Eine Stellenausschreibung liegt im Arbeitsrecht vor, wenn der Arbeitgeber öffentlich mitteilt, dass er die Absicht der Begründung eines Arbeitsverhältnisses hat. Auch mündliche Bekundungen an einen größeren Adressatenkreis im Zusammenhang mit einem Stellenbesetzungsverfahren sind als Stellenausschreibungen zu werten.
1. Diskriminierungsverbot
Nach § 11 AGG sind u. a. bei der Stellenausschreibung geschlechtsbezogene Benachteiligungen verboten. Knüpft eine Stellenausschreibung an eines der geschützten Merkmale an, wird dadurch die betroffene Person unmittelbar benachteiligt. Unerheblich ist, ob die Stellenausschreibung durch das Unternehmen selbst oder von Dritten, z. B. einer Personalberatungsagentur im Auftrag des Unternehmens, durchgeführt wird. Keine Stellenausschreibung liegt bei einer individuellen Aufforderung an einen Bewerber vor, sich zu bewerben.
Eine diskriminierungsfreie Stellenausschreibung muss grundsätzlich merkmals-, alters- und geschlechtsneutral formuliert sein.
a) Geschlechtsneutrale Ausschreibung
Seit der Änderung des Personenstandsgesetzes in 2019 kann im Geburtenregister neben „männlich“ und „weiblich“ auch die Bezeichnung „divers“ für intersexuelle Menschen eingetragen werden. Deshalb wird eine geschlechtsneutrale Ausschreibung mit dem Kürzel „m/w/d“ ergänzt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ein bestimmtes Geschlecht eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, wenn das also einen zentralen Bestandteil des Anforderungsprofils für den bestimmten Arbeitsplatz bildet. Dann liegt nach § 8 AGG eine zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen vor. Eine unverzichtbare Voraussetzung für den Arbeitsplatz ist ein Geschlecht dann, wenn die vertragsmäßige Leistung durch das andere Geschlecht nicht oder nur untauglich erbracht werden könnte. Auch die Notwendigkeit des Tragens schwerer Lasten oder ähnliche Anforderungen genügen aber als Rechtfertigung noch nicht.
Eine Formulierung in der Stellenausschreibung, dass bevorzugt Frauen eingestellt oder befördert werden, benachteiligt grundsätzlich das andere (männliche) Geschlecht. Eine vergleichbare Wirkung hat es auch, wenn das Unternehmen bekannt gibt, dass es seinen Managern entsprechende Ziele vorgegeben hat.
Als zulässige Ausnahme werden die bestehenden Gleichstellungsgesetze der Bundesländer für den öffentlichen Dienst angesehen. Diese sehen bei gleicher Eignung und Qualifikation von Bewerbern unter Beachtung von Einzel- und Härtefallaspekten die Bevorzugung von Frauen vor. Begründet wird das mit einer Pflicht des Staates, aktiv tätig zu werden, um historisch entstandene faktische Benachteiligungen für Frauen im Berufsleben zu beseitigen.
b) Lichtbild
Die Frage, ob in der Stellenanzeige von den Bewerbern ein Lichtbild verlangt werden kann, ist umstritten. Einerseits stellt dies keine direkte Benachteiligung dar. Andererseits ist ein Lichtbild für die Vorauswahl nicht erforderlich. Weil die aus einem Lichtbild zu entnehmenden Informationen auch für das Vorliegen einer Diskriminierung sprechen können, sollte hierauf verzichtet werden.
c) Altersneutrale Ausschreibung
Grundsätzlich hat auch eine „altersneutrale“ Ausschreibung zu erfolgen, es sei denn, dass ein Rechtfertigungsgrund i. S. d. § 10 AGG für eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters vorliegt. Voraussetzung ist, dass sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Stellenausschreibungen, die sich auf Arbeitnehmer im ersten Berufs-/Tätigkeitsjahr beziehen, können eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters darstellen, da Arbeitnehmer mit mehreren Berufsjahren typischerweise gegenüber Arbeitnehmern im ersten Berufsjahr ein höheres Lebensalter aufweisen.
d) Schwerbehinderung
Nach § 81 Abs. 1 S. 2 SGB IX muss der Arbeitgeber bei jeder freien Stelle Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufnehmen, um sich geeignete behinderte Bewerber vermitteln zu lassen. Hierzu sind alle Arbeitgeber verpflichtet, private wie öffentliche. Unterbleibt die Einschaltung der Arbeitsagentur, kann das eine für die Vermutung der Benachteiligung eines behinderten Bewerbers sprechen.
2. Rechtsfolgen und Beweislast
Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot begründet im Arbeitsrecht keinen Beschäftigungsanspruch. Jedoch besteht ein Anspruch des abgelehnten Bewerbers auf Entschädigung (§ 15 AGG). Dieser umfasst auch einen Schmerzensgeldanspruch (§ 15 Abs. 2 AGG), dessen Höhe max. drei Bruttomonatsverdienste umfasst.
Im gerichtlichen Verfahren kommt einem abgelehnten Stellenbewerber die Umkehr der Beweislast nach § 22 AGG zugute. Dieser muss lediglich Indizien beweisen, die auf eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung durch den Arbeitgeber bei der Bewerberauswahl hindeuten. Hierzu genügen im Zweifel auch statistische Beweise oder bereits eine mittelbare Schlechterstellung. Der dem Arbeitgeber obliegende Gegenbeweis wird ihm in vielen Fällen kaum gelingen, insbesondere wenn er geschlechtsspezifisch ausgeschrieben hat und kein gesetzlicher Ausnahmefall gegeben ist. In diesem Falle liegt es nahe, anzunehmen, dass andersgeschlechtliche Bewerber bereits allein deshalb abgelehnt wurden.
Grundsätzlich hat der abgelehnte Stellenbewerber im Rahmen des Schadensersatzprozesses keinen Anspruch auf Auskunft gegen den Arbeitgeber, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat, und zu welchen Kriterien diese Einstellung erfolgt ist. Eine Ausnahme ist aber dann gegeben, wenn eine Auskunftsverweigerung durch den Arbeitgeber die Verwirklichung des Rechts des abgelehnten Bewerbers auf Schutz einer nach dem AGG verbotenen Benachteiligung zu beeinträchtigen droht. Eine Weigerung des Unternehmens zur Erteilung einer Auskunft kann jedoch zum Nachweis beitragen, dass der Stellenbewerber diskriminiert wurde. Ebenso kann es als Verdachtsmoment zu werten sein, wenn ein Bewerber trotz Erfüllung der geforderten Qualifikation nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
Im Zweifel können Unternehmen also verpflichtet sein, ihre Einstellungspraxis umfassend zu erläutern. Diskriminierungsfreie Auswahlkriterien sind z. B. in objektiver Hinsicht Vollständigkeit der Bewerbungsunterlagen, Ausbildung und Zusatzqualifikationen oder Grad der Berufserfahrung. In jedem Falle ist eine ausdrückliche Dokumentation anzuraten, dass die unzulässigen Unterscheidungskriterien bei der Einstellung oder Ablehnung keine Rolle gespielt haben.