeldung abwarten | Entscheidung über Neubewertung oder Prüfungswiederholung | Ggf. weiterführende Schritte einplanen |
8. Anwalt hinzuziehen (optional) | Fachanwalt für Verwaltungsrecht konsultieren | Erhöht die Erfolgsaussichten |
9. Klage vorbereiten (falls nötig) | Wenn Widerspruch abgelehnt wurde, Klage erwägen | Kosten und Dauer einer Klage berücksichtigen |
10. Prozesskostenhilfe prüfen | Möglichkeit zur Kostenübernahme durch den Staat | Für Schüler und Studierende oft verfügbar |
Anfechtung einer Prüfung als Muster
[Ihr Name]
[Ihre Adresse]
[PLZ, Stadt]
[Telefonnummer]
[E-Mail-Adresse]
An
[Prüfungsamt / zuständige Stelle]
[Name der Institution]
[Adresse]
[PLZ, Stadt]
Datum: [TT.MM.JJJJ]
Betreff: Prüfungsanfechtung / Antrag auf Überprüfung der Bewertung meiner Prüfung vom [Datum]
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich gegen die Bewertung meiner Prüfung im Fach [Fachname], abgelegt am [Datum], Widerspruch / einen Antrag auf Überprüfung ein. Nach meiner Ansicht liegt ein Bewertungs- oder Verfahrensfehler vor, der die Bewertung meiner Prüfungsleistung unzulässig beeinflusst hat.
Begründung:
Ich beantrage die Überprüfung aus folgendem Grund:
- [Kurze Beschreibung des Fehlers, z. B. falsche Bewertung einer Antwort, fehlerhafte Multiple-Choice-Wertung, Prüfungsbedingungen nicht eingehalten, Befangenheit des Prüfers etc.]
- [Falls vorhanden: Verweise auf Regelverstöße, z. B. Prüfungsordnung, gesetzliche Vorgaben oder frühere Entscheidungen.]
- [Falls möglich: Beweise beifügen, z. B. Prüfungsprotokolle, Notizen, Vergleich mit Musterlösung, Zeugenaussagen.]
Aufgrund der oben genannten Gründe bitte ich um eine Neubewertung meiner Prüfungsleistung bzw. eine Wiederholung der Prüfung unter korrekten Bedingungen.
Bitte bestätigen Sie mir den Eingang meines Antrags schriftlich und informieren Sie mich über das weitere Verfahren sowie die Bearbeitungsdauer.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
[Ihr Name]
Anlagen:
- [z. B. Prüfungsprotokoll, eigene Notizen, Screenshots, relevante Regelungen]
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Prüfung anfechten: Erfahrungen und Erfolgsaussichten
Insbesondere bei Formfehlern sind die Erfolgsaussichten einer Prüfungsanfechtung sehr hoch. So hat ein Prüfling beispielsweise eine Musikprüfung wiederholen dürfen, da er zuvor den Raum entsprechend einrichten und dabei schwere Gegenstände hin und her bewegen musste. Da er während der Prüfung erschöpft und am Schwitzen war, konnte er das Blasinstrument - für das ausgeglichene Atmung wichtig ist – nicht mehr so wie gewohnt spielen. Er durfte die Prüfung unter besseren Bedingungen wiederholen.
Keine Wiederholung, aber eine Neubewertung erhalten auch viele Prüflinge, wenn sie Befangenheit eines Prüfers geltend machen können. Das VG Augsburg entschied am 26.04.2016 (Au 3 E 16.370) in einem Fall, dass eine Neubewertung der Leistung durch einen neutralen Prüfer ausreiche. Dies muss nicht zwangsläufig zu einem neuen Ergebnis führen - für ein für den Prüfling zufriedenstellendes Ergebnis gibt es insofern keine Garantie.
Insbesondere im Rahmen von Bewertungsspielräumen sind Klagen am schwierigsten. In manchen Fällen wird bei starken Auseinandersetzungen ein Sachverständiger hinzugezogen, der den Fall bewertet.
Kosten einer Prüfungsanfechtung
Fachanwalt für Verwaltungsrecht (© charlies – stock.adobe.com)Eine Prüfungsanfechtung kostet vor allem bei erfolglosem Widerspruch Geld. Dann kommen Gerichtskosten und ggf. Anwaltskosten auf den Kläger zu. Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert der Sache und sind im Anhang des Gerichtskostengesetzes (GKG) festgehalten. Bei erfolgreicher Klage übernimmt die Gegenseite die Kosten.
Studierende und Schüler haben außerdem meist die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Wer eine umfangreiche Rechtsschutzversicherung hat, die auch Prüfungsanfechtungen abdeckt, kann sich auch darauf stützen.
Den richtigen Anwalt finden, wenn Sie eine Prüfung anfechten möchten
Der richtige Anwalt für eine Prüfungsanfechtung ist ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der mit Prüfungsanfechtungen vertraut ist. Ein Anwalt, der sich im Prüfungsrecht auskennt, kann die Erfolgschancen eines Falles einschätzen, rechtssichere Beratung über die Rechte und Pflichten seines Mandanten bieten und außerdem sicher vor Gericht auftreten. Hier finden Sie einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Ihrer Nähe.