Inwieweit Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen Alkoholkonsums kündigen dürfen, ist unterschiedlich. Näheres erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Vergleichbar einfach ist eine Kündigung normalerweise dann, wenn eine Kündigung wegen dem Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz als einem verhaltensbezogenen Kündigungsgrund in Betracht kommt. Diese ist dann am einfachsten, wenn am Arbeitsplatz ein Alkoholverbot ausgesprochen worden ist, gegen das der Arbeitnehmer nachweislich verstoßen hat. Allerdings muss der Arbeitnehmer normalerweise erst einmal abgemahnt werden.
Anders ist die rechtliche Situation, wenn es sich bei dem Arbeitnehmer um keinen Gelegenheitstrinker handelt, sondern der Alkoholkonsum aufgrund einer festgestellten Alkoholabhängigkeit erfolgt. Das Problem besteht hier darin, dass es sich bei Alkoholabhängigkeit aufgrund einer Krankheit handelt. Hier finden die allgemeinen Grundsätze für personenbezogene Kündigungen aufgrund einer Erkrankung Anwendung. Hier ist eine Kündigung schwerer, weil dem Arbeitnehmer kein Verschulden vorgeworfen werden kann. Das bedeutet konkret, dass hier eine Kündigung nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich ist:
Beeinträchtigung betrieblicher Interessen des Arbeitgebers
Zunächst einmal muss die Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigen.
Dies kommt einmal dann infrage, wenn es dadurch zu Fehlzeiten kommt, die für den Arbeitgeber nicht hinnehmbar sind. Hiervon ist als Faustformel dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer von sechs Wochen im Kalenderjahr krankgeschrieben wird und hiermit auch künftig gerechnet werden muss. Das gilt auch dann, wenn es sich um mehrere Kurzerkrankungen handelt, die insgesamt auf diese Summe kommen.
Darüber hinaus kann sich eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer andere oder sich selbst bei Ausübung seiner Tätigkeit gefährdet. Hierbei kommt es insbesondere auf die Art der Tätigkeit an. Wenn ein Arbeitnehmer im Bereich des Straßenverkehrs beruflich unterwegs ist (wie Busfahrer/LKW-Fahrer), ist hiervon schnell auszugehen. Das Gleiche gilt auch dann, wenn er z.B. als Arzt im Krankenhaus tätig ist und möglicherweise auch noch Operationen durchführt.
Negative Gesundheitsprognose bei Arbeitnehmer
Über eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Belange hinaus muss generell eine negative Gesundheitsprognose bestehen. Diese muss besagen, dass nicht mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist. Hiervon ist vor allem dann auszugehen, wenn seitens des Arbeitnehmers keine Bereitschaft zu einer Therapie besteht. Eine Kündigung hat hier die größten Chancen, wenn der Arbeitnehmer die Durchführung einer Entziehungskur ablehnt. Das Gleiche gilt dann, wenn er diese zwar gemacht hat, aber erneut rückfällig wird. Die ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.09.1999 – 2 AZR 123/99.
Verhältnismäßigkeit der Kündigung wegen Alkoholabhängigkeit
Schließlich muss im Rahmen einer umfassenden Interessensabwägung überprüft werden, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse am Erhalt des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Für den Arbeitnehmer kann unter anderem eine lange Betriebszugehörigkeit, ein hohes Lebensalter oder Unterhaltspflichten sprechen. Für die Möglichkeit einer Kündigung spricht hingegen, wenn etwa mit hohen Lohnfortzahlungen zu rechnen ist oder der Arbeitnehmer sich und andere am Arbeitsplatz gefährdet. Allerdings muss der Arbeitgeber immer prüfen, ob das Problem durch eine anderweitige Tätigkeit gelöst werden kann. Hiervon braucht der keinen Gebrauch machen, wenn auch dort mit einer erheblichen Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung zu rechnen ist. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 20.03.2014 - 2 AZR 565/12.
Fazit:
Demzufolge ist die Kündigung von alkoholabhängigen Arbeitnehmern die deshalb ihre Arbeit nicht mehr ordentlich verrichten können, nicht so einfach. Schließlich soll ihnen noch eine Chance eingeräumt werden, von ihrer Sicht loszukommen. Allerdings wird von ihnen auch erwartet, dass sie diese wahrnehmen. Wer hier therapieresistent ist, der muss zu Recht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen. Der Arbeitgeber darf diese – gerade, wenn eine ordentliche Kündigung z. B. aufgrund des Tarifvertrages ausgeschlossen ist – unter Umständen auch als fristlose Kündigung aussprechen. Das gilt gerade auch im Falle einer erheblichen Gefährdung des Arbeitnehmers oder Dritter. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 16.09.1999 – 2 AZR 123/99.
Sowohl betroffene Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sollten sich durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)
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