Leipzig. Wenn Ausländer aufgrund einer in ihrem Heimatland bestehenden Gefahr für Leib und Leben in Deutschland bleiben dürfen, dann müssen sie in zumutbarer Weise auch einen „Reiseausweis für Ausländer“ als Passersatzpapier bekommen können. Dass sie zunächst zur Botschaft ihres Heimatlandes gehen müssen, um einen nationalen Pass zu erhalten, ist zwar zulässig, nicht jedoch , wenn sie dort auch eine „Reueerklärung“ unterschreiben und sich selbst einer Straftat bezichtigen müssen, entschied am Dienstag, 11. Oktober 2022, das Bundesverwaltungsgericht Leipzig (Az.: 1 C 9.21).
Ausländer, die wegen Gefahr für Leib und Leben nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, sogenannte subsidiär Schutzberechtigte, haben Anspruch auf einen deutschen „Reiseausweis für Ausländer“, wenn sie keinen Reisepass besitzen. Mit diesem Passersatzpapier können Sie Deutschland für die Dauer einer geplanten Reise bis zu einem Monat verlassen und wieder einreisen. Alle EU-Mitgliedstaaten akzeptieren diesen Reiseausweis.
Von der Ausländerbehörde wird ein solcher Reiseausweis jedoch nur ausgestellt, wenn der Ausländer nachweisen kann, dass er keinen Reisepass oder Pass besitzt und diesen in zumutbarer Weise auch nicht bei der Botschaft seines Heimatlandes erhalten kann.
Der konkrete Fall betraf einen Flüchtling aus Eritrea, der subsidiären Schutz erhielt. Er hat Eritrea illegal verlassen und riskiert bei seiner Rückkehr Inhaftierung und Folter oder andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Als er bei der Ausländerbehörde einen Reiseausweis für Ausländer beantragte, wurde dies abgelehnt. Es sei im zuzumuten, bei der eritreischen Botschaft einen Reisepass zu beantragen.
Der Kläger hingegen hielt dies für unzumutbar. Um einen eritreischen Reisepass beantragen zu können, müsse er bei der Botschaft eine „Reueerklärung“ abgeben, in der er bedauere, seiner „nationalen Pflicht“ nach der illegalen Ausreise nicht nachgekommen zu sein. Er müsse sich auch verpflichten, eine Strafe zu akzeptieren, die dafür eventuell verhängt werden könnte. Schließlich müsse er auch eine „Aufbau-“ oder „Diasporasteuer“ in Höhe von 2 Prozent seines Einkommens zahlen.
Das Bundesverwaltungsgericht pflichtet ihm nun bei. Grundsätzlich sei es einem subsidiär Schutzberechtigten im Vergleich zu einem anerkannten Asylbewerber zumutbar, einen Reisepass bei der Botschaft seines Heimatlandes zu beantragen. Aber es sei unzumutbar, wenn von ihm verlangt werde, eine „Reueerklärung“ zu unterschreiben, in der er sich entgegen seinem Willen selbst bezichtigen muss, eine Straftat begangen zu haben. Daher könne der Kläger die Ausstellung eines deutschen Reiseausweises für Ausländer als Passersatzpapier verlangen.
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