Koblenz. Hat eine Ärztin wiederholt schwer gegen die Regeln für die „Take-Home-Verschreibungen“ von Substitutionsdrogen verstoßen, kann ihr der Umgang mit Betäubungsmitteln insgesamt untersagt werden. Dies geht aus einem am Mittwoch, dem 5. Oktober 2022, bekannt gegebenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz (Az.: 3 L 784/22.KO) hervor. Eine Einschränkung des Verbots auf die Substitutionstherapie ist demnach jedenfalls bei mangelnder Einsicht nicht erforderlich.
Bei sog. „Take-Home-Verschreibungen“ müssen Substitutionsdrogen von drogenabhängigen Patienten nicht in der Arztpraxis eingenommen werden, sondern sie erhalten diese zur eigenverantwortlichen Einnahme für zu Hause mit. Dies hängt mit mehreren Bedingungen zusammen. Der Patient muss stabil sein und darf keine anderweitigen Drogen nehmen. Gefährdungen für den Patienten selbst oder andere, insbesondere für im Haushalt mit lebende Kinder, müssen so weit wie möglich ausgeschlossen sein.
Im vorliegenden Fall hatte die Ärztin mindestens 138 Patienten über sechs Jahre die Substitutionsdrogen L-Polamidon oder Subutex zur eigenverantwortlichen Einnahme verschrieben. Sie hatte sich dabei jedoch nicht immer an gesetzliche Vorgaben gehalten, ihre Verstöße wurden teilweise mit Bußgeldern in fünfstelliger Höhe geahndet.
Bei einer Party in der Wohnung einer Patientin starb zum Beispiel ein Bekannter ihres Sohnes an den Folgen des Konsums von Polamidon, zwei weitere hatten Vergiftungen. Bei anderen Patienten soll es deutliche Anzeichen dafür geben haben, dass diese auch andere Drogen nehmen. Trotzdem hielt die Ärztin an den "Take-Home-Verschreibungen" fest.
Vom Mainzer Landesamt für Soziales wurde der Ärztin die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr untersagt. Das Verwaltungsgericht Mainz hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 1. September 2022, der schriftlich veröffentlicht wurde, den hiergegen gerichteten Eilantrag abgewiesen. In der gesetzeswidrigen und strafbewehrten Verschreibungspraxis der Ärztin liege eine „drohende Gefahr für die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs“.
Da von der Ärztin keine Einsicht gezeigt worden sei, sei es nicht unverhältnismäßig gewesen, ihr den Umgang mit Betäubungsmitteln generell zu verbieten. Vom Verbot umfasst werde daher zum Beispiel auch die Verschreibung von Betäubungsmitteln zur Schmerztherapie. Werde das Verbot nur auf die Substitutionstherapie beschränkt, dann könne es weiterhin zu einer gesetzeswidrigen Verschreibung von anderen Betäubungsmitteln kommen, so die Koblenzer Entscheidung.
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