Nicht unüblich ist es, dass Eheleute im gegenseitigen Einvernehmen untereinander den passwortgeschützten Mailaccount des jeweils anderen nutzen oder aber auch nur über einen gemeinsamen Account verfügen, über den Schriftverkehr geführt bzw. Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden. Unterschätzt wird dabei, die Gefahr, die im rechtsgeschäftlichen Verkehr für den Inhaber des Accounts besteht, wenn der andere Partner unter dessen Namen rechtsgeschäftliche Erklärungen abgibt.
Das OLG Zweibrücken hatte sich in seiner Entscheidung vom 15.01.2025 – 1 U 20/24 mit einem Sachverhalt auseinander zu setzen, in welchem der Ehemann über den passwortgeschützten E-Mail-Account der Ehefrau mit deren Wohngebäudeversicherung kommunizierte. An dem Einfamilienhaus, welches im Alleineigentum der Frau stand, war im Jahr 2011 ein erheblicher Wasserschaden aufgetreten. Aus den Urteilsgründen kann man schließen, dass es mit der Versicherung über drei Jahre hinweg unter Einschaltung von Sachverständigen zu einer Auseinandersetzung über die von der Versicherung zu übernehmende Schadenshöhe gab. Schließlich schrieb der Ehemann im Jahr 2014 über den Mailaccount der Ehefrau und unter deren Namen der Versicherung, dass sie vergleichsweise unter Freistellung der Versicherung von eventuell noch auftretenden Folgeschäden mit einer weiteren Zahlung von 10.000,00 € einverstanden sei. Die Versicherung zahlte daraufhin nach vorheriger Ankündigung einen weiteren Betrag von 10.000,00 €.
Im Jahr 2020 zeigten sich nach Auffassung der Ehefrau aus dem versicherten Wasserschaden aus dem Jahr 2011 erhebliche Folgeschäden an dem Grundstück, und sie nahm die Wohngebäudeversicherung erneut in Anspruch. Diese wies ihre Einstandspflicht unter Verweis auf den geschlossenen Abfindungsvergleich zurück.
Das OLG Zweibrücken wies mit seinem Urteil vom 15.01.2025 – 1 U 20/24 die darauf hin erhobene Klage ab. Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Ehefrau, auch wenn sie die E-Mail nicht selbst verfasst habe, der Versicherung ein Angebot zum Abschluss eines endgültigen Abfindungsvergleichs gemacht habe, welches diese durch die Zahlung der 10.000,00 € angenommen habe.
Zwar habe die Ehefrau ihren Ehemann nach ihren Angaben nicht bevollmächtigt, einen Abfindungsvergleich abzuschließen. Sie habe allerdings nach Rechtsscheingrundsätzen in Form einer Anscheinsvollmacht für das Angebot ihres Ehemannes einzustehen. Von einer Anscheinsvollmacht sei nach herkömmlicher Rechtsprechung auszugehen, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kenne, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters. Dabei greifen die Rechtsgrundsätze der Anscheinsvollmacht in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten von gewisser Dauer und Häufigkeit ist. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Die Ehefrau habe den Anschein durch die Preisgabe ihres Passwortes für die Nutzerkennung gesetzt, da sie dieses Passwort willentlich weitergegeben und der Ehemann in der Vergangenheit diesen Account häufig sowohl für private als auch für geschäftliche Korrespondenz genutzt habe.
Diese Entscheidung führt eindrücklich vor Augen, dass die Duldung der Nutzung des eigenen E-Mail-Accounts durch den anderen Partner weitreichende rechtsgeschäftliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Partner über den Account des anderen in dessen Namen Verträge abschließt, die nicht erfüllt werden. Gerät die Beziehung in eine Krise, erfährt der andere Partner nicht selten erst über Inkassoschreiben oder Vollstreckungsbescheide hiervon. Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung lassen sich derartige Forderungen nur schwer abweisen. Grundsätzlich mögliche Schadensersatzansprüche gegen den anderen sind in solchen Fällen in aller Regel mangels liquider Mittel nicht durchsetzbar.
Ratsam ist es also immer, auch wenn die Beziehung noch in Takt ist, dass jeder seinen eigenen Mailaccount unterhält und auch allein nutzt. Spätestens wenn die Beziehung in eine Krise gerät, sollten die Passwörter geändert werden, wenn der andere hierauf Zugriff hatte.









