Leipzig (jur). Prüfsachverständige für Gebäude müssen eine Altersgrenze hinnehmen. Mit einem am Mittwoch, 21. Januar 2015, verkündeten Urteil billigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Altersgrenze von 70 Jahren in Hessen (Az.: 10 CN 1.14). Bei älteren Prüfern bestehe ein „erhöhtes Risiko von Fehlleistungen“. Die altersbedingte Benachteiligung sei daher gerechtfertigt, um die Sicherheit der Gebäude zu gewährleisten und das Leben ihrer Nutzer zu schützen.
Nach der Hessischen Bauordnung wird die Sicherheit größerer öffentlich zugänglicher Gebäude durch anerkannte Sachverständige überprüft. Das gilt etwa für Hochhäuser, Krankenhäuser und Schulen sowie für größere Veranstaltungshallen, Gaststätten, Geschäfte und Einkaufszentren. Die Anerkennung der hierfür zuständigen Prüfsachverständigen erlischt mit dem 70. Geburtstag.
Ein heute 71 Jahre alter Sachverständiger wollte seine Arbeit nicht aufgeben und klagte. Die Höchstaltersgrenze verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage nun ab. Die Altersgrenze sei zwar eine Benachteiligung wegen des Alters, sie sei aber gerechtfertigt. Denn sie sei „geeignet, zur Bausicherheit beizutragen, indem sie das altersbedingt erhöhte Risiko von Fehlleistungen bei der Prüftätigkeit ausschließt“. So diene die Altersgrenze der Gebäudesicherheit und damit „dem Schutz von Leben und Gesundheit der Gebäudenutzer und der Allgemeinheit“.
Wegen dieses „legitimen Zwecks“ verstoße die Höchstaltersgrenze weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch gegen EU-Recht, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. Eine individuelle Überprüfung der Leistungsfähigkeit der Sachverständigen sei demgegenüber weniger wirksam und kaum praktikabel.
Die Altersgrenze von 70 Jahren sei den betroffenen Prüfsachverständigen auch zumutbar, weil sie deutlich über dem Renteneintrittsalter von künftig 67 Jahren liege.
Nach einem früheren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Zulässigkeit einer Altersgrenze für Sachverständige aber auch von der jeweiligen Tätigkeit ab. Sie kann – etwa bei Sachverständigen der Industrie- und Handelskammern – unzulässig sein, wenn keine Sicherheitsrisiken bestehen und auch ältere Menschen die Anforderungen gut erfüllen können (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 1. Februar 2012).
Auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg macht Altersgrenzen von der konkreten Tätigkeit abhängig. So wertete es eine frühere tarifliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten der Lufthansa als zu früh; 65 Jahre seien offenbar ausreichend, wenn ein jüngerer Pilot mitfliegt (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 13. September 2011, Az.: C-447/09).
Andere Altersgrenzen hatten vor den Gerichten Bestand. So billigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr der Hansestadt (Beschluss vom 15. Mai 2012, Az.: 1 Bs 44/12; JurAgentur-Meldung vom 30. Mai 2012). Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs ist aus organisatorischen Gründen auch die bundesweite Altersgrenze von 70 Jahren für Notare rechtmäßig (Beschluss vom 24. November 2014, Az.: NotZ (Brfg) 5/14; JurAgentur-Meldung vom 29. Dezember 2014).
Der Verwaltungsgerichtshof Kassel (Beschluss vom 28. Oktober 2013, Az.: 1 B 1638/13; JurAgentur-Meldung vom 31. Oktober 2013) und das Oberverwaltungsgericht Koblenz (Urteil vom 25. November 2011, Az.: 2 A 11201/10.OVG; JurAgentur-Meldung vom 15. März 2011) bestätigten den Zwangsruhestand mit 65 Jahren für Landesbeamte in Hessen und Rheinland-Pfalz. Dagegen können Beamte in Baden-Württemberg wegen Besonderheiten des dortigen Landesrechts bis zum 68. Geburtstag weiterarbeiten (Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 15. Januar 2013, Az.: 4 S 1519/12; JurAgentur-Meldung vom 31. Januar 2013).
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik: © Lisa F. Young - Fotolia.com