Mithilfe einer Anfechtung können im Zivilrecht unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsfolgen von Willenserklärungen aufgehoben werden.
Die Anfechtung einer Willenserklärung kann immer dann erfolgen, wenn ein Erklärungsirrtum / Inhaltsirrtum beziehungsweise ein Irrtum über wesentliche Eigenschaften des Irrtumsgegenstandes gemäß § 119 BGB, arglistige Täuschung / widerrechtliche Drohung gemäß § 123 BGB oder ein Übermittlungsirrtum gemäß § 120 BGB vorliegt. Mithilfe einer Anfechtungserklärung kann dem Vertragspartner der Anfechtungsgrund zugestellt werden. Sobald dem Vertragspartner die Anfechtungserklärung zukommt und ihm die Anfechtungsgründe bekannt sind, ist die Willenserklärung des Anfechtenden rückwirkend gemäß § 142 BGB aufzuheben.
In Deutschland besteht der Grundsatz pacta sunt servanda. Eine Person muss sich demnach an seine Willenserklärung und damit geschlossenen Vertrag festhalten lassen.
In einigen Fällen kann dieser Grundsatz allerdings zu unbilligen Ergebnissen führen. Dementsprechend gibt es das Rechtsinstitut der Anfechtung. Mithilfe einer Anfechtung wird eine Willenserklärung rückwirkend aus der Welt geschaffen. Nach einer erfolgreichen Anfechtung ist der Zustand vorhanden, der vor der Willenserklärung herrschte. Man spricht juristisch von einer „ex-tunc“ Wirkung.
Um eine Willenserklärung rückwirkend aus der Welt zu schaffen, sind ein Anfechtungsgrund und eine Anfechtungserklärung erforderlich. Daneben muss zwingend die Anfechtungsfrist gem. §§ 121, 123 BGB eingehalten werden. Das Gesetzt enthält insgesamt zwei Gründe, die zu einer Anfechtung berechtigen.
Dies ist einmal die Anfechtung wegen eines Irrtums gem. §§ 119, 120 BGB und einmal wegen einer arglistigen Täuschung und Drohung gem. § 123 BGB. Die Irrtumsanfechtung lässt sich insbesondere in vier Irrtumskonstellationen einordnen.
Diese gesetzlich festgelegten Irrtümer sind:
- Übermittlungsirrtum, § 120 BGB
- Inhaltsirrtum, § 119 I 1. Alt. BGB
- Erklärungsirrtum, § 119 I 2. Alt. BGB
- Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften, § 119 II BGB
Liegt einer der oben genannten Gründe vor, dann muss die Anfechtung wirksam erklärt werden. Die Erklärung ist in § 143 BGB geregelt und selbst als Willenserklärung zu qualifizieren. Aus der Willenserklärung muss eindeutig hervorgehen, dass der Erklärende zu verstehen gibt, dass seine Willenserklärung beseitigt werden soll.
Nach erfolgter Anfechtung ist der Erklärende im Zweifel allerdings nach § 122 I BGB schadensersatzpflichtig. Er muss seinem Vertragspartner den sogenannten Vertrauensschaden ersetzen. Das bedeutet, dass der Anfechtungsgegner einen Anspruch darauf hat, dass er so zu stellen ist, als ob die Anfechtung zu keinem Zeitpunkt stattgefunden hat. Dieser Anspruch ist allerdings dann nicht gegeben, wenn der Erklärende die Anfechtung wegen einer arglistigen Täuschung und Drohung erklärt. In diesem Fall hat sich der Anfechtungsgegner rechtsmissbräuchlich verhalten, sodass es zu einem unbilligem Ergebniss führen würde, wenn dieser einen Schadensersatzanspruch gegen den Anfechtenden hätte. Der Anspruch entfällt zudem nach § 122 II BGB, wenn der Anfechtungsgegner den Anfechtungsgrund kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte bzw. kennen musste.
Autor: Fachanwalt.de-Redaktion
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