Handelsrecht und Gesellschaftsrecht

6 Haftungsfallen, die jeder Unternehmer und Geschäftsführer kennen muss.

14.06.2023
Zuletzt bearbeitet am: 14.06.2023

1. Haftungsfalle Steuerhinterziehung / Steuerverkürzung

Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung ist nicht die erste Haftungsfalle, die einem Geschäftsführer bzw. Unternehmer einfällt. Gleichwohl ist hier das Risiko einer Haftung nahezu am höchsten.

Als Geschäftsführer und Unternehmer sind Sie für die Handlungen und Unterlassungen Ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Wenn es also unternehmensintern zu steuerlichen Fehlern kommt, können diese der Unternehmensleitung bzw. dem Inhaber als versuchte oder gar vollzogene Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung angelastet werden. Die Strafe ist hierbei dieselbe wie bei einer “eigenen” vorsätzlichen Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung.

Es kann sich aus einem „einfachen“ steuerrechtlichen Sachverhalt im Unternehmen eine persönliche strafrechtliche und zivilrechtliche Haftung für dem Geschäftsführer / Inhaber ergeben.

Eine Vermeidung bzw. eine Exkulpation kann bzw. sollte durch unternehmensspezifisch entwickelte Überwachungs- und Kontrollsysteme erfolgen und nachgewiesen werden (sog. Tax Compliance Management System).

 

2. Die selbstschuldnerische Bürgschaft als KO-Kriterium

Eine Bürgschaft definiert sich dadurch, dass eine Rechtsperson für fremde Schulden mit ihrem eigenen Vermögen (vollumfänglich) einsteht.

Insbesondere in der Konstellation Gesellschafter-Geschäftsführer, Einzelunternehmer, Gesellschafter können potentielle Geldgeber eine Bürgschaftsübernahme durch den Geschäftsführer, Einzelunternehmer und/oder Gesellschafter wünschen.

Ein solcher Schritt sollte eingehend geprüft werden, da hierdurch das finanzielle Schicksal des Geschäftsführers und Gesellschafters zwangsläufig mit dem Schicksal der Unternehmung verbunden wird. Insbesondere wird mit dem Eingehen einer Bürgschaft quasi der Haftungsbegrenzungsvorteil der GmbH aufgehoben.

Die Schieflage oder gar Insolvenz des Unternehmens führt bei einer abgegebenen Bürgschaft regelmäßig auch zur Insolvenz des Bürgen.

 

3. Die unbemerkte Insolvenzverschleppung

In Krisensituationen fordert das Unternehmen die gesamte Kraft des Geschäftsführers; insbesondere entschlossenes Handeln.

Befindet sich die Unternehmung jedoch bereits in der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und/oder Überschuldung (§ 19 InsO), gelten sämtliche ausgelöste Zahlungen als Haftung des Geschäftsführers.

Je nach Zeitraum der Insolvenzverschleppung und Unternehmensgröße können hier Millionenbeträge zusammenkommen, für die der Geschäftsführer über § 15a InsO persönlich einzustehen hat.

Der Geschäftsführer muss für eine Insolvenzverschleppung keinen „bewussten aktiven Vorsatz“ haben. Es genügt, wenn er die Insolvenzverschleppung hätte erkennen können (!).

 

4. Nicht vom Unternehmensgegenstand gedeckte Geschäfte

Der Unternehmensgegenstand einer Unternehmung gibt die Rahmenbedingungen des Handlungsspielraums des Geschäftsführers vor.

Der Geschäftsführer ist dazu verpflichtet, innerhalb des Unternehmensgegenstandes und im Sinne dessen Ausführung zu handeln.

Der von den Gesellschaftern festgelegte Unternehmensgegenstand definiert daher die Ober- und Untergrenze der Geschäftsführerbefugnis. Sobald der Geschäftsführer diese Kompetenzen überschreitet, sind die Handlungen zwar wirksam, aber die Geschäftsführung begibt sich ab diesem Zeitpunkt in eine potentielle Schadensersatzpflicht. Geschäftsführer sind persönlich haftbar für Verlustgeschäfte, die sie außerhalb des Unternehmensgegenstandes tätigen.

 

5. Wettbewerbsverstöße

Zunächst die positive Nachricht für Geschäftsführer in diesem Bereich. Der Bundesgerichtshof hat seine Störerhaftung für Geschäftsführer im Jahr 2010 aufgegeben, wonach die Geschäftsführung auch persönlich für jeden Wettbewerbsverstoß der Gesellschaft einstehen mussten (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010, Az. I ZR 139/08).

Gleichwohl kann auch für diesen Bereich keine vollständige Entwarnung gegeben werden.

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers besteht noch in den Fällen, wenn er entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer besonderen Verpflichtung hätte verhindern müssen. Diese Bereiche bergen gleichwohl noch erhebliches „Haftungspotential“ denn u. a. werden hiervon die Bereiche

  • Internetauftritt des Unternehmens,
  • Werbeauftritte und Werbekampagnen des Unternehmens,
  • Presseerklärungen etc.
  • rechtskonforme Firmierung.

 

6. Verstoß gegen den Datenschutz

Aufgrund der forcierten Digitalisierung vieler Abläufe in Unternehmen ist auf diesen Punkt sowohl von Geschäftsführern als auch Unternehmern und Gesellschaftern ein besonderes Augenmerk zu legen.

Denn Verstöße eines Unternehmens gegen die DSGVO, werden unter Umständen sowohl mit Schadensersatz (Art. 82 DSGVO) als auch mit Geldbußen (Art. 83 DSGVO) sanktioniert.

Und haftbar sind nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die „Verantwortlichen“.

Und „Verantwortlicher“ ist die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet“.

 

Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

 

Gerne stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für eine rechtliche Beurteilung und Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung und vertrete durchsetzungsstark und resolut auch Ihre Interessen ggü. der Gesellschaft und den (Mit)Gesellschaftern. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch oder schreiben Sie mich an.

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