Bankrecht und Kapitalmarktrecht

Agrarvis & die Mär der perfekten Geldanlage

Zuletzt bearbeitet am: 16.09.2024

Die Initiatoren der Agrarvis Genossenschaft wollten auf den Zug der Zeit aufspringen und in Zeiten des Klimawandels mit nachhaltigen Investments locken. So wirbt die Agrarvis mit attraktiven Genossenschaftsanteilen und über 8.500 Hektar zertifizierte Baumbestände in Österreich, Schottland, Bayern und Finnland, die so gesichert würden. „Finanziell erstklassig, ökologisch und sozial verantwortlich“ – so das Versprechen. Welcher umweltbewusste Anleger kann da schon Nein sagen?

Viel Gerede um Nichts

Den Anlegern wurde das sogenannte „magische Viereck“ der Geldanlage versprochen: eine durchschnittliche Rendite von etwa 9 % pro Jahr, garantiertes Wachstum auch in Krisenzeiten sowie jederzeitige Verfügbarkeit des investierten Kapitals und Nachhaltigkeit – und das alles ohne Kosten. Die Einnahmen sollten hauptsächlich aus dem Handel mit CO₂-Zertifikaten und dem Verkauf von Holz stammen. Das klang verlockend, und so hatten inzwischen Hunderte von Anlegern auf Empfehlung ihrer Berater ihr Geld schon in die Agrarvis investiert.

Doch es gab jede Menge Unstimmigkeiten. Was zudem fehlte war ein Prospekt. Das ist insofern ein großes Warnsignal, als dass nach § 6 des Vermögensanlagegesetzes in Deutschland eine Prospektpflicht besteht. Diese Vorschrift dient dazu, Anleger über das wirtschaftliche Konzept eines Projekts sowie die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Zudem fehlten auf der Website der Agrarvis die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben zum Handelsregistereintrag und zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Es kam wie es kommen musste: Die Agrarvis gibt es nicht. Auch die Waldflächen gibt es nicht. Selbst die Identitäten der Vorstände, die inzwischen abgetaucht sind, waren ein Produkt der Fantasie.   

Verantwortung & Haftung der Anlageberater

Verständlich, dass die geschädigten Anleger sich fragen, wie ihre Berater ein solches Investment überhaupt empfehlen konnten, ohne zuvor zumindest die Seriosität und Plausibilität dieser Geldanlage zu prüfen. Unabhängig davon, ob es sich um einen Berater oder Vermittler handelte, hätte dieser verpflichtet sein müssen, dem Kunden vollständige und ordnungsgemäße Informationen über das Anlageprojekt bereitzustellen.

Dies bedeutet, der Berater/Vermittler hätte das wirtschaftliche Konzept auf seine Plausibilität sowie die Bonität und Seriosität überprüfen müssen (vgl. § 3 Anlageberatung und Anlagevermittlung in Assmann/Schütze/Buck-Heeb, Handbuch des Kapitalanlagerechts, Rz. 30). Wäre das passiert, wäre sehr schnell klar gewesen, dass diese Gesellschaft nicht existiert. Offensichtlich wurden auch ohne wirtschaftliche Plausibilitätsprüfung unseriöse Versprechungen bezüglich einer Rendite von 9 % p.a., absoluter Sicherheit und jederzeitiger Flexibilität an die Kunden weitergegeben. 

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