Arbeitsrecht

Altersgrenze von 47 Jahren für DFB-Schiedsrichter diskriminierend

Zuletzt bearbeitet am: 07.03.2024

Frankfurt/Main (jur). Die faktische Altersgrenze von 47 Jahren für Schiedsrichter des Deutschen Fußballbundes (DFB) ist altersdiskriminierend. Das hat am Mittwoch, 25. Januar 2023, das Landgericht Frankfurt am Main entschieden (Az.: 2-16 O 22/21). Es sprach dem ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe eine Entschädigung von 48.500 Euro zu. 

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der DFB faktisch „die Hoheit über den Arbeitsmarkt und den Einsatz von Schiedsrichtern im deutschen Fußball“, so dass eine Bewerbung an anderer Stelle ausscheidet. Schiedsrichter, die für die Profispiele infrage kommen, nimmt der DFB in eine Liste auf. Die Regularien des Verbands sehen dabei eine Altersgrenze nicht vor, praktisch scheiden Schiedsrichter aber mit 47 Jahren aus. Davon gab es in den letzten knapp vier Jahren keine Ausnahme. 

Betroffen davon war auch Gräfe. Seit 2004 leitete er Spiele der Ersten Bundesliga. Nachdem er 47 Jahre alt geworden war, nahm ihn der DFB ab der Saison 2021/2022 nicht mehr in seine Schiedsrichterliste auf. 

Der Schiedsrichter hält dies für diskriminierend. Mit seiner Klage verlangt er eine Entschädigung, auch für seinen Verdienstausfall. 

Das Landgericht Frankfurt am Main sprach ihm nun eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro wegen Altersdiskriminierung zu. Dafür reiche es aus, wenn das Alter eine wesentliche Mitursache für die Beendigung der Schiedsrichterlaufbahn war. Ob auch andere Gründe eine Rolle spielten, sei dann nicht mehr entscheidend. 

Hier bestehe eine faktische Altersgrenze von 47 Jahren. Dies habe der DFB auch öffentlich so bekundet. Begründet habe der Verband dies aber nicht. 

„Zwar hat das Alter aus biologischen Gründen eine statistische Relevanz für die Eignung als Schiedsrichter, weil mit ihm die Leistungsfähigkeit nachlässt und das Verletzungsrisiko steigt“, so das Landgericht. Es sei aber völlig unklar, warum die Grenze gerade bei 47 Jahren liegen soll. Hierfür brauche es einen wissenschaftlichen Nachweis oder zumindest „einen näher begründeten Erfahrungswert“. 

„Vorzugswürdig“ erscheint es den Frankfurter Richtern allerdings, wenn der DFB zugunsten von Leistungstests ganz auf eine Altersgrenze für Schiedsrichter verzichtet. „Es ist nicht ersichtlich, weshalb die individuelle Tauglichkeit der relativ geringen Anzahl von Bundesligaschiedsrichtern nicht in einem an Leistungskriterien orientierten transparenten Bewerbungsverfahren festgestellt werden könnte.“ 

Für die Höhe der Entschädigung verwies das Landgericht auf den vom Antidiskriminierungsgesetz gewollten „Sanktionscharakter“ und die Monopolstellung des DFB bei der Beschäftigung von „Elite-Schiedsrichtern“. 

Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall hat Gräfe nach dem Frankfurter Urteil aber nicht. Denn er habe nicht dargetan, dass und in welchem Umfang er ohne die Altersgrenze tatsächlich zum Zuge gekommen wäre. Denn dafür reiche die Eignung nicht aus. Vielmehr hätte er darlegen müssen, dass er „der ,bestgeeignetste‘ Bewerber war“. 

Gegen dieses Urteil können beide Seiten noch Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main einlegen. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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