Arbeitsrecht

Abfindung bei Kündigung – Höhe, Anspruch und Rechtsgrundlage

Zuletzt bearbeitet am: 09.01.2024

Als „Abfindung“ wird eine einmalige Zahlung zur Abgeltung von Ansprüchen bezeichnet, welche sich in den meisten Fällen aus vertraglichen Vereinbarungen ergeben. Abfindungen kommen in allen Dauerschuldverhältnissen vor, so auch in Arbeitsverhältnissen: eine Abfindung ist diejenige einmalige Zahlung, welche ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer leistet, wenn er das bestehende Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen beendet.

Ein Anspruch auf eine Abfindung besteht grundsätzlich nicht, doch in bestimmten Fällen kann dieser Anspruch entstehen. So hat gemäß § 1a KSchG ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung, wenn

  • der Arbeitgeber wegen dringlicher betrieblicher Erfordernisse das Arbeitsverhältnis kündigt und
  • der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der dreiwöchigen Frist keine Klage auf Feststellung einreicht, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist.

Als „dringliche betriebliche Erfordernisse“ wird angesehen, wenn es keinerlei Möglichkeit gibt, den betreffenden Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigen zu können. Auch ein Auftragsmangel oder ein benötigter, aber nicht gewährter Bankkredit wird als solches Erfordernis angesehen. Relevant ist jedoch immer, dass der Grund der Kündigung betriebsbedingt ist und nicht in der Person des Arbeitnehmers zu finden ist.

Damit ein Arbeitnehmer den Anspruch auf eine Abfindung auch tatsächlich hat, muss der Arbeitnehmer ihm dies in dem Kündigungsschrieben (oder einem gesonderten Schreiben) mitteilen. Dabei ha er auch darauf zu verweisen, dass der Anspruch erlischt, wenn der Arbeitnehmer eine Klage gegen die Kündigung erhebt.

Abfindung bei Kündigung gemäß § 9 KSchG

Auch in einem anderen Fall besitzt ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung bei Kündigung: reichte er Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht ein und stellte dieses während des Prozesses fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zwar nicht aufgelöst ist, es aber dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten wäre, dieses fortzuführen, so hat gemäß § 9 KSchG der betreffende Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abfindung. In der Praxis kommen derartige Fälle sehr selten zum Tragen.

Abfindung bei Kündigung – Höhe der Abfindung

Die Höhe der Abfindung ist abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des betreffenden Arbeitnehmers: Für jedes Beschäftigungsjahr, welches der Arbeitnehmer in dem Betrieb tätig gewesen ist, steht ihm gesetzlich ein halbes Bruttomonatsgehalt zu, wobei ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten als ein volles Jahr anzurechnen ist. Beispiel: war ein Arbeitnehmer 14 Jahre in dem Betrieb tätig, erhält er sieben Bruttomonatsgehälter (14 x 0,5); dauerte sein Beschäftigungsverhältnis hingegen 14 Jahre und acht Monate, erhält er 7,5 Bruttomonatsgehälter als Abfindung (15 x 0,5). Zu beachten ist, dass zu besagtem Monatsverdienst sowohl Geld- als auch Sachleistungen angerechnet werden. Erhaltene Sonderzahlungen werden ebenfalls anteilig berücksichtigt [LAG Hamm, 12.12.2005, 16 Sa 493/05].

Neben dieser vorgeschriebenen Höhe hat der Arbeitgeber das Recht, ein von dem § 1a KSchG abweichendes Angebot zu unterbreiten.

Zu beachten ist hierbei, dass sämtliche die Kündigung beziehungsweise die Abfindung betreffende Absprachen beziehungsweise Offerten ausschließlich in schriftlicher Form zu erfolgen haben. Etwaige mündliche Vereinbarungen werden nicht berücksichtigt.

Abfindung bei Kündigung – Kein Anspruch auf Abfindung

In bestimmten Fällen besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Kündigung:

  • Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
  • Fristlose Kündigung
  • Personen- oder verhaltensbedingte Kündigung

Das Kündigungsschutzgesetz ist nur auf jene Arbeitnehmer anzuwenden, welche mindestens sechs Monate in dem betreffenden Unternehmen tätig gewesen sind. Ist ihre Betriebszugehörigkeit kürzer, bestehen kein Kündigungsschutz und somit auch kein Anspruch auf Abfindung.

Für eine fristlose Kündigung muss immer ein Grund bestehen; das bedeutet, der betreffende Arbeitnehmer hat sich etwas zu Schulden kommen lassen. Dadurch wird es unzumutbar für den Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis fortzuführen. Ebenso unzumutbar wäre es, den Arbeitnehmer für sein fehlverhalten noch mit einer Abfindung zu belohnen – dementsprechend besteht auch hier kein Anspruch auf eine gesetzliche Abfindung.

Dasselbe gilt für jene Fälle, in denen die Kündigung personen- oder verhaltensbedingt begründet wird (was mitunter ebenfalls zu einer fristlosen Kündigung führen kann).

 

Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock (Fachanwalt.de-Redaktion)

Foto: © DOC RABE Media - Fotolia.com

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